Warnung! Der Text ist furztrocken, furchtbar lang und basiert auf unzuverlässigen Zahlen, mit denen ich einfach wild ins Blaue hinein spekuliere (aber es gibt viele bunte Bilder). 😉
Vor knapp zehn Monaten stellte ich die Frage, ob es einen Trend zur Science Fiction gibt? Dazu bin ich die Vorschauen für den Herbst/Winter 2016/17 der großen Phantastikverlage durchgegangen. Darunter auch die komplett neu gestarteten Programme von Knaur Fantasy und Fischer Tor (Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt?) . Eine kleine SF-Offensive bei Piper, mehr anspruchsvollere Titel beim Platzhirsch Heyne und wieder mehr eigenständige Titel (außerhalb der altbewährten Reihen) bei Bastei/Lübbe. Sowie einem anspruchsvollen SF-Programm bei Cross Cult.
Die damals vorgestellten Programme sind jetzt durch und die Titel alle erschienen, inzwischen erscheinen schon die ersten Titel aus den Früjahrs- und Sommerprogrammen (die ich hier aus Zeitmangel nicht vorgestellt habe). Nach einem halben Jahr bzw. anderthalb Programmen ist es noch zu früh, ein Fazit zu ziehen. Die Frage, ob der Trend zur Science Fiction auch bei den Lesern angekommen ist, lässt sich noch nicht so einfach beantworten.
Aber es gibt zumindest erste Tendenzen. Hier und da kenne ich auch konkrete Verkaufszahlen, aber auf die werde ich nicht eingehen (so was ist vertraulich). Ich beziehe mich ausschließlich auf Informationen, die im Netz frei verfügbar sind – insbesondere auf das Feedback zu den einzelnen Büchern. Die Kritiken auf Amazon sind mit Vorsicht zu genießen, aber gewisse Tendenzen lassen sich in der Anzahl der Bewertungen durchaus ableiten. Dazu kommt noch das Feedback in Form von Rezensionen, in den Genreforen und der SF-Szene allgemein – was aber eine sehr subjektive Angelegenheit ist und von meinen privaten Surfgewohnheiten beeinflusst wird. Aber gehen wir die Verlage mal der Reihe nach durch.
Cross Cult
Cross Cult ist im Herbst 2016 mit einem sehr ambitionierten Programm gestartet, das mit der Duologie Dunkelheit und Licht von Connie Willis zwei echte Brocken enthält, dazu die Red-Trilogie von Linda Nagata, Das Ende des Regenbogens von Vernor Vinge, Dunkle Materie von Carolyn Ives Gilman und Die Welten der Skiir: Prinzipat von Dirk van den Boom. Dunkelheit hat immerhin sieben Rezensionen beim großen A erhalten, Licht nur noch zwei. Die Erfahrung sagt, dass es bei Fortsetzungen immer weniger werden, oft um ein Drittel oder gar die Hälfte weniger. Für den Aufwand, den die Übersetzerin mit diesen beiden Brocken hatte, sicher viel zu wenig. Auch wenn man für ein Buch, das sich nicht so gut verkauft, genauso bezahlt wird wie für einen Bestseller, finde ich es immer sehr schade, wenn ein Buch, mit dem man sich richtig viel Mühe gemacht hat, dann nur von wenigen gelesen wird. Wie es z. B. bei Dunkle Materie der Fall zu sein scheint, wenn man sich das Feedback im Netz ansieht. Nur zwei Amazonrezensionen und eine Handvoll Besprechungen auf Blogs und Reziportalen, die aber fast durchweg sehr positiv ausgefallen sind, was es um so bedauerlicher macht, zu sehen, wie vielen potentiellen Lesern so ein tolles Buch entgeht. Dasselbe gilt für Red von Linda Nagata, von dem der erste Band Morgengrauen nicht eine einzige Amazonrezension erhalten hat, was mich sehr überrascht, da ich dachte, ein solcher Near-Future-Actionthriller würde besonders gut ankommen (dafür wurde Helga Parmiter beim KLP für die beste Übersetzung nominiert). Auch Vernor Vinges Das Ende des Regenbogens hat nur vier Bewertungen erhalten. Da hat eventuell der inzwischen etwas verblasste Ruhm des Autors noch gezogen. Das einzige Buch aus dem Programm, das ein nennenswertes Feedback erhalten hat, ist Die Welten der Skiir: Prinzipat von Dirk van den Boom mit 14 Besprechungen. Lagune von Nnedi Okorafor hat immerhin noch acht erhalten und einiges an positivem Feedback aus der Szene (und eine KLP-Nominierung).
Ob der Verlag daraus schon Konsequenzen gezogen hat, vermag ich nicht zu sagen, doch im Sommerpogramm 2017 befinden sich schon deutlich weniger eigenständige Titel abseits der Franchiseromane. Einzig Christopher Goldens Snowblind, neben den schon früh angekündigten Büchern von Nnedi Okorafor und den Fortsetzungen von Linda Nagata. Dirk van den Boom hat folglich für eine zweite Trilogie bei Cross Cult unterschrieben. Daneben sei noch zu erwähnen, dass der Verlag erfolgreich die ersten deutschsprachigen Star Trek-Romane (von Bernd Perplies und Christian Humberg) auf den Markt gebracht hat (23 Amazonrezensionen und viel Aufmerksamkeit unter den Star-Trek-Fans).
Auf mögliche Gründe für das geringe Feedback werde ich ganz am Schluss des Beitrags eingehen. Es bleibt auch abzuwarten, wie die Programme für den Herbst/Winter 2017 aussehen werden.
Fischer Tor
Der vermeintliche? Gamechanger hat sich in der Szene innerhalb kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf für außergewöhnliche Phantastik erworben und ging mit einem Programm an den Start, in dem die Science Fiction sogar überwog. Daneben etabliert sich der Verlag mit seinem Phantastikportal Tor Online auch als ernstzunehmende Konkurrenz zu Heyne (mit Die Zukunft). Am Ende aller Zeiten von Adrian J. Walker kommt immerhin auf 73 Amazonrezensionen und viel positives Feedback aus der Szene (soweit ich das mitbekommen habe, plus eine KLP-Nominierung). Hat als Spitzentitel im Programm aber auch einiges an Marketing erhalten. Als veritablen Longseller hat sich Der lang Weg zu einem kleinen zornigen Planeten entpuppt, mit inzwischen 28 Amazonrezensionen, ein Titel, der sich meiner Meinung nach vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda und schwärmerische Rezensionen (wie die meine z. B. 😉 ) herumgesprochen hat (und gleich zweimal für den KLP nominiert ist). Die hat Kai Meyer nicht nötig, der bringt von Titeln wie Die Seiten der Welt schon eine gewaltige Fanbasis mit, von der ein Teil auch zu seiner Space Fantasy die Krone der Sterne gegriffen hat, mit immerhin 103 Amazonrezis und begeisterten SF-Fans, die sich über rasante SF im Stile der alten Space Operas von Edmond Hamiltion und Co. freuen. Venus siegt von Dietmar Dath hat nur drei Amanzonrezis, was aber auch nicht verwundert, handelt es sich doch um einen sehr sperrigen und anspruchsvollen Titel, der in abgespeckter Form auch schon mal erschienen war. Afterparty von Daryl Gregory (meine aktuelle Lektüre) kommt bisher leider nur auf vier Besprechungen, obwohl die bisheringen Rückmeldungen größtenteils postiv ausfielen. Und Freie Geister von Ursula K. Le Guin ist schon seit Jahrzehnten ein Klassiker der SF, der in den meisten SF-Regalen schon stehen dürfte (bei mir z. B. in der Originalfassung). Allein die Neuübersetzung konnte anscheinend nicht so viele Leser neugierig machen, weshalb es nur zwei Amazonrezis gibt und recht wenig Feedback im Netz.
Knaur Fantasy
Hier nimmt die Science Fiction nur einen kleinen Teil im von der Fantasy dominierten Programm ein. Aber immerhin drei von 18 Titel sind SF. Darunter Darwin City von Jason M. Hughes, der inzwischen immerhin auf zehn Amazonrezis kommt, in der Szene allerdings nur bedingt wahrgenommen wurde. Auch Mr. Sapien träumt vom Menschsein von Ariel S. Winter kommt auf zehn Kritiken und etwas mehr Resonanz aus der Szenen (die immerhin zu einer KLP-Nominierung für die beste Übersetzung durch Oliver Plaschka führte). Dark Side von Anthony O’Neill ist erst am 27. Februar erschienen, bringt es aber schon auf sechs Kritiken. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die SF in der ganzen (sehr lesenswerten) Fantasy von Knaur ein wenig untergeht. Zumindest die SF-Szene hat diesem Verlag (meiner Meinung nach) nicht wirklich auf dem Schirm. Zwei, drei Titel mehr pro Halbjahresprogramm könnten vielleicht für etwas mehr Sichtbarkeit sorgen (wobei aber auch das Risiko einer Übersättigung auf dem SF-Markt besteht, worauf ich in meinem Fazit noch eingehen werde).
Heyne
Der Platzhirsch hat, wie von mir beschrieben, ein starkes Herbstprogramm vorgelegt. Die größte Aufmerksamkeit (inklusive Spiegelonlinebesprechung) erregte Die drei Sonnen von Cixin Liu, das schon allein deswegen für Aufregung sorgte, weil es aus China stammt und in den USA ein Bestseller war (den sogar Obama während seiner Amtszeit gelesen hat). Dafür sind die 66 Kundenrezensionen schon fast etwas mager, aber es handelt sich teilweise eben auch um wirklich harte Hard-SF mit viel wissenschaftlichem Fachsprech. Mit 43 Kritiken ebenfalls relativ viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, hat Giants – Sie sind erwacht, ein Briefroman! Von Silvain Neuvel, bzw. einem Roman in Form von Gesprächsprotokollen. So was muss man sich erst mal trauen (was aber natürlich nicht bei jedem Leser ankam, aber, wie der Liu, für den KLP nominiert wurde und auch alte SF-Hasen begeistern konnte). Auch der Hard-SF-Roman Aurora von Kim Stanley Robinson kam aufgrund seiner pessimistischen Sicht auf die Besiedelung des Weltraums nur durchwachsen an und erhielt zehn Besprechungen (löste in den USA aber immerhin einige kontroverse Diskussionen aus). Mit Moonatics ist ein recht ungewöhnlicher SF-Roman aus deutscher Feder erschienen, der es auf 19 Kritiken bringt, Luna von Ian McDonald leider nur auf vier (auf diesem wunderbaren Autor scheint in Deutschland ein Fluch zu liegen). Auf die restlichen Titel gehe ich jetzt nicht alle ein, insgesamt scheint mir das Programm von Heyne ähnlich zu laufen wie in den Jahren davor. Ohne größere Ausschläge nach oben oder unten, ein Erfolg in den Dimensionen von Pierce Browns Red Rising (92 Besprechungen) oder Andy Weirs Der Marsianer (757!) ist allerdings nicht dabei.
Piper
Blue Screen von Dan Wells hat immerhin 56 Kritiken. Vor seinem SF-Debüt hat sich der Autor bereits mit den Thrillern um Ich bin kein Serienkiller eine Fanbasis erschrieben, da wurden sicher einige mitgenommen. Auffällig ist aber auch, dass SF-Titel von Non-SF-Autoren zwar mehr Kritiken bekommen, als SF-Bücher von unbekannten Autoren, aber noch lange nicht so viele wie mit ihren Non-SF-Titeln. Vor dem Genre scheint immer noch eine gewisse Scheu zu bestehen, oder Desinteresse. Andreas Brandhorsts Omni hat 30 Besprechungen erhalten, was für einen deutschen SF-Roman ganz ordentlich ist. Auch in der Szene stößt das Buch, wie schon Das Schiff auf eine sehr hohe und positive Resonanz und ist auch für alle wichtigen Genrepreise nominiert. Brandhorst hat sich über die Jahre eine feste Fanbasis erschrieben. Bei Jasper T. Scotts Dark Space-Serie sind die Kritiken für den zweiten Band von zwölf auf eine gefallen, was neben dem üblichen Fortsetzungsschwund sicher auch an den durchwachsenen Bewertungen liegt. Die Maschine (Teil eins der Spin-Trilogie, nicht zu verwechseln mit der Spin-Trilogie von Robert Charles Wilson) von Andrew Bannister kommt zwar auf 21 Kundenrezensionen, die allerdings überwiegend nur mittelmäßig ausfallen.
Bastei/Lübbe
Den Perry Rhodan-Gastroman Die falsche Welt von Andreas Eschbach und Verena Themsen lasse ich mal außer Konkurrenz laufen, da ich keine Ahnung habe, wie es sonst bei PR-Romanen aussieht (viel Feedback gibt es allerdings nicht, und vor allem wenig positives). New Sol von Margarete Fortune hat leider nur drei Kritiken erhalten; ein Roman, der mir gut gefallen hat, aber eventuell falsche Erwartungen weckt – ich zumindest dachte, es wäre ein rasanter Thriller im Stile der Serie 24 (nur im Weltraum), und kein Coming-of-Age-Drama, was mich allerdings nicht groß gestört hat. Paul Tassis Auftakt zur Earthbound-Serie ist mit fünf Besprechungen auch nicht unbedingt euphorisch empfangen worden.
Blanvalet
Der Star Wars-Roman Schülerin der dunklen Seite kommt auch nur auf sechs Kundenkritiken; das Franchise alleine und der aktuelle Star Wars-Boom im Kino scheinen auch nicht unbedingt viele Leser zu ziehen. Die Secrets-Reihe von Heather Anastasiu (Jugenddystopie) hat nach 21 Besprechungen von Band 1 auch einen erheblichen Einbruch erlitten, wenn ich das richtig sehe, sind die Bände 2 und 3 aber auch nur als E-Book erschienen, obwohl in der Vorschau damals noch als Taschenbuch für Dezember 2016 angekündigt wurden. Ich habe in der Vergangenheit schon erlebt, dass Blanvalet angekündigte Titel wieder aus dem Programm kickt, wenn nicht genügend Vorbestellungen aus dem Buchhandel eingehen (wenn ich mich recht entsinne). Auch beim vorzeitigen Abbrechen von Fantasyreihen ist man ganz vorne mit dabei. Ähnlich scheint man mit Ninurta – Die Unendliche von Lori M. Lee zu verfahren. Band 1 ist noch als Taschenbuch erschienen (immerhin 33 Besprechungen), Band 2, der laut Ankündigung schon längst hätte erschienen sein sollen, ist jetzt nur noch als E-Book für Juni 2017 angekündigt. Im Prinzip kann man Blanvalet in Bezug auf Science Fiction abschreiben.
Nur auf die großen Genrepublikumsverlage zu schauen ist natürlich ein sehr eingeschränkter Blick. Science Fiction ist natürlich schon längst im Mainstream angekommen. Für den Kurd Laßwitzpreis ist zum Beispiel Christopher Eckers Der Bahnhof von Plön nominiert, das im Mitteldeutschen Verlag erschienen ist (nur vier Kritiken). Marc Elsbergs Helix läuft in der Thrillersparte von Blanvalet (stolze 153), ebenso wie Thomas Thiemeyers Babylon bei Knaur (58). Thea Dorns Die Unglückseligen erschien bei Knaus als allgemeine Belletristik (trotz Besprechung im TV nur 43 Amazonrezis für das zugegeben etwas sperrige Werk), Thomas von Steinaeckers Die Verteidigung des Paradieses bei S. Fischer in der allgemeinen Reihe (nur neun Kritiken). Alles außer irdisch von Horst Evers bei Rowohlt (43 Kritiken) Ich könnte noch massig weitere Beispiele aufführen, gemein ist ihnen vor allem eins: sie werden von den Verlagen meist nicht als Science Fiction deklariert, sondern als Thriller oder allgemeine Belletristik, denn das Label SF galt lange als Ladenhüter und trotz der jüngsten SF-Offensive hat sich daran wohl noch nicht so viel geändert. Und in der SF-Szene, dem SF-Fandom werden solche Titel nur vereinzelt wahrgenommen, meist mit Verzögerung, wenn sie für Preise nominiert sind oder ein genretechnischer Grenzgänger unter den Fans eine begeisterte Besprechung verfasst hat.
Und neben den ganzen Publikumsverlagen gibt es natürlich auch noch die Kleinverlage, die gerade in der SF sehr umtriebig sind und jene Lücken füllen, die von den großen Verlagen in den letzten Jahren hinterlassen wurden. Man muss nur mal einen Blick auf die KLP-Nominierten in der Kategorie bester deutschsprachiger Roman werfen, um eine Who-is-Who-Liste der deutschsprachigen SF-Kleinverlage zu erhalten (wobei man hier von der Resonanz im Netz nicht auf die gleiche Weise auf die Verkäufe extrapolieren kann, wie bei den großen Verlagen, da es an Vertriebsstrukturen mangelt und ein Gros der Verkäufe über das Internet und vor allem Amazon abläuft). Begedia ist mit Mathias Falkes Sternentor (zwei Kritiken) und Im Nebel kein Wort von Frank Hebben (drei) gleich zweimal vertreten, Atlantis mit Vektor von Jo Koren (vier), Wurdack mit Das Universum nach Landau (hier hätte ich gerne das tolle Cover abgebildet, aber Wurdack ist der einzige Verlag, der keinen Coverdownload ermöglicht) von Karsten Kruschel (vier Rezis) und Ein Neuer Himmel für Kana von Karla Schmidt (zwei).
Bei einer so niedrigen Anzahl an Besprechungen deutschsprachiger AutorInnen muss man auch vorsichtig sein, da könnten schon mal Verwandte und Freunde was schreiben, um das Buch zu pushen (was ich hier aber natürlich niemandem unterstelle). Große Verlage benötigen auch ganz andere Verkaufszahlen als die kleinen (die sich darüber aber sicher auch freuen würden). Ich sag mal, ein Titel bei Heyne sollte schon mehr als 5.000 Exemplare verkaufen, damit man dort in Erwägung zieht, weitere Werke von dem Autor zu übersetzen. Im Schnitt verkaufen sich bei SF-Werken, nach dem was ich so gehört habe, zwischen 2.000 bis 7.000 Exemplare. Kleinverlage können froh sein, wenn sie überhaupt mal die Tausender-Marke knacken. Einer der wenigen deutschsprachigen Kleinverlagsautoren, die das schaffen, ist z. B. Dirk van den Boom, der inzwischen aber auch schon 100 Bücher geschrieben hat und seit mehr als 20. Jahren daran arbeitet, sich eine Stammkäuferschaft aufzubauen.
Daneben gibt es auch immer mehr Verlage, die man (zumindest ich) bisher nicht auf dem Schirm hatte, die aber inzwischen auch Science-Fiction übersetzen: Z. B. der Mantikore Verlag (Joe Haldeman, Robert Heinlein oder Harry Harrison), Papierverzierer (Adam Christopher) oder Arctis (Madeline Ashby).
Einen wirklichen Boom hat die Fokussierung auf Science Fiction nicht ausgelöst (höchsten einen van den Boom), dafür fehlt bisher einfach der eine große Titel, der ein massiver Bestseller wird. Den hat eventuell der Selfpublisher Phillip P. Peterson mit Transport gelandet, das auf Sage und Schreibe 1.062 Amazonrezensionen kommt, dafür allerdings im Buchhandel nicht stattfindet. Mit Paradox hat er den Storryteller Award von Amazon 2015 gewonnen und wurde daraufhin bei Bastei/Lübbe veröffentlicht.
Wie schon erwähnt, wirklich aussagekräftig ist dieses Zählen von Kundenrenzensionen bei Amazon nicht, aber aus meiner Erfahrung ist die Tendenz, die sie andeuten, durchaus nicht ganz verkehrt. Interessant wäre es sicher, diese Zahlen jetzt mit denen der Fantasytitel in den obigen Programmen zu vergleichen, aber das ist mir ehrlich gesagt zu viel Arbeit.
In den letzten Jahren waren in der SF-Leserschaft (auch bei mir) immer wieder Klagen zu hören, es würde immer weniger Science Fiction bei den klassischen SF-Verlagen erscheinen, und auch immer weniger anspruchsvolle SF. Viele interessante englischsprachige Titel blieben unübersetzt. Das hat sich mit dem Herbst/Winterprogramm 2016/17 teilweise geändert. Ich zumindest komme schon allein bei den SF-Übersetzungen nicht mit dem Lesen hinterher (und ich lese auch noch viele andere Genres). Durch die SF-Offensive der Verlage wird die SF-Leserschaft nicht unbedingt größer. Sicher, Autoren wie Kai Meyer oder Dan Wells könnte vereinzelt ein paar LeserInnen mitbringen, aber ob die im Genre auch hängen bleiben und andere AutorInnen ausprobieren, ist eine andere Frage. Eher erscheinen jetzt mehr Titel für die gleiche Anzahl der Leser wie bisher, wodurch Bücher, die Erfolg verdient hätten, auf der Strecke bleiben. Es bleibt zu hoffen, dass sich dadurch kein Jo-Jo-Effekt entwickelt, der dafür sorgt, dass die Programme noch stärker zusammengekürzt werden als vor der SF-Offensive. Vielleicht wird es ja auch noch den einen großen Titel geben, der einen SF-Boom auslösen wird, der über die Grenzen der bisherigen Genreleserschafft hinausgeht. Aber das ist bisher noch Wunschdenken und steht in den Sternen. Ich bin jeden Falls sehr auf die kommenden Programmvorschauen für den Herbst/Winter 2017/18 gespannt und werde darüber berichten.
P.S. Golkonda habe ich in diesem Artikel mal außen vor gelassen, da es in den letzten Monat sehr ruhig um den Verlag geworden ist, was sich durch den kürzlich verkündeten Verkauf an den Europa Verlag aber ab Herbst wieder ändern wird.