Trend zur Science Fiction? Ein kleines Zwischenfazit

Warnung! Der Text ist furztrocken, furchtbar lang und basiert auf unzuverlässigen Zahlen, mit denen ich einfach wild ins Blaue hinein spekuliere (aber es gibt viele bunte Bilder). 😉

Vor knapp zehn Monaten stellte ich die Frage, ob es einen Trend zur Science Fiction gibt? Dazu bin ich die Vorschauen für den Herbst/Winter 2016/17 der großen Phantastikverlage durchgegangen. Darunter auch die komplett neu gestarteten Programme von Knaur Fantasy und Fischer Tor (Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt?) . Eine kleine SF-Offensive bei Piper, mehr anspruchsvollere Titel beim Platzhirsch Heyne und wieder mehr eigenständige Titel (außerhalb der altbewährten Reihen) bei Bastei/Lübbe. Sowie einem anspruchsvollen SF-Programm bei Cross Cult.

Die damals vorgestellten Programme sind jetzt durch und die Titel alle erschienen, inzwischen erscheinen schon die ersten Titel aus den Früjahrs- und Sommerprogrammen (die ich hier aus Zeitmangel nicht vorgestellt habe). Nach einem halben Jahr bzw. anderthalb Programmen ist es noch zu früh, ein Fazit zu ziehen. Die Frage, ob der Trend zur Science Fiction auch bei den Lesern angekommen ist, lässt sich noch nicht so einfach beantworten.

Aber es gibt zumindest erste Tendenzen. Hier und da kenne ich auch konkrete Verkaufszahlen, aber auf die werde ich nicht eingehen (so was ist vertraulich). Ich beziehe mich ausschließlich auf Informationen, die im Netz frei verfügbar sind – insbesondere auf das Feedback zu den einzelnen Büchern. Die Kritiken auf Amazon sind mit Vorsicht zu genießen, aber gewisse Tendenzen lassen sich in der Anzahl der Bewertungen durchaus ableiten. Dazu kommt noch das Feedback in Form von Rezensionen, in den Genreforen und der SF-Szene allgemein – was aber eine sehr subjektive Angelegenheit ist und von meinen privaten Surfgewohnheiten beeinflusst wird. Aber gehen wir die Verlage mal der Reihe nach durch.

Cross Cult

Cross Cult ist im Herbst 2016 mit einem sehr ambitionierten Programm gestartet, das mit der Duologie Dunkelheit und Licht von Connie Willis zwei echte Brocken enthält, dazu die Red-Trilogie von Linda Nagata, Das Ende des Regenbogens von Vernor Vinge, Dunkle Materie von Carolyn Ives Gilman und Die Welten der Skiir: Prinzipat von Dirk van den Boom. Dunkelheit hat immerhin sieben Rezensionen beim großen A erhalten, Licht nur noch zwei. Die Erfahrung sagt, dass es bei Fortsetzungen immer weniger werden, oft um ein Drittel oder gar die Hälfte weniger. Für den Aufwand, den die Übersetzerin mit diesen beiden Brocken hatte, sicher viel zu wenig. Auch wenn man für ein Buch, das sich nicht so gut verkauft, genauso bezahlt wird wie für einen Bestseller, finde ich es immer sehr schade, wenn ein Buch, mit dem man sich richtig viel Mühe gemacht hat, dann nur von wenigen gelesen wird. Wie es z. B. bei Dunkle Materie der Fall zu sein scheint, wenn man sich das Feedback im Netz ansieht. Nur zwei Amazonrezensionen und eine Handvoll Besprechungen auf Blogs und Reziportalen, die aber fast durchweg sehr positiv ausgefallen sind, was es um so bedauerlicher macht, zu sehen, wie vielen potentiellen Lesern so ein tolles Buch entgeht. Dasselbe gilt für Red von Linda Nagata, von dem der erste Band Morgengrauen nicht eine einzige Amazonrezension erhalten hat, was mich sehr überrascht, da ich dachte, ein solcher Near-Future-Actionthriller würde besonders gut ankommen (dafür wurde Helga Parmiter beim KLP für die beste Übersetzung nominiert). Auch Vernor Vinges Das Ende des Regenbogens hat nur vier Bewertungen erhalten. Da hat eventuell der inzwischen etwas verblasste Ruhm des Autors noch gezogen. Das einzige Buch aus dem Programm, das ein nennenswertes Feedback erhalten hat, ist Die Welten der Skiir: Prinzipat von Dirk van den Boom mit 14 Besprechungen. Lagune von Nnedi Okorafor hat immerhin noch acht erhalten und einiges an positivem Feedback aus der Szene (und eine KLP-Nominierung).

Ob der Verlag daraus schon Konsequenzen gezogen hat, vermag ich nicht zu sagen, doch im Sommerpogramm 2017 befinden sich schon deutlich weniger eigenständige Titel abseits der Franchiseromane. Einzig Christopher Goldens Snowblind, neben den schon früh angekündigten Büchern von Nnedi Okorafor und den Fortsetzungen von Linda Nagata. Dirk van den Boom hat folglich für eine zweite Trilogie bei Cross Cult unterschrieben. Daneben sei noch zu erwähnen, dass der Verlag erfolgreich die ersten deutschsprachigen Star Trek-Romane (von Bernd Perplies und Christian Humberg) auf den Markt gebracht hat (23 Amazonrezensionen und viel Aufmerksamkeit unter den Star-Trek-Fans).

Auf mögliche Gründe für das geringe Feedback werde ich ganz am Schluss des Beitrags eingehen. Es bleibt auch abzuwarten, wie die Programme für den Herbst/Winter 2017 aussehen werden.

Fischer Tor

Der vermeintliche? Gamechanger hat sich in der Szene innerhalb kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf für außergewöhnliche Phantastik erworben und ging mit einem Programm an den Start, in dem die Science Fiction sogar überwog. Daneben etabliert sich der Verlag mit seinem Phantastikportal Tor Online auch als ernstzunehmende Konkurrenz zu Heyne (mit Die Zukunft). Am Ende aller Zeiten von Adrian J. Walker kommt immerhin auf 73 Amazonrezensionen und viel positives Feedback aus der Szene (soweit ich das mitbekommen habe, plus eine KLP-Nominierung). Hat als Spitzentitel im Programm aber auch einiges an Marketing erhalten. Als veritablen Longseller hat sich Der lang Weg zu einem kleinen zornigen Planeten entpuppt, mit inzwischen 28 Amazonrezensionen, ein Titel, der sich meiner Meinung nach vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda und schwärmerische Rezensionen (wie die meine z. B. 😉 ) herumgesprochen hat (und gleich zweimal für den KLP nominiert ist). Die hat Kai Meyer nicht nötig, der bringt von Titeln wie Die Seiten der Welt schon eine gewaltige Fanbasis mit, von der ein Teil auch zu seiner Space Fantasy die Krone der Sterne gegriffen hat, mit immerhin 103 Amazonrezis und begeisterten SF-Fans, die sich über rasante SF im Stile der alten Space Operas von Edmond Hamiltion und Co. freuen. Venus siegt von Dietmar Dath hat nur drei Amanzonrezis, was aber auch nicht verwundert, handelt es sich doch um einen sehr sperrigen und anspruchsvollen Titel, der in abgespeckter Form auch schon mal erschienen war. Afterparty von Daryl Gregory (meine aktuelle Lektüre) kommt bisher leider nur auf vier Besprechungen, obwohl die bisheringen Rückmeldungen größtenteils postiv ausfielen. Und Freie Geister von Ursula K. Le Guin ist schon seit Jahrzehnten ein Klassiker der SF, der in den meisten SF-Regalen schon stehen dürfte (bei mir z. B. in der Originalfassung). Allein die Neuübersetzung konnte anscheinend nicht so viele Leser neugierig machen, weshalb es nur zwei Amazonrezis gibt und recht wenig Feedback im Netz.

Knaur Fantasy

Hier nimmt die Science Fiction nur einen kleinen Teil im von der Fantasy dominierten Programm ein. Aber immerhin drei von 18 Titel sind SF. Darunter Darwin City von Jason M. Hughes, der inzwischen immerhin auf zehn Amazonrezis kommt, in der Szene allerdings nur bedingt wahrgenommen wurde. Auch Mr. Sapien träumt vom Menschsein von Ariel S. Winter kommt auf zehn Kritiken und etwas mehr Resonanz aus der Szenen (die immerhin zu einer KLP-Nominierung für die beste Übersetzung durch Oliver Plaschka führte). Dark Side von Anthony O’Neill ist erst am 27. Februar erschienen, bringt es aber schon auf sechs Kritiken. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die SF in der ganzen (sehr lesenswerten) Fantasy von Knaur ein wenig untergeht. Zumindest die SF-Szene hat diesem Verlag (meiner Meinung nach) nicht wirklich auf dem Schirm. Zwei, drei Titel mehr pro Halbjahresprogramm könnten vielleicht für etwas mehr Sichtbarkeit sorgen (wobei aber auch das Risiko einer Übersättigung auf dem SF-Markt besteht, worauf ich in meinem Fazit noch eingehen werde).

Heyne

Der Platzhirsch hat, wie von mir beschrieben, ein starkes Herbstprogramm vorgelegt. Die größte Aufmerksamkeit (inklusive Spiegelonlinebesprechung) erregte Die drei Sonnen von Cixin Liu, das schon allein deswegen für Aufregung sorgte, weil es aus China stammt und in den USA ein Bestseller war (den sogar Obama während seiner Amtszeit gelesen hat). Dafür sind die 66 Kundenrezensionen schon fast etwas mager, aber es handelt sich teilweise eben auch um wirklich harte Hard-SF mit viel wissenschaftlichem Fachsprech. Mit 43 Kritiken ebenfalls relativ viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, hat Giants – Sie sind erwacht, ein Briefroman! Von Silvain Neuvel, bzw. einem Roman in Form von Gesprächsprotokollen. So was muss man sich erst mal trauen (was aber natürlich nicht bei jedem Leser ankam, aber, wie der Liu, für den KLP nominiert wurde und auch alte SF-Hasen begeistern konnte). Auch der Hard-SF-Roman Aurora von Kim Stanley Robinson kam aufgrund seiner pessimistischen Sicht auf die Besiedelung des Weltraums nur durchwachsen an und erhielt zehn Besprechungen (löste in den USA aber immerhin einige kontroverse Diskussionen aus). Mit Moonatics ist ein recht ungewöhnlicher SF-Roman aus deutscher Feder erschienen, der es auf 19 Kritiken bringt, Luna von Ian McDonald leider nur auf vier (auf diesem wunderbaren Autor scheint in Deutschland ein Fluch zu liegen). Auf die restlichen Titel gehe ich jetzt nicht alle ein, insgesamt scheint mir das Programm von Heyne ähnlich zu laufen wie in den Jahren davor. Ohne größere Ausschläge nach oben oder unten, ein Erfolg in den Dimensionen von Pierce Browns Red Rising (92 Besprechungen) oder Andy Weirs Der Marsianer (757!) ist allerdings nicht dabei.

Piper

Blue Screen von Dan Wells hat immerhin 56 Kritiken. Vor seinem SF-Debüt hat sich der Autor bereits mit den Thrillern um Ich bin kein Serienkiller eine Fanbasis erschrieben, da wurden sicher einige mitgenommen. Auffällig ist aber auch, dass SF-Titel von Non-SF-Autoren zwar mehr Kritiken bekommen, als SF-Bücher von unbekannten Autoren, aber noch lange nicht so viele wie mit ihren Non-SF-Titeln. Vor dem Genre scheint immer noch eine gewisse Scheu zu bestehen, oder Desinteresse. Andreas Brandhorsts Omni hat 30 Besprechungen erhalten, was für einen deutschen SF-Roman ganz ordentlich ist. Auch in der Szene stößt das Buch, wie schon Das Schiff auf eine sehr hohe und positive Resonanz und ist auch für alle wichtigen Genrepreise nominiert. Brandhorst hat sich über die Jahre eine feste Fanbasis erschrieben. Bei Jasper T. Scotts Dark Space-Serie sind die Kritiken für den zweiten Band von zwölf auf eine gefallen, was neben dem üblichen Fortsetzungsschwund sicher auch an den durchwachsenen Bewertungen liegt. Die Maschine (Teil eins der Spin-Trilogie, nicht zu verwechseln mit der Spin-Trilogie von Robert Charles Wilson) von Andrew Bannister kommt zwar auf 21 Kundenrezensionen, die allerdings überwiegend nur mittelmäßig ausfallen.

Bastei/Lübbe

Den Perry Rhodan-Gastroman Die falsche Welt von Andreas Eschbach und Verena Themsen lasse ich mal außer Konkurrenz laufen, da ich keine Ahnung habe, wie es sonst bei PR-Romanen aussieht (viel Feedback gibt es allerdings nicht, und vor allem wenig positives). New Sol von Margarete Fortune hat leider nur drei Kritiken erhalten; ein Roman, der mir gut gefallen hat, aber eventuell falsche Erwartungen weckt – ich zumindest dachte, es wäre ein rasanter Thriller im Stile der Serie 24 (nur im Weltraum), und kein Coming-of-Age-Drama, was mich allerdings nicht groß gestört hat. Paul Tassis Auftakt zur Earthbound-Serie ist mit fünf Besprechungen auch nicht unbedingt euphorisch empfangen worden.

Blanvalet

Der Star Wars-Roman Schülerin der dunklen Seite kommt auch nur auf sechs Kundenkritiken; das Franchise alleine und der aktuelle Star Wars-Boom im Kino scheinen auch nicht unbedingt viele Leser zu ziehen. Die Secrets-Reihe von Heather Anastasiu (Jugenddystopie) hat nach 21 Besprechungen von Band 1 auch einen erheblichen Einbruch erlitten, wenn ich das richtig sehe, sind die Bände 2 und 3 aber auch nur als E-Book erschienen, obwohl in der Vorschau damals noch als Taschenbuch für Dezember 2016 angekündigt wurden. Ich habe in der Vergangenheit schon erlebt, dass Blanvalet angekündigte Titel wieder aus dem Programm kickt, wenn nicht genügend Vorbestellungen aus dem Buchhandel eingehen (wenn ich mich recht entsinne). Auch beim vorzeitigen Abbrechen von Fantasyreihen ist man ganz vorne mit dabei. Ähnlich scheint man mit Ninurta – Die Unendliche von Lori M. Lee zu verfahren. Band 1 ist noch als Taschenbuch erschienen (immerhin 33 Besprechungen), Band 2, der laut Ankündigung schon längst hätte erschienen sein sollen, ist jetzt nur noch als E-Book für Juni 2017 angekündigt. Im Prinzip kann man Blanvalet in Bezug auf Science Fiction abschreiben.

Nur auf die großen Genrepublikumsverlage zu schauen ist natürlich ein sehr eingeschränkter Blick. Science Fiction ist natürlich schon längst im Mainstream angekommen. Für den Kurd Laßwitzpreis ist zum Beispiel Christopher Eckers Der Bahnhof von Plön nominiert, das im Mitteldeutschen Verlag erschienen ist (nur vier Kritiken). Marc Elsbergs Helix läuft in der Thrillersparte von Blanvalet (stolze 153), ebenso wie Thomas Thiemeyers Babylon bei Knaur (58). Thea Dorns Die Unglückseligen erschien bei Knaus als allgemeine Belletristik (trotz Besprechung im TV nur 43 Amazonrezis für das zugegeben etwas sperrige Werk), Thomas von Steinaeckers Die Verteidigung des Paradieses bei S. Fischer in der allgemeinen Reihe (nur neun Kritiken). Alles außer irdisch von Horst Evers bei Rowohlt (43 Kritiken) Ich könnte noch massig weitere Beispiele aufführen, gemein ist ihnen vor allem eins: sie werden von den Verlagen meist nicht als Science Fiction deklariert, sondern als Thriller oder allgemeine Belletristik, denn das Label SF galt lange als Ladenhüter und trotz der jüngsten SF-Offensive hat sich daran wohl noch nicht so viel geändert. Und in der SF-Szene, dem SF-Fandom werden solche Titel nur vereinzelt wahrgenommen, meist mit Verzögerung, wenn sie für Preise nominiert sind oder ein genretechnischer Grenzgänger unter den Fans eine begeisterte Besprechung verfasst hat.

Und neben den ganzen Publikumsverlagen gibt es natürlich auch noch die Kleinverlage, die gerade in der SF sehr umtriebig sind und jene Lücken füllen, die von den großen Verlagen in den letzten Jahren hinterlassen wurden. Man muss nur mal einen Blick auf die KLP-Nominierten in der Kategorie bester deutschsprachiger Roman werfen, um eine Who-is-Who-Liste der deutschsprachigen SF-Kleinverlage zu erhalten (wobei man hier von der Resonanz im Netz nicht auf die gleiche Weise auf die Verkäufe extrapolieren kann, wie bei den großen Verlagen, da es an Vertriebsstrukturen mangelt und ein Gros der Verkäufe über das Internet und vor allem Amazon abläuft). Begedia ist mit Mathias Falkes Sternentor (zwei Kritiken) und Im Nebel kein Wort von Frank Hebben (drei) gleich zweimal vertreten, Atlantis mit Vektor von Jo Koren (vier), Wurdack mit Das Universum nach Landau (hier hätte ich gerne das tolle Cover abgebildet, aber Wurdack ist der einzige Verlag, der keinen Coverdownload ermöglicht) von Karsten Kruschel (vier Rezis) und Ein Neuer Himmel für Kana von Karla Schmidt (zwei).

Bei einer so niedrigen Anzahl an Besprechungen deutschsprachiger AutorInnen muss man auch vorsichtig sein, da könnten schon mal Verwandte und Freunde was schreiben, um das Buch zu pushen (was ich hier aber natürlich niemandem unterstelle). Große Verlage benötigen auch ganz andere Verkaufszahlen als die kleinen (die sich darüber aber sicher auch freuen würden). Ich sag mal, ein Titel bei Heyne sollte schon mehr als 5.000 Exemplare verkaufen, damit man dort in Erwägung zieht, weitere Werke von dem Autor zu übersetzen. Im Schnitt verkaufen sich bei SF-Werken, nach dem was ich so gehört habe, zwischen 2.000 bis 7.000 Exemplare. Kleinverlage können froh sein, wenn sie überhaupt mal die Tausender-Marke knacken. Einer der wenigen deutschsprachigen Kleinverlagsautoren, die das schaffen, ist z. B. Dirk van den Boom, der inzwischen aber auch schon 100 Bücher geschrieben hat und seit mehr als 20. Jahren daran arbeitet, sich eine Stammkäuferschaft aufzubauen.

Daneben gibt es auch immer mehr Verlage, die man (zumindest ich) bisher nicht auf dem Schirm hatte, die aber inzwischen auch Science-Fiction übersetzen: Z. B. der Mantikore Verlag (Joe Haldeman, Robert Heinlein oder Harry Harrison), Papierverzierer (Adam Christopher) oder Arctis (Madeline Ashby).

Einen wirklichen Boom hat die Fokussierung auf Science Fiction nicht ausgelöst (höchsten einen van den Boom), dafür fehlt bisher einfach der eine große Titel, der ein massiver Bestseller wird. Den hat eventuell der Selfpublisher Phillip P. Peterson mit Transport gelandet, das auf Sage und Schreibe 1.062 Amazonrezensionen kommt, dafür allerdings im Buchhandel nicht stattfindet. Mit Paradox hat er den Storryteller Award von Amazon 2015 gewonnen und wurde daraufhin bei Bastei/Lübbe veröffentlicht.

Wie schon erwähnt, wirklich aussagekräftig ist dieses Zählen von Kundenrenzensionen bei Amazon nicht, aber aus meiner Erfahrung ist die Tendenz, die sie andeuten, durchaus nicht ganz verkehrt. Interessant wäre es sicher, diese Zahlen jetzt mit denen der Fantasytitel in den obigen Programmen zu vergleichen, aber das ist mir ehrlich gesagt zu viel Arbeit.

In den letzten Jahren waren in der SF-Leserschaft (auch bei mir) immer wieder Klagen zu hören, es würde immer weniger Science Fiction bei den klassischen SF-Verlagen erscheinen, und auch immer weniger anspruchsvolle SF. Viele interessante englischsprachige Titel blieben unübersetzt. Das hat sich mit dem Herbst/Winterprogramm 2016/17 teilweise geändert. Ich zumindest komme schon allein bei den SF-Übersetzungen nicht mit dem Lesen hinterher (und ich lese auch noch viele andere Genres). Durch die SF-Offensive der Verlage wird die SF-Leserschaft nicht unbedingt größer. Sicher, Autoren wie Kai Meyer oder Dan Wells könnte vereinzelt ein paar LeserInnen mitbringen, aber ob die im Genre auch hängen bleiben und andere AutorInnen ausprobieren, ist eine andere Frage. Eher erscheinen jetzt mehr Titel für die gleiche Anzahl der Leser wie bisher, wodurch Bücher, die Erfolg verdient hätten, auf der Strecke bleiben. Es bleibt zu hoffen, dass sich dadurch kein Jo-Jo-Effekt entwickelt, der dafür sorgt, dass die Programme noch stärker zusammengekürzt werden als vor der SF-Offensive. Vielleicht wird es ja auch noch den einen großen Titel geben, der einen SF-Boom auslösen wird, der über die Grenzen der bisherigen Genreleserschafft hinausgeht. Aber das ist bisher noch Wunschdenken und steht in den Sternen. Ich bin jeden Falls sehr auf die kommenden Programmvorschauen für den Herbst/Winter 2017/18 gespannt und werde darüber berichten.

P.S. Golkonda habe ich in diesem Artikel mal außen vor gelassen, da es in den letzten Monat sehr ruhig um den Verlag geworden ist, was sich durch den kürzlich verkündeten Verkauf an den Europa Verlag aber ab Herbst wieder ändern wird.

Ein Plädoyer für die übersetzte phantastische Kurzgeschichte

Ich bin jetzt selbst nicht der größte Kurzgeschichtenleser vor der Herrin, aber trotzdem weiß ich anspruchsvolle, originelle und mitreißende Kurzgeschichten sehr zu schätzen. Für deutschsprachige phantastische Kurzgeschichten gibt es vielfältige Veröffentlichungsmöglichkeiten in Magazinen wie Nova, Zwielicht, der CT z. B. oder in den unzähligen Anthologien, die jährlich in deutschen Kleinverlagen wie pmachinery oder Begedia erscheinen.

Für Kurzgeschichten aus anderen Sprachen sieht es da eher schlecht aus. Im Januar habe ich eine von Lavie Tidhar übersetzt, die im Magazin Phantastisch in der Aprilausgabe erscheinen wird. Das Problem: die Phantastisch konzentriert sich vor allem auf Sachartikel und Interviews, so dass für eine Kurzgeschichte wenig Platz bleibt, sie sollten in der Originalfassung nicht länger als maximal 1.400 Wörter sein. Und wie ich in den letzten Tagen feststellen musste, ist es gar nicht so einfach, so kurze Kurzgeschichten zu finden.

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Im Dezember habe ich eine großartige Kurzgeschichte von Aliette der Bodard übersetzt, die in der nächsten Ausgabe des Magazins Phase X erscheinen wird. Vor einigen Jahren schon einmal für das gleiche Magazin die tolle Kg Im Angesicht Gottes fliegen von Nina Allan. Diese beiden Kurzgeschichten sind literarisch das Beste, was ich bisher übersetzen durfte. Ich fand es großartig, dass ich die Möglichkeit bekam, diese beiden Geschichten zu übersetzen, aber es ist eigentlich auch eine Schande, da sie kaum jemand lesen wird. Wer kennt schon Phase X (no offense), und vor allem wer liest es. Ich vermute mal frei aus der Luft heraus gegriffen, dass von den letzten beiden Ausgaben, nicht mehr als je 50 Exemplare verkauft wurden (Guido möge mich eines Besseren belehren 🙂 ). Phase X erscheint zu unregelmäßig und ist thematisch zu breit gefächert. Auch hier dominieren die Sachartikel.

Was fehlt ist ein deutsches Magazin oder ein Jahrbuch, das regelmäßig ausschließlich phantastische Kurzgeschichten in deutscher Übersetzung veröffentlicht. So etwas gab es mal mit dem Heyne Science Fiction Jahresband. Der meines Wissens im Jahr 2000 das letzte Mal erschienen ist.

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Warum? Weil kein Mensch Kurzgeschichten liest! Bis auf Kurzgeschichtenautoren (wenn überhaupt). So zumindest die landläufige Meinung. Und Kurzgeschichtenanthologien haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten offenbar nicht so gut verkauft.

Ein kurzer Einschub:

Kurzgeschichtenband = Kurzgeschichtensammlung eines einzigen Autors.
Kurzgeschichtenanthologie = Kurzgeschichtensammlung mit mehreren Autoren.

Kurzgeschichtenbände funktionieren von Zeit zu Zeit noch, die beiden von Ted Chiang laufen sehr gut. Und der Verlag bringt auch weiterhin fleißig neue raus, wie z. B. von Geof Rymann und Kij Johnson. Bei Heyne erscheinen zumindest einige Klassiker wie z. B. von Phillip K. Dick, Robert Scheckley oder Cordwainer Smith.

Aber muss man immer warten, bis eine Autorin genügend Geschichten für einen ganzen Band zusammen hat und Klassiker-Status genießt? Kann man die nicht zeitnah bringen?

Im englischsprachigen Raum gibt es zahlreiche Kurzgeschichtenmagazine, wie z. B. Interzone, Clarkesworld, Strange Horizons, F&SF, Analog uvm. Wobei einige nur online erscheinen und teilweise auch Sachtexte enthalten, aber alle veröffentlichen im Jahr eine nicht unbeträchtliche Zahl an teils hervorragenden phantastischen Kurzgeschichten bekannter und weniger bekannter Autorinnen und Autoren.

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Das ist aber noch nicht alles. Die besten dieser Geschichte erscheinen einmal im Jahr in verschiedenen Jahresanthologien wie z. B. The Year’s Best Science Fiction von Gardner Dozois, The Best Science Fiction and Fantasy of the Year von Jonathan Strahan und The Best Horror of the Year von Ellen Datlow (so ähnlich wie Michael Schmidt es mit deutschsprachigen Horrorgeschichten in Zwiellicht Classic versucht)..

Ob das wirklich die besten Kurzgeschichten des Jahres sind, ist sicher diskussionswürdig, aber zumindest erhält man in diesen Anthologien geballte phantastische Kurzgeschichtenqualität. Also das, was Wolfgang Jeschke auch bei Heyne bis 2000 rausgegeben hat.

Während der phantastische Buchmarkt immer noch zu einem großen Teil (wenn auch nicht mehr so wie früher) im Romanbereich von englischsprachigen AutorInnen dominiert wird, sind Freunde der gepflegten Kurzgeschichte auf deutschsprachige Autoren (die sicher nicht schlecht sind) oder auf die Originalfassung angewiesen.

Eine Schande. Denn während sich viele Autorinnen in der Langform noch teilweise (aus Gründen der Verkäuflichkeit) an Genrekonventionen, Lesegeschmäcke und Vorgaben der Verlage halten, lassen sie in der Kurzform ihrer Kreativität und Experimentierfreude freien Lauf. Und gerade diese phantastischen Perlen werden dem deutschen Buchmarkt (immerhin der größte nach dem englischsprachigen) vorenthalten.

Zeit, dass sich das ändert!

Das Problem:

Für große Verlage wie Heyne lohnen sich die Verkaufszahlen von Kurzgeschichtenanthologien nicht. Unter Wolfgang Jeschke war dies wohl noch möglich, weil er die Bände quer finanzieren konnte, was heute wohl nicht mehr so einfach möglich ist.

Und kleine Verlage können sich die Übersetzungen nicht leisten. Golkonda ist gut genug in der Branche vernetzt, um Leute zu finden, die die schmalen Kurzgeschichtenbände mit 100 bis 300 Seiten für wenig bis gar nichts übersetzen. Bei den anderen Kleinverlagen sieht es da schon schwieriger aus, die konzentrieren sich auch lieber auf die deutschen Autoren.

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Was kann man tun?

Meiner Meinung nach wäre so ein Projekt mit den besten internationalen oder zumindest englischsprachigen phantastischen Kurzgeschichten in einem Jahresband ideal für das 2016 neu startende Science Fiction, Fantasy und Horror-Programm von Fischer Tor. Das wird natürlich kein Buch werden, das hohe Verkaufszahlen einbringt, aber es würde einiges an Prestige bringen, und das ambitionierte Programm, an das man ja mit einigem Anspruch herangeht, abrunden und sich von den Einheitsbreiprogrammen der anderen Publikumsverlage abheben. Also Hannes, wie sieht es aus? 😉

Die Alternative wäre, einen Kleinverlag suchen, der das Risiko eingehen würde. Schwierig würde es werden, genügend ÜbersetzerInnen zu finden. Ansonsten könnte man es noch mit Crowdfounding versuchen, wobei ich die Erfolgsaussichten dabei sehr gering einschätze.

Andreas Eschbach hatte mal mit Eine Trillion Euro europäische Kurzgeschichten in einer ambitionierten Anthologie bei Bastei/Lübbe herausgebracht. Äußerte aber im Nachhinein, dass er so etwas nie wieder machen würde. Dass es ihm trotz aller Anstrengungen und Hindernisse gelungen ist, hängt sicher auch mit seinem bekannten Namen zusammen.

Hier bräuchte es jemanden, der sowohl in der Phantastikszene als auch in der Buchbranche gut vernetzt ist, um ein solches Projekt zu stemmen. Beides bin ich nicht. Und ich bin auch kein Macher. Ich bin höchstens ein Mitmacher, aber keiner, der so etwas auf eigenen Schultern trägt. Dazu bin ich zu wenig Netzwerker.

Für ein solches Projekt muss man brennen, man muss Mitstreiter werben können und mit seinem Enthusiasmus anstecken können. Gleichzeitig muss man die Zahlen im Auge behalten, einen Blick dafür haben, was realistisch ist und was Wunschdenken.

Aber trotz aller Bedenken bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, es noch einmal mit einem solchen Projekt zu versuchen. 15 Jahre sind seit der Einstellung des Heyne Science Fiction Jahresband vergangen. Zwischenzeitlich hatte man mit Pandora versucht, anspruchsvolle internationale Kurzgeschichten und Sachartikel auf hohem Niveau in einem regelmäßig erscheinenden Band zu veröffentlichen. Leider wurde das Projekt nach vier Bänden eingestellt. Ich würde es aber auch mit einem rein aus Kurzgeschichten bestehenden Band versuchen, damit nicht jene abgeschreckt werden, die sich für Artikel nicht interessieren.

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Was müsste man dafür tun?

Man müsste natürlich den englischsprachigen Kurzgeschichtenmarkt (eine andere Sprache beherrsche ich nicht ausreichend) im Auge behalten. Wenn man nicht jedes Magazin mit jeder Ausgabe lesen möchte, ist das Locus-Magazin mit seinen monatlichen Kurzgeschichtenbesprechungen ein guter Anhaltspunkt. Und natürlich die schon oben erwähnten Jahresanthologien.

Man müsste genügend ÜbersetzerInnen bei der Hand haben, die bereit sind, für wenig bis gar kein Honorar zu übersetzen. Was bei einer Printerscheinung sicher noch einfacher ist, als bei einer reinen Online- oder E-Book-Publikation.

Man müsste einen guten Grafiker für das Titelbild kennen. Lektorinnen und Korrekturleser. Jemanden, der den Satz macht. Jemanden, der den Umschlag gestaltet.

Würde ich so etwas machen, ich hätte den Anspruch, dass es ungefähr den Standard von dem entspricht, was Golkonda veröffentlicht. Denn wenn man so etwas schon in Angriff nimmt, dann sollte man es auch richtig machen.

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Ich vermute, dass man an die Rechte für die Kurzgeschichten in den meisten Fällen recht günstig herankommt. Für jene Autoren, die schon Romane auf Deutsch veröffentlichen, ist es gute Werbung. Für jene, die noch nicht auf Deutsch veröffentlicht wurden, eine gute Möglichkeit, Aufmerksamkeit (für ihre Romane) zu erregen.

Und warum nicht mal einen Band mit den berühmtesten bzw. besten Kurzgeschichten aller Zeiten? Alle jene Geschichten, die im Staub vergangener Jahrzehnte versunken sind. Die man sich mühsam aus den einzelnen Kurzgeschichtenbänden der Autoren zusammensuchen muss.

Mit den neuen Phantastikprogrammen von Knaur und Fischer Tor soll im nächsten Jahr ein frischer Wind auf dem phantastischen Buchmarkt wehen. Ich habe einen gewissen Einblick in das erhalten, was man bei Fischer plant – Klassiker ebenso wie aufregende Neuerscheinungen. Das wäre doch auch eine gute Gelegenheit, einige kurze, kräftige Böen in Kurzgeschichtenform auf den Markt zu bringen, um die ganze Bandbreite des Genres abzudecken. Dabei geht es mir nicht darum, den deutschsprachigen Kurzgeschichten ihre Nische abzugraben, sondern das Genre zu bereichern. Eine Anthologie pro Jahr würde sicher niemandem weh tun.

Nachtrag: Von einem aufmerksamen Leser wurde ich darauf hingewiesen, dass Golkonda tatsächlich eine Art Best-of von SF-Geschichten plant:

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Herausgegeben von Robert Silverberg

Die erste Hälfte dieser legendären Anthologie umfasst die besten SF-Erzählungen aus den Jahren 1934 bis 1948. Dabei reicht das Spektrum von Highlights der 1930er Jahre (Stanley G. Weinbaum, John W. Campbell) bis zu den maßgeblichen Meisterwerken der 1940er Jahre (Robert A. Heinlein, Isaac Asimov). Jede einzelne dieser Geschichten ist ein Juwel, das bis heute nichts von seinem Glanz verloren hat.

Quelle: http://golkonda-verlag.de/cms/front_content.php?idart=608

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Quo Vadis Phantastikportale – Das Fandom im Wandel?

Sparflamme – Wer sich für interessante und gute Fantasy interessiert, kommt an der Bibliotheka Phantastika kaum vorbei. Seit vielen Jahren versorgt dieses Portal gierige Fantasten mit Informationen über geeigneten Lesestoff. Dazu kommt noch eines der größten und beliebtesten Fantasyforen in deutscher Sprache. Doch wer in den letzten Jahren noch in Foren und im Netz generell unterwegs war, wird bemerkt haben, dass sich die Gewichtungen in Richtung sozialer Netzwerke wie Facebook und individueller Bücherblogs verschoben haben.

Beim Fantasyguide waren wir z. B. zeitweilig bis zu 30 Redakteure, die fast täglich für neue Rezensionen, Artikel und Interviews gesorgt haben. Inzwischen ist diese Zahl auf eine Handvoll Mitstreiter gesunken. Und gäbe es nicht Einzelne, die einen Großteil der Arbeit auf sich nehme würde, gäbe es uns vermutlich schon längst nicht mehr.

Auch auf der Bibliotheka Phanatstika macht sich diese Entwicklung bemerkbar. Die letzten beiden verbleibenden tapferen Streiter für das Gute, Schöne und Phantastische wenden sich jetzt direkt an Ihre Leserinnen, gehen darauf ein und verkünden, dass es demnächst deutlich ruhiger auf dem Portal zu gehen werde.

Im Forum ist mir auch schon aufgefallen, dass da immer weniger los ist, und viele sonst so aktive Foristen einfach verschwunden sind. Ist die Zeit der Foren und Portal ein der Phantastik vorbei?

Wie Gero und Mistkaeferls richtig anmerken, gelingt es im englischsprachigen Raum Portalen wie Tor.com, Io9 und SF-Signal viele erfolgreiche Blogger an sich zu binden. In Deutschland hat Heyne mit diezukunft.de ein ähnliches Projekt gestartet. Ich vermute der Unterschied liegt darin, dass solche Portale in der Lage sind, ihren Redakteuren ein Honorar für ihre Beiträge zu zahlen, wenn auch vermutlich nicht viel.

Ich fände es schade, wenn die letzten großen Phantastikportale im deutschsprachigen Raum von der Bildfläche verschwinden würden. Obwohl ich ja selbst fleißiger Blogger und Eigenbrötler bin, lese ich nur eine Handvoll Blogs regelmäßig. Mir ist das einfach zu weit verstreut. Da habe ich lieber ein paar wenige Ressourcen/Seiten, auf denen ich mich über Phantastik informiere. Zumal es in deutschsprachigen Raum auch keine wirklich bekannten Phantastikblogs gibt, wie z. B. die Wertzone oder Pat’s Fantasy Hotlist in den USA (wobei die beiden in den letzten 2 Jahren auch nicht mehr so aktiv waren).

Kommerzielle Projekte wie die Phantastik-Couch, die von einer GmbH betrieben wird, die noch andere ähnliche Seiten unterhält, scheinen auch keine Lösung zu sein. Da läuft es seit einem Jahr anscheinend auch nicht mehr wirklich rund. Die Ausgaben erscheinen nur noch sporadisch, die Auswahl ist zu sehr auf die großen Verlage beschränkt, die Anzeigen ähneln optisch zu sehr den Artikeln und mit den LeserInnen Wird im Forum auch nicht mehr kommuniziert.

Fictionfantasy setzt inzwischen darauf, Artikel von Bloggerinnen einzubinden, die auch auf deren Blogs erscheinen. Nur bei Phantastik-News gibt es noch regelmäßige News und Rezensionen, aber auch nicht mehr so viel wie früher. Fantasybuch.de ist auch noch recht aktiv. Josefsons SF und F Rundschau ist weiterhin eine feste Bank, aber, obwohl sie auf dem Internetauftritt einer großen Zeitung erscheint, auch nur das Projekt eines einsamen Wolfes.

Wenn man auf Fantasycons wie den Bucon geht oder die Leipziger Buchmesse, sieht man, dass es immer noch eine große aktive Schar an Fantasyfans gibt. Aber sie sind anscheinend nicht in den alten Genre- und Fandomstrukturen aktiv. Das Fandom befindet sich seit einigen Jahren im Wandel. Wohin es geht, weiß ich nicht, aber ich bin gespannt.

 

Nachtrag (11.02): Ein aufmerksamer und geschätzter Sprachnörgler hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Überschrift eigentlich „Quo vaderis, Phantastikportale?“ heißen müsste. Tja, was soll ich sagen, ich gehörte in der Schule zur Französischfraktion* und habe mit Latein nichts am Hut, was mich aber nicht davon abhielt, in dieser Sprach rumzufuschen, da ich eine kurze, knackige Überschrift gesucht habe. 🙂

 

*nicht, dass ich Französsisch heute besser könnte, als Latein 😉

Wo man mich trifft: Bucon 2014

Wie jedes Jahr seit ca. 10 Jahren wird man mich am Oktoberwochende um den 12. herum (mein Geburtstag) in Dreieich-Sprendlingen auf dem Buchmesse Con kurz Bucon treffen – genauer gesagt am Samstag den 11.12. 2014. Hier kommen jedes Jahr parallel zur Frankfurter Buchmesse um die 300 Freunde und Freundinnen der Phantastik zusammen. Leute, mit denen man sonst das ganze Jahr übers Internet Kontakt hat. Besonders freue ich mich auf molosovky, Frank Böhmert, Gerd Rottenecker, Simone Heller, Holger M. Pohl, Torsten Scheib und Michael Schmidt, aber auch auf viele andere und einige, die ich bisher noch nicht persönlich kennen gelernt habe.

Ich-bucon

Hier sieht man mich auf dem Bucon 2013. Die Haare sind momentan etwas länger, der Bart noch nicht so voll.

Neben dem Zusammentreffen des Fandoms gibt es aber auch reichlich Programm. Vor allem Fantasylesungen, unter anderem mit Autoren wie Wolfgang Hohlbein, Markus Heitz, Bernhard Hennen, Robert Corvus, Thomas Finn, Michael Peinkofer, Bernd Perplies, T.S. Orgel Ju Honisch, Chris Schlicht und einem gewissen Perry Rhodan, der als einsamer Streiter die Fahne für die Science Fiction hochhält. Hier gibt es das komplette Programm.

Da ich Lesungen in der Regel ziemlich langweilig finde und es in diesem Jahr leider keine interessanten Vorträge oder gar eine Podiumsdiskussion (was ist eigentlich daraus geworden?) gibt, wird man mich die meiste Zeit an einem der Tische im Hauptsaal antreffen, wo ich hoffentlich wieder viele interessante Gespräche führen und das gastronomische Abenteuer der Bürgerhalle hoffentlich unbeschadet überstehen werde.

Um 19.00 Uhr wird dann wieder der Deutsche Phantastikpreis (DPP) verliehen werden (leider ohne diesjährige Präsenz des Phantastikurgesteins und Tentakelkaisers Dirk van den Boom, dem es im Kosovo anscheinend besser gefällt, als im Kreise seiner zahlenden Kundschaft).

Wer mich bisher nur aus diesem Blog oder sonst wo im Internet kennt, aber nicht persönlich, und auf dem Bucon anwesend ist, der kann ich gerne ansprechen. Ich bin ja selber eher etwas scheu, wenn es darum geht, Internetbekannte im echten Leben anzusprechen. Bei Oliver Plaschka habe ich es mir aber fest vorgenommen (so er denn zum Bucon kommt).

Bucon 1

Hier bin ich unten rechts. Ganz so lange sind meine Haare aber noch nicht. Torstens vermutlich schon. 😉

Wo man mich trifft: Übersetzungsseminar in Straelen

Vom 3. bis zum 7. September werde ich an einem Übersetzungsseminar/Workshop des Deutschen Übersetzerfonds am Europäischen Übersetzerkollegium in Straelen teilnehmen. Der Deutsche Übersetzerfonds veranstaltet regelmäßig Seminare und Workshops für Übersetzer zu bestimmten Themen. Thema dieses Seminars:

»In einer anderen Welt«
Sprachenübergreifendes Seminar zum Übersetzen von Fantasyliteratur

Wer dem obigen Link folgt, findet dort den ganzen Ausschreibungstext.

12 Teilnehmer, die Science Fiction, Fantasy und sonstige Phantastik übersetzen, werden in diesen fünf Tagen gemeinsam an ihren Übersetzungen arbeiten. Ich bin schon sehr gespannt. Die Texte liegen mir bereits vor, einige der ÜbersetzerInnen kenne ich bereits, andere noch nicht.

Wenn ich zurück bin, werde ich hier im Blog über das Seminar berichten.

Wo man mich trifft: Buchmessecon 2013

Veranstaltung: Buchmessecon

Ort: Bürgerhaus Dreieich-Sprendlingen (bei Frankfurt)

Datum: 12. Oktober 2013

Zeit: ab 11.00 Uhr

Eintritt: 10 Euro
Wie jedes Jahr im Oktober findet parallel zur Frankfurter Buchmesse im nahegelegenen Dreieich-Sprendlingen eine kleine Veranstaltung (ca. 300 Besucher) für Freunde und Freundinnen der phantastischen Literatur statt. Der Bucon ist eine sogenannte Convention, also eine Art Fandomtreffen mit Programmpunkten.

Auch in diesem Jahr gibt es wieder zahlreiche Fantasyautoren (und auch ganz wenige Science Fiction Autoren), die auf dem Con Lesungen und Fragestunden halten werden. Unter anderem: T.S. Orgel, Oliver Plaschka, Kai Meyer, Tom Finn, Michael Peinkofer, Bernhard Hennen uvm.
Und Markus Heitz … tja, kaum gewinnt er mal nicht den Deutschen Phantastik Preis (der auf dem Bucon verliehen wird), schon lässt er sich nicht blicken …

Dazu gibt es noch einige themennahe Programmpunkte mit Vorträgen und Diskussionen, z. B. Rober Vogel über die Dreharbeiten von »Dr. Who«, das Perry Rhodan Verlagspanel, ein Programmpunkt über den Worldcon 2014 in London uvm.

Auch Übersetzer- und Bloggerkollege Frank Böhmert wird mit Ralf Steinberg einen Programmpunkt abhalten:

»Der SFCD übersetzt:
Ralf Steinberg im Salongespräch mit Frank Böhmert:
Mit Kind und Kegel in die Zombie-Apokalypse

Frank Böhmert plaudert mit Ralf Steinberg über seine aktuellen Jugendbuchübersetzungen. Frank Böhmert, zweifacher Vater, übersetzt seit vielen Jahren Kinder- und Jugendbücher; dabei spielen erstaunlich oft die Genres SF, Fantasy und Horror eine Rolle. Erstaunlich selten werden diese Bücher, meist sehr gut geschrieben und oft kleine Bestseller, in unserer Szene wahrgenommen. Das wollen wir ändern! Ralf Steinberg, dreifacher Vater, in den einschlägigen Foren als »lapismont« bekannt, schreibt Rezensionen für den Fantasyguide und hat etliche von Franks Übersetzungen gelesen. Frank liest coole Stellen, Ralf stellt kluge Fragen, beide stammeln rum. Das Publikum darf auch mal. Ein Salongespräch für:
– Eltern, die sich fragen, mit welchen Büchern sie ihre Kinder verdammt noch mal zum Lesen kriegen!
– Kinder, die sich fragen, warum ihnen ihre Eltern immer so verdammt langweilige Bücher schenken und nicht solche! »

Hier das komplette Programm: http://www.sftd-online.de/bucon/bcprog13/programm13.html

Mich persönlich interessieren die Programmpunkte inzwischen nicht mehr so sehr. Mir geht es mehr darum, Leute zu treffen, mit denen ich den Rest des Jahres nur Kontakt über das Internet habe. Daraus ergeben sich tolle und interessante Gespräche, und ab und zu lernt man auch ganz neue, faszinierende Leute kennen.
Aus dem Horrorforum haben sich viele Foristen angekündigt, ebenso wie aus dem  Forum der Bibliotheka Phantastika. Die SF ist meist nur schwach vertreten, aus den Foren von SF-Fan.de und dem SF-Netzwerk sind mir nur wenige Ankündigungen bekannt.

Wer vor Ort ist und mich persönlich kennen lernen möchte, so sehe ich aktuell ungefähr aus:

Ich-bucon

Das Foto ist vom Bucon 2012, der Bart wird morgen etwas kürzer sein, die Haare ähnlich und ich werde die gleichen Klamotten anhaben. Sprecht mich einfach an.

Noch eine Warnung zum Schluss: Die Verpflegung auf dem Bucon ist traditionell eine Katastrophe, da die Pächter des Bürgerhauses es nicht auf die Reihe bekommen, etwas über dem Niveau von schlabbrigen Siedewürstchen auf den Teller zu zaubern. Stellt euch also vorsichtshalber auf Selbstverpflegung ein.

Verlag das Beben – Gründungsparty + Lesungen (ein Bericht)

Die Berliner Szene der Phantastikautoren/Lektoren/Übersetzer/Buchhändler/Fans ist gut vernetzt. Man kennt sich, man trifft sich, man liest sich und man arbeitet zusammen. Einige aus dieser Szene haben sich jetzt zusammengetan und den Verlag Das Beben gegründet. Jakob Schmidt (Übersetzer/Otherlandianer), Simon Weinert (Übersetzer/Otherlandianer), Karla Schmidt (Autorin), Markolf Hoffmann (Autor) und Jasper Nicoleisen haben gemeinsam einen E-Book-Verlag gegründet, der sich auf abgründige, kreative, anspruchsvolle Novellen konzentriert.

Am 1. September wurde diese Verlagsgründung im Laidak gefeiert. Neben einem veganen Büffet gab es auch ein literarisches Menü in Form von drei Lesungen. Da ich Jakob durch den SF-Treff, das Otherland und andere Gelegenheiten kenne, habe ich einen meiner letzten Tage in Berlin dazu genutzt, eines der vielen tollen kulturellen Angebote der Stadt zu nutzen. Bei meiner Ankunft in der Kneipe Laidak, wo mich Kollege Frank Böhmert mit einem Buchgeschenk standesgemäß begrüßte, musste ich zu meinem Entsetzen festestellen, dass sich dieses Etablissement in Neukölln befand. NEUKÖLLN!!!! Alter!!!!! Den Killling Fields von Berlin. Da bin ich dem Tod nochmal knapp von der Schippe gesprungen.

Das Lokal war gut gefüllt, und unter die Gäste hatten sich auch einige Berliner AutorInnen wie Tobias Meißner, Siegfried Langer und Jenny Mai Nuyen gemischt. Man kennt sich halt in Berlin. Der Abend wurde vom Journalisten Sebastian Feldmeier locker flockig moderiert. Zunächst wurden die Fünf Vorstandsvorsitzenden des neuen Verlagsimperiums vorgestellt bzw. mussten Rechenschaft vor dem Aufsichtsrat (also den potenziellen Lesern) ablegen. Über die Unternehmensphilosophie (Geld verdienen?) war man sich noch uneins, nicht aber, bei der Meinung über die bisherigen Novellen. Denn veröffentlicht wird nur, was allen Fünfen gefällt. Es gibt also wie im UN-Sicherheitsrat ein Vetorecht.
Die elektronischen Bücher kann man direkt auf der Homepage des Verlags kaufen, in allen gängigen E-Book-Formaten zahlbar per Paypal oder Kreditkarte. Man kann sie aber auch per Downloadcodekarte kaufen (ich vermute mal im Otherland oder bei solchen Lesungen).

Aber warum nur als E-Book (wo zwei der Vorstände doch ihr Brot teilweise als Buchhändler verdienen) und warum ausgerechnet und ausschließlich Novellen?

E-Books haben keine Lagerkosten, sind günstiger zu produzieren und man kann die Autoren besser an den Einnahmen (in diesem Fall 50% des Verkaufspreises) beteiligen.

Die Novellenform ist praktisch das Alleinstellungsmerkmal des Verlags. Dicke Schinken verkauft jeder andere Verlag, aber die Kurzform der Novelle mit 70-150 Seiten geht dabei leicht unter bzw. hat nur minimale Veröffentlichungschancen. Dabei ist diese Form Ideal um eine Geschichte, die für eine Kurzgeschichte zu lang ist, schön prägnant, ganz ohne unnötige Auswalzungen, auf den Punkt zu schreiben.

Nach Präsentation dieser Formalitäten ging es dann sofort mit den Lesungen los:
Eva Strasser las sehr unterhaltsame und witzige Passagen aus „Mary“ vor. Eine Novelle, in der es um Mary, Isa und David (Isas Freund) geht. Isa ist vom Lande nach Berlin gezogen, um als Künstlerin ihre Kreativität zu entfalten. Mary sucht den Kontakt zu Isa, mit der sie in der Schule befreundet war. Wovon Isa aber nichts weiß. Was David wiederum lustig findet, und Mary in ihr Leben hereinlässt. Daraus soll sich dann eine unheilvolle Geschichte mit bösem Ausgang entwickeln.
Der vorgelesene Auszug (aus den drei Ich-Perspektiven der Protagonisten) hatte eine tolle Dynamik, war sehr witzig und enthielt kluge Beobachtungen über das Leben junger Berliner. Mich hat er so begeistert, dass ich mir diese Novelle auf jeden Fall kaufen werde.

Mary-Farbe
Nach einer Pause ging es mit „krankem Scheiß“ weiter. Georg Kammerer (seines Zeichen „Großer Vorsitzender des Neuköllner Ortsverbandes der Partei DIE PARTEI“.) freute sich darüber, dass er wieder im Laidak lesen konnte, wo man ihm zuvor nach zwei Auftritten als Stand-Up Comedian Hausverbot erteilt hatte. Er würdigte diese Geste, indem er die Betreiber des Laidaks in seiner Novelle als „PC-Faschisten bezeichnet“ was während der Lesung im Laidak für einen guten Lacher sorgte. Seine Novelle „Alles Kaputtschlagen“ ist eine ziemlich abgedrehte, zynische Geschichte, in der es um Entschen-und-Bärchen-Sex, atheistische Selbstmordattentäter, Ctulhu, Nazigruppenvergewaltigungen und Zombies geht.
Die Lesung war sehr witzig, ich bin mir aber nicht sicher, ob was ich davon halten soll. Werde mir dieses Buch wohl eher nicht zulegen.

Alles_kaputtschlagen-Farbe

Zum Abschluss las noch der Schauspieler Frank Dukowski aus seiner Novelle „Vor dem Pilzgericht“ die irgendwas mit dem menschlichen Blitzableiter Roy C. Sullivan zu tun haben soll, dessen Hauptfigur aber ein Pilzsammler ist, der im Wald ständig Mädchenleichen findet und so selbst ins Visier der Ermittler gerät.
Hier ist der Ton sehr viel ernster als bei den beiden vorigen Lesungen. Lacher gab es keine, dafür eine bedrückend dichte Atmosphäre, die in präziser Spache geschildert wird. Nicht ganz mein Fall, aber doch beeindruckend.

Vor_dem_Pilzgericht-Farbe

Für mich war die Party nach der letzten Lesung vorbei und ich kämpfte mich durchs buschkowskikose Ghetto zurück zur U-Bahn und in die Zivilisation, fort von Psychotanten, Zombies und Pilzsammlern.

Ein gelungener Abend und ein toller Start für einen Verlag, dem ich für die Zukunft alles Gute wünsche.

P.S. Fotos habe ich leider keine, da ich – wie immer – meinen Fotoapparat vergessen habe (und ein Handy trage ich in der Regel nicht bei mir).

P.P.S. die tolle Cover stammen von Lisa Naujack

Frauen in der Science Fiction

Vor einiger Zeit habe ich ja die ganz wundervolle Geschichte »Flying in the Face of God« von Nina Allan für das Magazin Phase X übersetzt (siehe hier). Das war bisher das Beste, was ich übersetzen durfte, und ich hoffe, dass ich der Geschichte einigermaßen gerecht geworden bin. Und ich hoffe sehr, dass in Zukunft noch mehr von ihr auf Deutsch erscheinen wird.

Die britische Autorin hat auch einen sehr interessanten Blog, in dem sie sich regelmäßig mit aktuellen Tendenzen in der Phantastikszene auseinander setzt. Aktuell gibt es einen epochalen Eintrag über Frauen in der Phantastik. Auslöser war wohl (wenn ich es richtig verstanden habe), dass es keine einzige Frau auf die Shortlist des Arthur C. Clark Award geschafft hat, und auch zu einer Horrorconvention keine Frau eingeladen wurde.

Sie betrachtet das Thema aber sehr differenziert und sieht keine Schuld bei den Juroren des Awards, die sich danach richten mussten, was eingereicht wurde. Von den 33 Büchern, die man wirklich als SF bezeichnen kann, sind nur fünf von Frauen geschrieben. Im Weiteren geht sie darauf ein, woran das liegen könnte.

Kurz darauf listet sie sage und schreibe 101 Frauen auf, die man gelesen haben sollte. Und nicht nur das, sie schreibt zu jeder Autorin auch noch eine ausführliche, persönliche  Begründung. Darunter sind viele Klassiker wie Margaret Atwood, Ursula K. Le Guin, relativ bekannte Schriftstellerinnen wie Susan Hill, Shirley Jackson, Kij Johnson, Hilary Mantel usw. Auch viele, die ich gar nicht kannte, und auch einige meiner Lieblingsautorinnen. Wie z B. Audrey Niffenegger, die mit »Die Frau des Zeitreisenden« einen der besten SF-Romane der letzten Jahre geschrieben hat, oder Susanna Clarke (»Jonathan Strange & Mr. Norell.)
Dazu noch einige Autorinnen, die ich erst jüngst für mich entdeckt habe. Catherynne M. Valente oder Joe Walton, deren (zurecht) von Preisen überhäuftes »In einer anderen Welt« jüngst bei Golkonda erschienen ist. Und auch die Newcomerin Genevieve Valentine, deren famos, phantastisches »Mechanique« auch gut in den Golkonda Verlag passen würde.

Im SF-Netzwerk wurde jüngst diskutiert, ob es einen Unterschied in der Schreibe zwischen Autorinnen und Autoren geben würde? Ich weiß es nicht. Das Geschlecht der/des AutorInn gehört nicht zu meinen Kaufkriterien. Da gehe ich nach Inhalt und Empfehlungen. Trotzdem würde ich sagen, dass ca. 70 – 80% der Bücher in meinem Regal von Männern geschrieben wurden (Tendenz fallend). Das nur als neutrale Feststellung.

In der Fantasy sind deutschsprachige Autorinnen inzwischen stark vertreten, wenn auch nicht so prominent und dominant wie z. B. die Herren Heitz, Hennen und Hardebusch. In der SF haben es Autorinnen bei großen Verlagen wohl schwerer (wobei deutschsprachige SF es generell schwer bei diesen Verlagen hat). Aber es gibt sie. Sie sind in denen kleine Verlagen Verlagen vertreten und auch im (stark von grauhaarigen Männern mit Bierbäuchen dominierten) Fandom aktiv.
Die SF von Heidrun Jänchen erscheint regelmäßig bei Wurdack. Nina Horvath ist in verschiedenen Genres und Verlagen unterwegs. Miriam Pharo hat mit »Hanseapolis« eine Reihe über ein futuristisches Hamburg veröffentlicht. Barbara Slawigs »Flugverbot« ist jüngst bei Golkonda neu aufgelegt worden. Und es gibt sicher noch einige, die ich jetzt vergessen habe.

Ich selbst habe mich mit dem Thema mal vor drei Jahren in einer Hausarbeit mit dem Titel The Dispossessed – Ein feministischer Blick auf die Utopie von Usula K. Le Guin beschäftigt. Da ging es aber vor allem um ihren Roman »The Dispossessed« (»Planet der Habenichste«).
Ich habe mich lange davor gescheut, die Arbeit zu veröffentlichen, da ich sie für zu mangelhaft halte. Gab zwar eine 2,0 dafür, aber das heißt ja nichts. An einigen Stellen sind meine Thesen viel zu generalisierend gehalten und nicht durch Literaturverweise belegt. Für eine literaturwissenschaftliche Arbeit beschäftige ich mich auch zu wenig mit Textbeispielen und verweise generell zu wenig auf konkrete Stellen im Text. Aber macht Euch ruhig selbst ein Bild. Die Arbeit ist mit 11 Seiten nur halb so lang wie die über »Deadwood«. Es hilft, wenn man »The Dispossessed« gelesen hat.

HausarbeitLeGuinreinfassung

Ortstermin: Ladentreff im Otherland (in Berlin/Kreuzberg)

Im Roman „In einer anderen Welt“ von Joe Walton geht es um die 14-jährige Morwenna, die nach einem schweren Unfall und unglücklichen Lebensumständen in einem Internat landet. Von ihren ersten Monaten dort, berichtet sie in Tagebuchform. Davon, wie sie als Hinkebein schräg angesehen wird und wie schwer es für sie ist, in einer Schule, in der Sport ganz groß geschrieben wird, Anschluss an die unterschiedlichen sozialen Zirkel der Mädchen zu finden. Trost findet sie in der Literatur. Ihr absolutes Lieblingswerk ist »Herr der Ringe«, ansonsten liest sie enorm viel Science Fiction. Heinlein, Zelazny, Delany, LeGuin uvm. werden von ihr regelrecht verschlungen und in den Tagebucheinträgen reflektiert. Anschluss zu den Einheimischen findet sie dann in Form einer wöchentlichen Leserunde, in der immer ein SF- oder Fantasyautor im Fokus steht.

Als ich vor ca. 8 Jahren das erste Mal für ein paar Tage nach Berlin gefahren bin, um einen guten Freund zu besuchen, gehörten zwei Lokalitäten zu meinem Plichtprogram: das Videodrom und die Ufo-Buchhandlung. Eine ganze Buchhandlung nur mit Science Fiction und Fantasy, das war damals für mich, als jemand, der sich auf dem Lande sonst mit einem einzigen Regal in einer Buchhandelskettenfiliale zufriedengeben musste, wie ein Besuch im Gelobten Land. Stundenlang habe ich dort in fremden Welten gestöbert, ganz berauscht von dieser konzentrierten Fülle an Phantasie und Abenteuer. Aufgrund meines beschränkten Reisegepäcks musste ich mich auf drei Titel beschränken: »Bedenke Pflebas« von Iain Banks, »Zeit aus den Fugen« von Phillip K. Dick und »Der ewige Krieg« von Joe Haldeman, alles drei Bücher, die bis heute einen Ehrenplatz in meinem Regal haben.

Die UFO Phantastische Buchhandlung wurde im Jahre 1998 von Birgit Herden und Hannes Riffel gegründet. Da man nicht länger als Anlaufstelle für Fans von Erich Dänniken gehalten werden wollte, hat man sich vor einigen Jahren mit dem Einverständnis von Tad Williams in Otherland umbenannt (imho eine gute Entscheidung). Zum 1. April dieses Jahres haben Hannes und Birgit das Otherland in die Hände der langjährigen Mitarbeit Jakob, Wolfgang und Simon übergeben, die fortan die Buchhandlung als neue Chefs betreiben werden.

Als erste Neuerung hat man einen monatlichen Ladentreff unter dem Titel Gatherland im Otherland eingeführt:

Jeden 3. Donnerstag: Gatherland (to gather: versammeln, versammelte, versammelt) im OtherlandAb sofort lädt das Otherland all seine Kundinnen und Kunden und Freundinnen und Freunde an jedem dritten Donnerstag im Monat zum abendlichen Plaudertreff Gatherland. In lockerer Runde stellen wir Bücher vor und plaudern über alles aus der Welt der SF und Fantasy.Die Pforten zum Gatherland öffnen sich um 19.30 Uhr, Der Eintritt ist selbstverständlich frei und eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Getränke gibt es gegen einen kleinen Obulus.

Quelle: http://otherland-berlin.de/

Am ersten Abend hat Verleger und Übersetzer Hannes Riffel das Buch „In einer anderen Welt“ von Joe Walton vorgestellt, dass in seinem Golkonda Verlag erschienen ist. Es wurde kurz darüber diskutiert (einige in der dreizehnköpfigen Runde hatten es, wie ich, bereits gelesen) und die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass sich der monatliche Treff zu einer ähnlichen Runde entwickeln würde, wie es im Buch der Fall ist.

Danach hat jeder  sein Lieblingsbuch der letzten Monate vorgestellt. Das hat sich zu einer wirklich sehr interessanten Runde entwickelt, in der eine Menge über die vorgestellten Werke diskutiert wurde. Ein Teilnehmer stellte „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R. R. Martin vor und Buchhändler Wolfgang meinte, dass er eigentlich nur ungern solche gehypten Werke weiterempfehle, er in diesem Fall aber gar nicht anders könne, da es einfach zu gut sei.

Im weiteren wurden die historisch-fantastischen Werke von Guy Gavriel Kay (z. B. „Die Fürsten des Nordens“) vorgestellt, die intellektuell fordernde Sword and Sorcery Reihe „Nimmèrÿa“ von Samuel R. Delany, die postmoderne, schockierende und hoch ambitionierte Horrorreihe „Hiobs Spiel“ von Tobias O. Meißner, ein Buch über geheime Melodien von Helmut Krausser, die herausragende Kurzgeschichten Sammlung „Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes“ von Ted Chiang, die komplexe Zukunftsvision „Fraktal“ von Hannu Rajaniemi, die ungewöhnliche und außergewöhnliche Fantasy von K. J. Parker (»The Company«) und einige andere Sachen.

Es war eine richtig schöne Runde, in der intensiv und abwechslungsreich über die unterschiedlichsten Werke, Facetten und Autoren der phantastischen Literatur diskutiert wurde. Bis man schließlich bei Dan Brown, Weltverschwörungen und mit Steroiden aufgepumpten Frettchen, die als Pudel verkauft werden, ankam.
Damit hat sich das erste Gatherland im Otherland schon am ersten Termin als einer ernstzunehmenden und interessanten Anlaufstelle für Freunde der phantastischen Literatur etabliert. Er wurde auf hohem Niveau, aber in lockerem Ton, in gemütlicher Runde bei Wein, Wasser und Bier diskutiert. Den nächsten Termin am 16. Mai habe ich mir in meinem Terminplan schon fest vorgemerkt.