Veranstaltungstipps zum Thema: Übersetzen

Bereits am Montag den 30. September findet der Internationale Übersetzertag statt, mit Veranstaltungen in verschiedenen Städten. Hier die Liste: http://www.literaturuebersetzer.de/pages/veranstaltungen-archiv/veranst-iut13.htm

Vom 9. bis zum 13. Oktober findet in Frankfurt am Main die Frankfurter Buchmesse statt. Gastland ist übrigens Brasilien (juhu!!!)
Da gibt es eine Veranstaltungsreihe die Weltempfang – Zentrum für Politik, Literatur und Übersetzung heißt. Im Rahmen dieser Reihe wird es am Samstag den 12. Oktober eine Performance mit einem sogenannten gläsernen Übersetzer geben. Frank Böhmert wird in Halle 5.0 E81 im Salon zwei Stunden lang live vor Publikum übersetzen.

10.30–12.30 Uhr, SalonDer gläserne übersetzer:
Science fiction
Interaktive präsentation
Deutsch
Live aus der Zukunft übersetzt: Der erfahrene SF-Übersetzer Frank Böhmert überträgt den Erzählband „The Starry Rift“ der
legendären Autorin James Tiptree Jr. (alias
Alice B. Sheldon), der als „Sternengraben“
im Septime Verlag erscheinen wird.
Einmischung erwünscht!
Mit: Frank Böhmert
(Deutschland),
Übersetzer von Philip K. Dick, Robert B.
Parker und SF-Autor
Kooperation:
Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und
wissenschaftlicher Werke e. V. (VdÜ)
Quelle: http://www.buchmesse.de/images/fbm/dokumente-ua-pdfs/2013/programm_weltempfang_final_deutsch.pdf_38489.pdf

In diesem Programm gibt es noch mehr Veranstaltungen zum Thema Übersetzen.

Am selben Tag findet nicht weit von Frankfurt entfernt der Buchmesse Con statt. Eine kleine Convention für Freunde der phantastischen Literatur, mit vielen Autorenlesungen und der Verleihung des Deutschen Phantastikpreises. Der in diesem Jahr ausnahmsweise nicht an Markus Heitz gehen wird. 🙂

Um 17.00 Uhr gibt es dort ein Salongespräch zwischen Ralf Steinberg und Frank Böhmert (ein gefragter Mann) zum Thema Übersetzen von phantastischen Jugendbüchern.

Der SFCD übersetzt:
Ralf Steinberg im Salongespräch mit Frank Böhmert:
Mit Kind und Kegel in die Zombie-Apokalypse

Frank Böhmert plaudert mit Ralf Steinberg über seine aktuellen Jugendbuchübersetzungen. Frank Böhmert, zweifacher Vater, übersetzt seit vielen Jahren Kinder- und Jugendbücher; dabei spielen erstaunlich oft die Genres SF, Fantasy und Horror eine Rolle. Erstaunlich selten werden diese Bücher, meist sehr gut geschrieben und oft kleine Bestseller, in unserer Szene wahrgenommen. Das wollen wir ändern! Ralf Steinberg, dreifacher Vater, in den einschlägigen Foren als »lapismont« bekannt, schreibt Rezensionen für den Fantasyguide und hat etliche von Franks Übersetzungen gelesen. Frank liest coole Stellen, Ralf stellt kluge Fragen, beide stammeln rum. Das Publikum darf auch mal. Ein Salongespräch für:
– Eltern, die sich fragen, mit welchen Büchern sie ihre Kinder verdammt noch mal zum Lesen kriegen!
– Kinder, die sich fragen, warum ihnen ihre Eltern immer so verdammt langweilige Bücher schenken und nicht solche!
Quelle: http://www.sftd-online.de/bucon/bcprog13/programm13.html

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Wo man mich trifft: Sportplatz und Berlin

Ich berichtete bereits über ein Crowdfundingprojekt für einen Sportplatz in meinem Heimatdorf und habe auch schon Fotos vom ersten Grün geposted. Jetzt ist es soweit, der Sportplatz, auf dem ich praktisch aufgewachsen bin, und der direkt vor meinem Zimmerfenster liegt, wird offiziell eröffnet.

Am 27.09 findet von 19.00 bis ca. 23.00 Uhr neben einigen Jugendspielen auch ein Dorfturnier mit einigen Hobbymannschaften statt. In einer davon werde ich auch mitspielen.

Nur wenige Stunden später um ca. 6.00 Uhr am Samstagmorgen geht es für mich dann mit dem Sprinter nach Berlin, wo ich meine Wohnung ausräumen werde. Zurück fahren wir dann am Sonntag. Ob ich es rechtzeitig zum ersten Meisterschaftsspiel meiner Fußballmannschaft auf dem neuen Platz schaffen werde, weiß ich noch nicht. Vermutlich eher nicht.

Direkt am Monat geht es für mich per Flugzeug wieder zurück nach Berlin, wo abends der letzte Berliner SF-Treff mit meiner Wenigkeit um 19.00 Uhr im Tiki Heart stattfinden wird. Ein monatliches Treffen, das ich einst mit Mitgliedern des SF-Netzwerks ins Leben gerufen habe. Ein Treffen, das mir sehr fehlen wird.

Dienstags um 10.00 Uhr habe ich dann Wohnungsübergabe und muss dann noch irgendwie die Zeit bis zu meinem Rückflug um 19.30 Uhr rumkriegen.

Das werden stressige vier Tage werden, auf die ich mich aber auch freue.

Werkstattbericht: Ein Käfig voller Heldenblut

das-blut-der-helden

Aktuell sitze ich mitten in der Übersetzung von Joseph Nassise »Das Blut der Helden«. Der Roman spielt im Ersten Weltkrieg, der 1918 nicht endete. Denn die Deutschen hatten die tolle Idee ihre Truppen mittels Leichengas in Mehrwegsoldaten zu verwandeln, die wie in unserem heutigen Müllkreislauf, erst durch die vollständige Verbrennung ein Ende finden. So lange wollen sie nur eines: fressen – und zwar die Lebenden. Also watscheln diese hirnlosen Untoten über die Schlachtfelder Frankreichs und trachten allem, was noch nicht nach Verwesung müffelt, nach dem Leben.

Nassise Erster Weltkrieg unterscheidet sich deutlich von dem, der wirklich stattgefunden hat. Nicht nur gibt es die sogenannten Watschler (Shambler), sondern auch technische Erfindungen, die ihrer Zeit weit voraus sind, und den Laboren des unvermeidlichen Nikola Tesla entstammen – der vermutlich sämtliche bekannten Inkarnationen des Steampunks und der Alternative History in Buch, Film und Serienform heimsucht.

Wie kann es 1918 mechanische Federwerkshände geben, die so gut wie beim Sechs-Millionen-Dollar-Mann funktionieren?

Nikola Tesla!

Wie kann es Kanonen geben, die elektrische Ladungen verschießen und dampfgetriebene LKW?

Nikola Tesla!

Zum Glück werden diese technischen Spielereien aber wohldosiert eingesetzt, so dass zumindest halbwegs das Gefühl entsteht, dass man sich als Leser tatsächlich durch die schlammigen, blutigen Gräben und das von Stacheldraht gesäumte Niemandsland kämpft.

Für mich als Übersetzer ist es manchmal schwierig herauszufinden, ob es die im Text erwähnten technischen Geräte, Waffen und Flugzeuge damals tatsächlich schon gab. Wenn ja, dann gibt es dafür nämlich auch feststehende deutsche Begriffe, die ich recherchieren muss.

Neben dem Infanteristen Captain Burke, der sich mit seiner Federwerkhand durch die Zombiehorden am Boden kämpft, ist die zweite Hauptfigur das Fliegerass Major Freeman, der sich in einem »Dogfight« mit dem untoten Baron Manfred von Richthofen duelliert. Es gibt also auch einige Flugzeugbezeichnungen und Begriffe aus der Fliegerei. Wer weiß schon aus dem Stegreif, was ein Immelmann ist?

Hinzu kommt, dass die Recherche des Autors teilweise wohl sehr oberflächlich ausgefallen ist. Ca. 90% aller deutschen Begriffe, die er im englischen Text verwendet, sind falsch. Wenn ein deutscher Soldat dem amerikanischen Gefangenen das Kommando »to move« erteilt, steht dort »Verschieben!«. Das passiert, wenn man den erstbesten Begriff aus dem Googletranslator nimmt.
»The secret People« sind »das Geheime Volks«, den der Translator sagt ja, dass »people« »Volk« heißt.  We the people – Wir, das Volk …

Das Buch hätte auch ein gutes Lektorat vertragen können, da Nassise seine Sätze teilweise unnötig umständlich und kompliziert formuliert. Man hätte sie schon im Original kürzer und flüssiger formulieren können, was es für mich schwieriger macht, sie adäquat zu übersetzen. Im Deutschen kommt automatisch noch Text dazu, wodurch die ohnehin schon langen und umständlichen Sätze noch länger und damit fast unlesbar werden. Teilweise muss ich zwei Sätze daraus machen.

Ich bin natürlich nicht der Lektor des Originals, aber ich habe auch den Anspruch einen lesbaren, guten deutschen Text abzuliefern, weshalb ich gelegentlich mal etwas kürzen muss, ohne das aber der Inhalt verändert wird. Der Autor hat die Angewohnheit Sachen, die er gerade erst erklärt hat, oder die offensichtlich sind, kurz darauf noch einmal ausführlich zu erklären, was zu unnötigen Wiederholungen führt.

Ein Beispiel: der Pilot Freeman kämpft in einer Grube voller verwesender Leichen gegen einen mutierten Riesen. Als Waffe schnappt er sich einen spitzen Knochen. Nach dem beschrieben wurde, wie er sich den Knochen greift und hochhebt, wird kurz darauf, als er den Knochen als Waffe benutzt nochmal erwähnt, dass es der Knochen ist, den er in seiner Hand hält, obwohl das durch die Beschreibung von kurz zuvor offensichtlich ist.

Ein anderes Beispiel: He rolled down the sleeve of his wool uniform shirt and got up
from the camp stool he’d been sitting on.

Captain Burke steht aus dem Stuhl auf, in dem er gesessen hat. Aus welchem Stuhl soll er denn sonst aufstehen? Der zweite Teil des Satzes ist überflüssig. Im Englischen kann man das durchaus so formulieren, aber im Deutschen hört sich das holprig an.

Er rollte den Ärmel seines wollenen Uniformhemdes herab und stand aus dem Feldstuhl auf.

Das ist jetzt noch ein einfaches Beispiel mit einem kurzen Satz, aber das Prinzip zieht sich durch den gesamten Text und viele Sätze die, wenn ich sie ganz nah am Original übersetzen würde, oft mehr als 30 Wörter pro Satz haben.

Es ist immer wieder dieses »had«, dass der Autor gerne benutzt. »He swung the stick he had picked up a minute before.« Obwohl im Satz zuvor genau dieses Aufheben des Stocks beschrieben wurde. (Das ist jetzt ein erfundenes Beispiel)

Versteht mich aber nicht falsch, das sind typische Probleme, mit denen sich ein Übersetzer beschäftigen muss. Trotzdem ist »Das Blut der Helden« ein spannendes, unterhaltsames und einfallreiches Buch mit viel Action.

Zombies, Erster Weltkrieg, mechanische Hände, Luftkämpfe mit Doppeldeckern, ein untoter Baron von Richthofen, finstere Experimente in tiefen Verliesen, ein grausiges Gefangenlager, dessen Oberst Klink … äh Schulheim nicht ohne Grund spitz gefeilte Zähne hat.

Einerseits versuche ich dem Stil des Originals treu zu bleiben, andererseits aber auch einen lesbaren deutschen Text abzuliefern. Inhaltlich wird sich natürlich überhaupt nichts ändern. Es gibt nicht die richtige Übersetzung. Mit meiner Übersetzung versuche ich, die gleiche Wirkung des Originaltexts auf dessen Leser auch für den deutschen Leser zu erzeugen. Ob mir das gelingen wird, bleibt abzuwarten.

In meinem nächsten Werkstattbericht wird es einen längeren Textauszug als Beispiel geben.

 

P.S. Gebt mir bitte Bescheid, falls ihr in meinem Blog Werbeanzeigen seht. Das macht WordPress manchmal bei seinem kostenlosen Angebot (kostenlos für mich als Blogbetreiber). Dann muss ich doch ein paar Euro in die werbefreie Version investieren.

Hannibal – Die Serie

Das aktuelle und alles beherrschende Thema im Bereich TV-Serien lautet Breaking Bad keine Zeitung, kein Wochenmagazin, keine Internetseite, die momentan nicht über Walt White und sein Alter Ego Heisenberg berichtet. Auch ich verfolge aktuelle die letzten Folgen der vermutlich wirklich besten Serie aller Zeiten auf iTunes. Ich bin von Anfang an dabei, seit die erste Staffel anlief, und ja, auch für mich ist die finale Staffel das Fernsehereignis des Jahres. Deshalb verzichte ich momentan darauf, hier darüber zu schreiben. Im aktuellen Spiegel gibt es einen hervorragenden Artikel, der beschreibt, was die Serie so außergewöhnlich und einzigartig macht.

Aber es gibt auch eine Zeit nach Breaking Bad, nächste Woche Sonntag endet dieses Meisterwerk der Erzählkunst. Zeit, sich neue Serien zu suchen. Erstaunlicherweise hat ein Networksender (ausgerechnet der Gurkengarant NBC) eine interessante Serie im Angebot: Hannibal

Hannibal3© 2012 NBC Universal Media, LLC

Ich habe bereits im April über die Serie berichtet. Inzwischen habe ich die komplette erste Staffel gesehen, die ab dem 10. Oktober auch auf Sat 1 (garantiert gekürzt) anlaufen wird. Bin mal gespannt, wie lange sie durchhalten. Alternativ kann man sie sich aber auch schon auf Maxdom anschauen.

Hannibal basiert auf den Romanen von Thomas Harris und erzählt die Vorgeschichte zum ersten Band „Roter Drache“. Im Fokus stehen der FBI Agent Will Graham und der Psychiater Hannibal Lecter.

Graham besitzt eine besondere Gabe, er kann sich an Tatorten in die Gedankenwelt von Mördern hineinversetzen und erlebt die Tat aus deren Perspektive, was von der Serie in beeindruckend schaurig-schönen Bildern präsentiert wird. Für Graham wird es aber immer schwieriger, aus diesen abgründigen Gedankenwelten zurückzukehren. Sein Chef Jack Crawford (Lawrence Fishburne) macht sich Sorgen, will aber auch nicht auf seinen besten Mann verzichten, deshalb zieht er den renommierten Psychiater Dr. Hannibal Lecter zu Rate. Der ist fasziniert von Graham und beginnt eine eingenartige Beziehung zu ihm, die aus einer Mischung von Freundschaft und perfid-perverser Manipulation besteht.

Diese Beziehung ist das Hauptthema der Serie. Zwar gibt es gelegentlich auch den Serienkiller der Woche, um Crawfords Beziehungprobleme, die FBI-Psychologin Dr. Alana Bloom und die Tochter eines Serienkillers, aber im Mittelpunkt steht die intensive Beziehung zwischen Graham und Lecter.

Hannibal2© 2012 NBC Universal Media, LLC

Wer hier actionreiche Spannung wie bei Criminal Minds erwartet, ist an der falschen Adresse. Hannibal ist weniger Thriller denn vielmehr Psychodrama. Obwohl die Grausamkeiten, die hier teilweise präsentiert werden, ihresgleichen suchen, steht  das Seelenleben der Figuren im Vordergrund. Und das ist düster. So wie die ganze Serie extrem düster ist. Diese Finsternis wird dabei in wunderschönen eleganten Bildern präsentiert, die mehr Kunstwerken gleichen und weniger den runtergekurbelten Network-Procedurals, die man sonst auf NBC findet. Hinzu kommt ein ausgefeiltes und atmosphärisch dichtes Sounddesign.

Der Humor der Serie ist sehr makaber, bösartig und subtil, er setzt bei den Zuschauern das (mit Sicherheit vorhandene) Wissen um Hannibal Lecter und seine kulinarischen Gewohnheiten voraus, die in der Serie mit der Eleganz eines Fünf-Sterne-Kochs inszeniert werden.

Apropos Hannibal, der hier von Mads Mikkelson gespielte Hannibal ist ganz anders, als die ikonische Interpretation von Anthony Hopkins. Wo bei Hopkins jederzeit die körperliche Aggressivität eines Raubtieres präsent ist, kommt Mikkelson sehr viel zurückhaltender daher. Seine Darstellung ist deutlich reduzierter und unscheinbarer. Was aber auch zur Serie passt, schließlich weiß bei Hopkins Hannibal jeder, mit wem er es zutun hat, während er in der Serie noch größtenteils im Verborgenen agiert. Mikkelsons Hannibal weiß durchaus zu gefallen, aber die Bedrohlichkeit von Hopkins fehlt ein wenig. Ich würde nicht so weit gehen, zu behaupten, Mikkelson sei ein Paradeabsolvent der Steven Seagal Schauspielschule, aber seine Mimik ist teilweise etwas zu reduziert, um dem Intellekt Hannibals gerecht zu werden.

Serienkillerserien sind momentan groß in Mode, in meinem oben verlinkten Artikel gehe ich näher auf dieses Phänomen ein. In Hannibal wird der Serienkiller, also Hannibal Lecter, anders als in Dexter oder auch in den Filmen, nicht zum Helden stilisiert. Er handelt von Anfang an amoralisch, grausam und stets zu seinem eigenen Nutzen und Vergnügen. Er tötet und manipuliert aus reiner Neugierde. Auch wenn er eine faszinierende Persönlichkeit ist, besteht kein Zweifel daran, dass er der Bösewicht der Serie ist. Die Perfidität, mit der er Will Graham im Verlauf der Serie manipuliert, ist an Grausamkeit kaum zu überbieten. Der einzige Ausgleich zu dieser Kaltblütigkeit entsteht, wenn er seinerseits zu Therapiesitzungen mit der von Gillian Anderson gespielten Therapeutin Dr. Du Maurier geht. Sie ahnt, was unter seiner Oberfläche lauert, was hinter seinem Bestreben nach Freundschaft wirklich steckt.

Hannibal ist ein schaurig schönes Gemälde aus Mord, Verderben, Abgründigkeit und Kontrollverlust. Eine der Serienüberraschungen des Jahres, elegant gefilmt, psychologisch tiefgründig, dabei stets abgründig und bedrohlich.

Anstand und Zuverlässigkeit im Bewerbungsprozess

Manche Blogleser mögen es schon mitbekommen habe, mein Studium ist bald zu Ende und ich befinde mich gerade in der Bewerbungsphase. Das heißt, ich durchforste das Internet nach Stellenanzeigen und bewerbe mich, wenn ich meine, dass ich zur Stelle passe und umgekehrt. Mir ist zwar schon vorher klar gewesen, dass dies ein langwieriger und frustrierender Prozess werden kann, aber ärgern tut es mich trotzdem.

Ich bin noch lange nicht so weit, frustriert zu sein, von 70 bis 100 vergeblichen Bewerbungen, bin ich noch weit entfernt. Bisher sind es 8. Von diesen 8 Bewerbungen hab ich bisher nur 3 Reaktionen bekommen. Ich weiß ja, dass es inzwischen (vielleicht auch schon immer) üblich sein soll, dass Unternehmen gar nicht auf Bewerbungen reagieren, aber gerade von Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich hatte ich da Besseres erwartet. Von 5 Einrichtungen gab es weder eine Eingangsbestätigung noch eine Absage. Die Bewerbungen habe ich teils per E-Mail und teils schriftlich eingereicht. Von der Vorstellung meine Bewerbungsmappen zurückzubekommen, hatte ich mich schon von Anfang an verabschiedet. Aber das man (einen Monat nach Ende der Bewerbungsfrist) so gar nichts hört, empfinde ich doch als sehr unhöflich. Kann ja sein, dass ich für die Stellen nicht infrage komme, nicht qualifiziert bin oder irgendetwas schrecklich falsch mit meiner Bewerbung gemacht habe, aber man könnte doch zumindest so höflich sein, eine Absage zu schicken, und wenn es nur per E-Mail ist.

Von einer Einrichtung gab es eine Absage mit dem Hinweis, man würde mich in den aktiven Bewerberpool einfügen – das war auch eine Initiativbewerbung. Von den Bewerbungen auf konkrete Stellenanzeigen gab es exakt eine Eingangsbestätigung, mit dem Hinweis, man würde die Bewerbung an die zuständige Abeilung weiterleiten und es könne etwas länger dauern, bis man sich melde. Ist auch schon über einen Monat her, aber Okay, da weiß ich wenigsten Bescheid.

Die einzige schnelle und positive Reaktion gab es dann tatsächlich aus der Wirtschaft. Ein Internet-Start-up – da hatte ich bereits 2 Tage nach Eingang der Bewerbung ein Vorstellungsgespräch. Dass es dann im beidseitigen Einvernehmen nicht geklappt hat, ist eine andere Sache.

Reaktionen auf die restlichen fünf Bewerbungen (vier davon auf konkrete Stellenanzeigen): gleich null. Von Arbeitnehmern wird in der Regel Zuverlässigkeit, Flexibilität und Gründlichkeit erwartet. Das sind Anforderungen, die ich auch an Arbeitgeber stelle. Aber hey, keine Reaktion ist auch eine Reaktion. Das sagt auch etwas über die Wertschätzung und den Umgang der Einrichtung bzw. des Unternehmens gegenüber seinen (potentiellen) Mitarbeitern aus. Da ist es vielleicht gut, wenn man dort nicht landet.

Aber ich befinde mich ja immer noch am Anfang meiner Bewerbungsphase. Momentan warte ich noch auf die Bewertung meiner Bachelorarbeit, werde noch bis Ende September offiziell Student sein und vermutlich Mitte Oktober meinen Studienabschluss in der Tasche haben. Bis Ende Oktober habe ich auch noch gut mit einer Übersetzung zu tun und sollte es bis November nicht mit einer festen Stelle klappen, kann ich vielleicht auch noch einen Übersetzungsauftrag an Land ziehen, der mich bis Ende des Jahres beschäftigt hält. Ich bin also arbeitssuchend, aber durchaus nicht arbeitslos.

Trotzdem musste ich mal meinen kleinen Ärger über diese Nicht-Reaktionen loswerden. Vielleicht bin ich da in der Vergangenheit auch zu sehr verwöhnt worden. Schon während ich in meinem ersten Studium an der Diplomarbeit schrieb, hatte ich meine Stelle für die Zeit danach in der Tasche. Vier Bewerbungen, drei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen und das dritte habe ich abgesagt, weil ich nach dem zweiten schon eine Zusage hatte.
Während des Studium hatte ich mich mal an der Uni und bei der DPA beworben, die Stellen habe ich zwar nicht bekommen, aber zumindest die Chance, mich in einem Bewerbungsgespräch vorzustellen. Selbst als ich mich vor drei Jahren (als blutiger Anfänger viel zu früh) mal als Übersetzer bei 6 Verlagen beworben habe, gab es von 5 eine Standardabsage, und von einem später sogar doch noch eine Zusage.

Diese Nicht-Reaktionen sind also eine neue Erfahrung für mich. Vielleicht bin ich da ja zu ungeduldig, und die Auswahlphase dauert tatsächlich so lange? An der Uni war ich mal in der Berufungskommission für eine Professur, da gab es unzählige Sitzungen mit Auswahlprozessen, das hat sich über Monate hingezogen, aber an Unis ticken die Uhren auch etwas anders.

Ich werde mich jedenfalls weiter fleißig bewerben. Noch gehe ich die ganze Sache ganz entspannt an.

Buchempfehlung: Spin von Robert Charles Wilson

Keine Zeit zum bloggen, deshalb ne alte Rezi, die mal bei X-Zine.de erschienen ist:

Spin von Robert Charles Wilson

Robert Charles Wilson ist gut darin, Dinge verschwinden bzw. auftauchen zu lassen. In „Darwinia“ war es ganz Europa, das verschwand. In „Die Chronolithen“ tauchten riesige Monumente aus der Zukunft aus. In „Spin“, lässt er gar die Sterne verschwinden. Zumindest wirkt es so auf die ca. zwölfjährigen Freunde Tyler, Jason und Diane. Sie sitzen im Garten beobachten mit einem Teleskop den Himmel, und plötzlich sind die Sternen weg.
Das alles und das Leben der Drei erzählt Tyler aus seiner Perspektive im Jahr 4 x 10 hoch 9. Was den Leser erst einmal verwundern mag, scheinen die Kinder doch in unserer Gegenwart aufzuwachsen. Aber da es sich ja um einen Science Fiction Roman handelt ist es auch nicht so ungewöhnlich, und wird im Laufe der Geschichte aufgeklärt. Denn es sind nicht die Sterne, die verschwinden, sondern nur die Aussicht auf sie. Die Erde ist plötzlich von einem Energieschirm umgeben, der sie vom restlichen Universum abschirmt. Diese Tatsache sorgt natürlich für Beunruhigung unter den Menschen. Einige verfallen neuen Glaubensrichtungen und warten teilweise auf das Ende der Welt. Andere wollen das Phänomen wissenschaftlich untersuchen. Zu ihnen gehört auch Jason, Dianes Bruder und Tylers hochbegabter Freund, der eine Karriere als Wissenschaftler einschlägt und zusammen mit seinem Vater ein Unternehmen zur Erforschung des Spins leitet. Währenddessen wendet sich Diane immer mehr der Religion zu und entfernt sich immer weiter von ihren Freunden und ihrer Familie. Tyler wird Arzt, hält immer losen Kontakt zu Jason und landet am Ende auch in dessen Firma. Doch was ist der Spin, welche Auswirkungen hat er, welche Gefahren birgt er und vor allem wer hat in geschaffen?

Im Prinzip erzählt Wilson die Lebensgeschichte von Tyler, die eng mit Diane und Jason, und somit auch eng mit dem Spin verbunden ist. Das plötzliche Auftauchen eines solchen Phänomens lässt sich am besten mit Kinderaugen schildern. Kindliche Neugier, noch frei von Ängsten und religiösen Schlussfolgerungen.
Es ist die große Stärke des Romans, dass sich Wilson in erster Linie auf die Figuren konzentriert, dann erst auf das Phänomen und seine gesellschaftlichen Auswirkungen. Damit hebt er sich von den vielen Hard-SF Romane ab, die sich nur auf das wissenschaftliche konzentrieren. Er bindet den Leser mit in die Geschichte ein, und lässt in mit den Figuren Freud und Leid teilen. Er schafft sympathische Identifikationsfiguren, und erzählt eine packende Geschichte ohne dabei die Idee aus den Augen zu lassen.
Wilson lässt sich immer was Gutes als Aufmacher einfallen, und macht dann daraus eine spannende Geschichte mit guten Charakteren.

Die Geschichte zeigt auch, wie ein einzelnes Ereignis die ganze Menschheit aus der Bahn werfen kann. Apokalyptiker und andere religiöse „Gurus“ bekommen Hochkonjunktur. Die Zivilisation steht am Rande der Anarchie. Die Menschen leben als würde es kein Morgen geben. Das wird es vielleicht auch nicht. Aber ein paar wenige bleiben mit beiden Füßen in der Realität verankert. Unter ihnen Jason und Tyler, sie versuchen das Beste aus der Situation zu machen.
Das ganze Szenario zeigt wie sehr sich Menschen vor Veränderung fürchten, und in ihrer Furcht selber zu dem von ihnen befürchteten Untergang der Zivilisation beitragen.

In „Spin“ gibt es keine Raumschlachten, keine Kriege und sowieso wenig Action. Obwohl ein spektakuläres Ereignis eintritt, ist „Spin“ eher ein ruhiger Roman, der an den sogenannten „Sense of Wonder“ aus älteren Science Fiction Büchern erinnert. Für mich bisher der beste SF-Roman des Jahres.

Wo man mich (nicht mehr) trifft

In Berlin! Ich werde umziehen. Vier Jahre nachdem ich für mein Studium von Hilgert (im Westerwald) nach Berlin gezogen bin, werde ich jetzt in meine Heimat zurückkehren. „Jetzt“ heißt übrigens am Donnerstag (5.9.13) per Fernbus. Der komplette Umzug wird wahrscheinlich am 28.9 stattfinden. Die Entscheidung ist nach reiflicher Überlegung dann etwas kurzfristig (letzte Woche Donnerstag endgültig) gefallen, weshalb ich es leider nicht geschafft habe, mich mit allen Berliner Freunden noch mal zu treffen.

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Einerseits freue ich mich auf den Westerwald, und dass ich nicht mehr zwischen zwei Wohnsitzen hin und her pendeln werde, ohne irgendwo richtig heimisch zu sein, andererseits wird mir Berlin sehr fehlen. Warum und was mir an Berlin so gefällt, darüber werde ich demnächst noch einen eigenen Blogeintrag verfassen.

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In Zukunft kann man mich wieder hier treffen

Berlin werde ich nächstes Jahr aber auf jeden Fall besuchen, und ich schließe auch nicht aus, in Zukunft nochmal in die Hauptstadt zu ziehen, sollte es sich beruflich so ergeben. Ich mag die Abwechslung.

So, und jetzt gehe ich noch ein letztes Mal zum Stöbern in die beste Buchhandlung der Welt.

Verlag das Beben – Gründungsparty + Lesungen (ein Bericht)

Die Berliner Szene der Phantastikautoren/Lektoren/Übersetzer/Buchhändler/Fans ist gut vernetzt. Man kennt sich, man trifft sich, man liest sich und man arbeitet zusammen. Einige aus dieser Szene haben sich jetzt zusammengetan und den Verlag Das Beben gegründet. Jakob Schmidt (Übersetzer/Otherlandianer), Simon Weinert (Übersetzer/Otherlandianer), Karla Schmidt (Autorin), Markolf Hoffmann (Autor) und Jasper Nicoleisen haben gemeinsam einen E-Book-Verlag gegründet, der sich auf abgründige, kreative, anspruchsvolle Novellen konzentriert.

Am 1. September wurde diese Verlagsgründung im Laidak gefeiert. Neben einem veganen Büffet gab es auch ein literarisches Menü in Form von drei Lesungen. Da ich Jakob durch den SF-Treff, das Otherland und andere Gelegenheiten kenne, habe ich einen meiner letzten Tage in Berlin dazu genutzt, eines der vielen tollen kulturellen Angebote der Stadt zu nutzen. Bei meiner Ankunft in der Kneipe Laidak, wo mich Kollege Frank Böhmert mit einem Buchgeschenk standesgemäß begrüßte, musste ich zu meinem Entsetzen festestellen, dass sich dieses Etablissement in Neukölln befand. NEUKÖLLN!!!! Alter!!!!! Den Killling Fields von Berlin. Da bin ich dem Tod nochmal knapp von der Schippe gesprungen.

Das Lokal war gut gefüllt, und unter die Gäste hatten sich auch einige Berliner AutorInnen wie Tobias Meißner, Siegfried Langer und Jenny Mai Nuyen gemischt. Man kennt sich halt in Berlin. Der Abend wurde vom Journalisten Sebastian Feldmeier locker flockig moderiert. Zunächst wurden die Fünf Vorstandsvorsitzenden des neuen Verlagsimperiums vorgestellt bzw. mussten Rechenschaft vor dem Aufsichtsrat (also den potenziellen Lesern) ablegen. Über die Unternehmensphilosophie (Geld verdienen?) war man sich noch uneins, nicht aber, bei der Meinung über die bisherigen Novellen. Denn veröffentlicht wird nur, was allen Fünfen gefällt. Es gibt also wie im UN-Sicherheitsrat ein Vetorecht.
Die elektronischen Bücher kann man direkt auf der Homepage des Verlags kaufen, in allen gängigen E-Book-Formaten zahlbar per Paypal oder Kreditkarte. Man kann sie aber auch per Downloadcodekarte kaufen (ich vermute mal im Otherland oder bei solchen Lesungen).

Aber warum nur als E-Book (wo zwei der Vorstände doch ihr Brot teilweise als Buchhändler verdienen) und warum ausgerechnet und ausschließlich Novellen?

E-Books haben keine Lagerkosten, sind günstiger zu produzieren und man kann die Autoren besser an den Einnahmen (in diesem Fall 50% des Verkaufspreises) beteiligen.

Die Novellenform ist praktisch das Alleinstellungsmerkmal des Verlags. Dicke Schinken verkauft jeder andere Verlag, aber die Kurzform der Novelle mit 70-150 Seiten geht dabei leicht unter bzw. hat nur minimale Veröffentlichungschancen. Dabei ist diese Form Ideal um eine Geschichte, die für eine Kurzgeschichte zu lang ist, schön prägnant, ganz ohne unnötige Auswalzungen, auf den Punkt zu schreiben.

Nach Präsentation dieser Formalitäten ging es dann sofort mit den Lesungen los:
Eva Strasser las sehr unterhaltsame und witzige Passagen aus „Mary“ vor. Eine Novelle, in der es um Mary, Isa und David (Isas Freund) geht. Isa ist vom Lande nach Berlin gezogen, um als Künstlerin ihre Kreativität zu entfalten. Mary sucht den Kontakt zu Isa, mit der sie in der Schule befreundet war. Wovon Isa aber nichts weiß. Was David wiederum lustig findet, und Mary in ihr Leben hereinlässt. Daraus soll sich dann eine unheilvolle Geschichte mit bösem Ausgang entwickeln.
Der vorgelesene Auszug (aus den drei Ich-Perspektiven der Protagonisten) hatte eine tolle Dynamik, war sehr witzig und enthielt kluge Beobachtungen über das Leben junger Berliner. Mich hat er so begeistert, dass ich mir diese Novelle auf jeden Fall kaufen werde.

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Nach einer Pause ging es mit „krankem Scheiß“ weiter. Georg Kammerer (seines Zeichen „Großer Vorsitzender des Neuköllner Ortsverbandes der Partei DIE PARTEI“.) freute sich darüber, dass er wieder im Laidak lesen konnte, wo man ihm zuvor nach zwei Auftritten als Stand-Up Comedian Hausverbot erteilt hatte. Er würdigte diese Geste, indem er die Betreiber des Laidaks in seiner Novelle als „PC-Faschisten bezeichnet“ was während der Lesung im Laidak für einen guten Lacher sorgte. Seine Novelle „Alles Kaputtschlagen“ ist eine ziemlich abgedrehte, zynische Geschichte, in der es um Entschen-und-Bärchen-Sex, atheistische Selbstmordattentäter, Ctulhu, Nazigruppenvergewaltigungen und Zombies geht.
Die Lesung war sehr witzig, ich bin mir aber nicht sicher, ob was ich davon halten soll. Werde mir dieses Buch wohl eher nicht zulegen.

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Zum Abschluss las noch der Schauspieler Frank Dukowski aus seiner Novelle „Vor dem Pilzgericht“ die irgendwas mit dem menschlichen Blitzableiter Roy C. Sullivan zu tun haben soll, dessen Hauptfigur aber ein Pilzsammler ist, der im Wald ständig Mädchenleichen findet und so selbst ins Visier der Ermittler gerät.
Hier ist der Ton sehr viel ernster als bei den beiden vorigen Lesungen. Lacher gab es keine, dafür eine bedrückend dichte Atmosphäre, die in präziser Spache geschildert wird. Nicht ganz mein Fall, aber doch beeindruckend.

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Für mich war die Party nach der letzten Lesung vorbei und ich kämpfte mich durchs buschkowskikose Ghetto zurück zur U-Bahn und in die Zivilisation, fort von Psychotanten, Zombies und Pilzsammlern.

Ein gelungener Abend und ein toller Start für einen Verlag, dem ich für die Zukunft alles Gute wünsche.

P.S. Fotos habe ich leider keine, da ich – wie immer – meinen Fotoapparat vergessen habe (und ein Handy trage ich in der Regel nicht bei mir).

P.P.S. die tolle Cover stammen von Lisa Naujack

Fantasy Filmfest 2013 – Mein Fazit + Kurzkritiken

15 Filme habe ich in diesem Jahr auf dem Fantasy Filmfest gesehen. Darunter war erstaunlicherweise nur eine Gurke (Lords of Salem). Allerdings war auch kein richtiger Kracher dabei, der mich in pure Begeisterung versetzt hat. Die Filme bewegten sich mehr in einem Bereich von ganz in Ordnung über gut bis sehr gut. Einige bekamen natürlich den obligatorischen Festivalbonus, sprich sie wirkten in der Atmosphäre des FFF unter Gleichgesinnten besser, als wenn man sie zu Hause sehen würde (wie Fesh Meat z. B.).

Einige Filme habe ich leider nicht sehen können. Da ich mit meiner Diplomarbeit und einer Übersetzung nicht rechtzeitig zum FFF fertig geworden bin, musste ich 2 ½ Tage sausen lassen. Besonders leid, tut es mir um den durchgeknallten indischen Film Makkhi, in dem jemand als Fliege wiedergeboren wird und sich an seinem Mörder auf sehr kreative Weise rächt. Auch den koreanischen Thriller New World hätte ich gerne gesehen.

Insgesamt war es ein wirklich tolles Festival im sommerlichen Berlin. Eine so hohe Ausbeute an ungurkigen Filmen hatte ich bisher noch nicht. Da ist auch das Fehlen eines besonderen Highlights zu verschmerzen. Hätte ich eine Dauerkarte und mehr Filme gesehen, dann wäre die Gurkendichte vermutlich höher ausgefallen.

Ich hatte allerdings den Eindruck, dass die Filme insgesamt etwas schwächer besucht waren, als in den Vorjahren. Ich hatte nicht einen einzigen Film der ausverkauft war. Nicht einmal In the Name of the Son und Byzantiumam Freitag- bzw. Samstagabend oder der Eröffnungsfilm. Das hatte ich bisher noch nie. Sonst mussten die Leute sogar auf der Treppe sitzen. Vielleicht waren die Besucherzahlen ja gleichmäßiger auf die beiden Parallelvorstellungen verteilt, aber auch in Hamburg war dieser Besucherschwund zu beobachten.

Manche werfen dem Festival vor, dass es dadurch, dass es immer mehr Arthousefilme und solche die für ein Mainstreampublikum tauglich sind, ins Programm nimmt, an Profil verliert und damit auch an altem Stammpublikum. Eine Kritik, der ich, zumindest teilweise und trotz meiner guten Filmausbeute in diesem Jahr, zustimmen kann. Echte Kracher wie Martyrs, Ex-Drummer, High-Tension, Enter the Void  oder Tucker & Dale vs. Evil“ werden seltener. Harte Horrorschocker sucht man vergebens, ebenso wie Durchgeknalltes aus Südkorea oder Japan. Asien war insgesamt schwach vertreten.

Provokante Filme sind in diesem Jahr nur In the Name of the Son“ und Big Bad Wolves aufgrund ihrer Thematik. Radikale Filme, die auch in ihrer Machart radikal sind, gibt es nicht.

Das Filmfest konnte mich in diesem Jahr zwar gut unterhalten, aber es hat mich weder in Ekstase oder Begeisterung versetzt noch hat es mich vor den Kopf gestoßen, wie seinerzeit z. B. mit Martyrs. Ich sehe mir sehr gerne Arthousefilme und anspruchsvolle Dramen an, aber dafür kann ich auf die Berlinale oder in reguläre Kinovorstellungen gehen. Auf dem Fantasy Filmfest will ich extreme Filme sehen, die provozieren, schockieren und verwirren. Die mal so richtig auf die Kacke hauen, politisch völlig unkorrekt oder durchgeknallt sind.

Ich weiß natürlich nicht, was hinter den Kulissen des Filmfests abläuft, warum sie welche Filme zeigen, warum bestimmte Filme nicht laufen. Das kann alles sehr vielschichtige Gründe haben. Mein Fazit hier ist aus meiner Perspektive als langjähriger Festivalbesucher geschrieben, ohne irgendwelches Insiderwissen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es das Fantasy Filmfest noch gibt, und gehe weiterhin gerne dahin, bin aber auch ein wenig über die Auswahl der Filme bzw. die Richtung, die das Fest einschlägt besorgt. Ich würde mich freuen, wenn es wieder mehr extreme und provokante Filme wie in den vergangenen Jahren geben würde.

Hier meine Kurzkritiken, die ich ursprünglich während des Festivals im Forum von SF-Fan.de veröffentlicht habe. Wenn ihr auf den Filmtitel klickt, kommt ihr zur offiziellen Filmbeschreibung mit Trailer.

Fresh Meat – oder was passiert, wenn man Akademikern ihren wohlverdienten beruflichen Aufstieg verwehrt

Vier Gangster auf der Flucht verstecken sich im Vorstadtheim einer vierköpfigen kannibalistisch veranlagten Familie, nehmen diese als Geiseln und bleiben zum Essen.
Eine unterhaltsame schwarze Komödie, mit Splatterelementen, Slapstick und schlechtem Geschmack. Teilweise etwas zu überzogen, aber insgesamt sehr spaßig. Auch Familiendrama im Stil von „was ich schon immer nicht über meine Eltern wissen wollte“. Wie in meinem letztjährigen ersten Festivalfilm steht auch hier Fingerfood auf der Speisekarte. Die Neuseeländer wissen einfach, wie man gute Splatterkomödien dreht. Ein Film, wie fürs Fantasyfilmfest gemacht.

The Philosophers – oder warum die Apokalypse besonders Dichtern Kopfschmerzen bereitet

Eine Schulstunde in einer englischen Schule in Jakarta. Auf dem Stundenplan steht Philosphie. Ein Gedankenspiel. Was tun, wenn die Apokalypse vor der Tür steht und man einen Bunker mit nur 10 Plätzen für 20 Schüler hat. Jeder von ihnen bekommt einen Beruf zugewiesen, dann sollen sie nach Nützlichkeit darüber abstimmen, wer rein darf.

Das Gedankenspiel wird dabei in schönen, edel gefilmten Bildern vor dem Panorama einer atomaren Apokalypse gezeigt. Dass der Film dabei nicht langweilig wird, liegt an seinem Humor. Wenn Ihr von Beruf Dichter seid und der Weltuntergang vor der Tür steht … na ja, viel Erfolg.
Gegen Ende wird der Film etwas zu belehrend, außerdem fehlt eine richtige Dramaturgie, teilweise plätschert er so vor sich hin und philosophisch in die Tiefe geht er auch nicht wirklich. Trotzdem fand ich ihn ganz in Ordnung. Kann man sich ansehen, viele in der Berliner Vorstellung sollen ihn aber auch schlecht gefunden haben.

Odd Thomas – oder ich sehe was, was du nicht siehst

Stephen Sommers verfilmt Dean Koontz. Ob das was werden kann? Ja, und zwar richtig unterhaltsam. Odd Thomas ist ein seltsamer junger Mann, der in der kleinen Wüstenstadt Pico Mundo wohnt, eine bezaubernde Freundin namens Stormy hat und dessen Vater der Polizeichef ihn immer wieder aus Schwierigkeiten holt. In die gerät er immer wieder, weil er tote Menschen sehen (aber nicht hören) kann. Die führen ihn immer wieder zu ihren Mördern, die Odd dann schlagkräftig zur Strecke bringt, was seinen Vater immer wieder in Erklärungsnöte bringt. Was Odd auch sehen kann, sind Dämonen, die sich am Leid von Menschen ernähren. Als diese Viecher Pico Mundo plötzlich überrennen, weiß Odd, dass eine Katastrophe bevorsteht.

Die Stärke des Films sind seine beiden Hauptfiguren Odd und Stormy, die so liebevoll und skurril beschrieben werden, dass sie einem einfach sympathisch sein müssen. Odds Vorgehen wird konsequent, actionreich und sehr witzig inszeniert und die CGI-Effekte sind gut gelungen. Teilweise wirkt der Film schon etwas mainstreamig und vorhersehbar, aber das gelungene Ende, macht das wieder wett. Eine klare Empfehlung.

The Congress

In dem Film von Ari Folman (Waltz with Bashir) geht es um die Schauspielerin Robin Wright (die sich selbst spielt) und ihr letztes großes Engagement. Der alternde Star aus „Forest Gump“ und „The Princess Bride“, soll von ihrem Filmstudio Miramount komplett per Computer eingescannt werden, und diese virtuelle Robin Wright soll in Zukunft alle Rollen für sie übernehmen. Der erste und stärkste Teil des Films beschreibt die Zeit von diesem Angebot bis zum Einscannen. Dabei geht es vor allem um verblassenden Ruhm, falsche Entscheidungen, Wrights Kinder und die Beziehung zu ihrem Agenten (Harvey Keitel).
Das war für mich der beste Teil des Films, Robin Wright spielt großartig, Harvey Keitel hält einen tollen Monolog und ihr Familienleben wird sehr warmherzig und originell dargestellt. Außerdem ist es ein sehr witziger Seitenhieb auf die großen Hollywoodstudios und das Filmgeschäft.
Dann gibt es einen Bruch und die Zeichentricksequenzen fangen an. Das wirkt zunächst sehr beeindruckend und herrlich durchgeknallt, wie ein LSD-Trip, den Ralph Bakkshi entworfen hat. Für meinen Geschmack zieht er sich aber zu lange hin. Zwischendurch fand ich den Film total langweilig und am Ende auch nicht ganz stimmig. Keine Gurke, durchaus ein guter Film, für mich aber stellenweise zu langweilig und verwirrend, mit zu großen Brüchen in der Handlung.

In der Wiederholung wurde der Film, anders als am Eröffnungsabend, mit dem neuen Atmos-Sound von Dolby gezeigt, der mit seinen bis zu 160 Tonkanälen (in diesem Film waren es 48 oder so) tatsächlich ein sehr beeindruckendes Hörerlebnis erzeugt. In Berlin gibt es bisher nur drei Kinosäle, die dieses Soundsystem eingebaut haben.

Inwiefern der Film etwas mit der Vorlage von Stanislaw Lem zu tun hat, kann ich nicht sagen, da ich diese nicht kenne.

Europa Report

Eine bemannte Weltraummission zum Jupitermond Europa, rund um die Uhr gefilmt mit Big-Brother-Kameras. Doch nach einem Zwischenfall bricht der Kontakt zur Erde ab. Erst nach Ende der Mission bekommen die Zuschauer auf der Erde (also wir) das Filmmaterial zu sehen.

Found Footage wird vor allem gemacht, um kostengünstig zu produzieren, oft kommt dabei unlogischer Murks heraus. Bei „Europa Report“ geht das Konzept aber auf. Das Filmmaterial wirkt authentisch und man hat das Gefühl hautnah bei der Mission dabei zu sein. Dabei ist die Geschichte frei von dem ganzen Hollywoodmist mit Beziehungskisten und Bösewicht. Die Astronauten verhalten sich erstaunlich kompetent und erfrischend sachlich. Trotzdem gibt es einige spannende Szenen.

Europa Report ist beste und faszinierende Hard-SF, die auch aus der Feder von Ben Bova stammen könnte. Nach den ganzen Action-SF-Filmen des Jahres eine willkommene Abwechslung. Endlich mal wieder realistische SF.

I Declare War

Krieg der Knöpfe mit schwerem Geschütz. Eine Gruppe von Kindern spielt mit aus Holz zusammengebastelten Waffen, die in ihrer Fantasie zu echten Waffen werden, Krieg im Wald. Zwei Gruppen, zwei Basen, Capture the Flag und ganz viel zwischenmenschliches Beziehungsgeflecht unter den Kindern, von denen jedes seine eigenen Gründe hat, an der Schlacht teilzunehmen.
Der Film ist richtig gut, die Kinderdarsteller sind großartig und die Handlung wirklich spannend inszeniert. Jedes Kind hat seinen eigenen vielschichtigen Charakter, was von den Darstellern super rübergebracht wird. Ein Film für all diejenigen, die sich einen Teil ihrer Kindheit bewahrt haben und noch wissen, wie es ist, mit Spielzeuggewehren durch den Wald zu robben.

Haunter

Hier will ich nicht zu viel verraten. Edel gefilmter sehr spannend und gruselig inszenierter Haunted-House Film, mit viel Liebe zum Detail, bei dem nicht alles so ist, wie es scheint. Es konzentriert sich alles auf die von Abegail Breslan gespielte 16-jährige Haupfigur, die The Smith, The Curé und David Bowie hört (der Film spielt in den 80ern) und deren Bruder Packman spielt. Und Breslan überzeugt auf der ganzen Linie. Eine klare Empfehlung, auch wenn mir etwas gefehlt hat, dass ich nicht näher definieren kann.

In the Name of the Son

Das ist er also, der Film, wegen dem ich aufs Fantasy Filmfest gehe – der bitterböse, provokante Kracher, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Empfehlung vom Katholischen Filmdienst bekommen wird.
Eine bitterböse und tiefschwarze Komödie über Kindesmissbrauch und den Verlust des Glaubens einer tiefreligiösen Frau an die Institution der Kirche, die ihre Rache an den pädophilen Priestern – von denen einer ihren Sohn in den Selbstmord getrieben hat – selbst in die Hand nimmt.
Für mich bisher der beste Film des Festivals, bei dem einem das Lachen mehr als einmal im Halse stecken bleibt.

Nachtrag zu In the Name of the Son: hier war übrigens der Regisseur anwesend und hat sichtlich nervös aber durchaus sympathisch fleißig Fragen beantwortet.

Ich hänge mit meinen Kurzkritiken etwas hinterher, da ich in den letzten beiden Tagen noch meine Bachelorarbeit (die ich morgen abgeben werde) druckfertig machen musste.
Deshalb verweise ich beim Film Byzantium nur auf die Rezension vom Wortvogel (http://wortvogel.de/2013/08/fantasy-filmfest-2013-5-byzantium/), der ich mich hundertprozentig anschließe, und merke noch an, das Saoirse Ronan mal wieder eine beeindruckende Leistung abliefert. Allein wegen ihr hat sich der Film schon gelohnt.

Wrong

Ein knallhartes Entführungsdrama. Paul ist verschwunden und sein bester Freund Dolph gerät auf seiner verzweifelten Suche an den dubiosen Master Cheng. Schon bald brennt ein Auto, es fließt erstes Blut und es gibt einen Toten. Dolph findet sich in einem Strudel aus Sex, Verrat und Tannebäumen, kommt vom Regen in die Traufe und steckt so richtig in der Scheiße. „Wrong“ macht alles richtig und schickt den Zuschauer auf einen Psychotrip bis in die tiefsten inneren Abgründe. Muss man gesehen haben. Vor allem wenn man sich fragt, warum der eigenen Wecker nach 7:59 Uhr nicht auf 7:60 umspringt.

Drug War

Johnie To liefert wie immer einen erstklassigen Film ab. Anfangs sehr ruhig, fast wie eine Dokumentation vom Polizeialltag einer Anti-Drogeneinheit in der chinesischen Provinz. Dabei aber sehr unterhaltsam mit gutem Humor. Am Ende gibt dann aber noch die gewohnte Johnie-To-Schießerei, die wie immer ihresgleichen sucht. Diesmal nicht mit arschcooler Ästhetik überstilisiert wie in “Election” “Vengeance” oder “Exile”, sondern so knüppelhart und grausam, dass dem Publikum mehr als einmal ein ungläubiges Keuchen entfuhr (eher wie bei “Breaking News”). Bekommt von mir 9 von 10 Hahas

Love Eternal

Ruhiges Drama um einen sensiblen jungen Mann, der regelmäßig Damenbesuch erhält und sich am liebsten mit dem Tod beschäftigt. Dem Wortvogel Torsten Dewi hat er überhaupt nicht gefallen, ich fand ihn ganz schön und teilweise auch lustig. Tolle Filmmusik und einige makabre Szenen. Eigentlich ein tieftrauriges Drama, das viele vermutlich als langweilig empfinden werden.

Lords of Salem oder hässliche Hexen mit einer hygienischen Behinderung
Ein Film, der meine Erwartungen voll erfüllt hat. Denn durch die vielen schlechten Kritiken im Vorfeld rechnete ich bereits mit der wirren Hexenhokospus Gurke, in der es eigentlich nur darum geht, Sheri Moon Zombie in Szene zu setzen. Sieht man einmal nicht Sheri Mono Zombie, dann tanzen verschrumpelte, hässliche Hexen nackt ums Feuer oder spucken Neugeborenen ins Gesicht. Von Rob Zombie hatte ich mehr erwartet als ein lahmer Aufguss alter Hexen und Satanskinderfilme wie „Rosmary’s Baby“. „Lords of Salem weißt nicht den geringsten Funke Originalität auf. Hat man alles schon gesehen, und zwar besser, spannender und gruseliger.

Dirty Weekend

… ist eine witzige, schwarze low Budget Komödie um einen Lehrer, der seine Geliebte, die auch seine Schülerin ist, beim Romantikwochenende in Frankreich um die Ecke bringen möchte, was durch die Ankunft eines maskierten Verbrechers mit Goldschatz verkompliziert wird.

You’re Next

… ist ein knallharter Home-Invasion Thriller, der so richtig den Saal gerockt hat. Klare Empfehlung. Familienfeier auf einem abgeschiedenen Anwesen, das bald von maskierten Armbrustschützen Besuch erhält. Daraus entwickelt sich ein brutaler Survivalthriller, bei dem eigentlich nur eine Person Überlebensinstinkt entwickelt und damit zum Alptraum für die Killer wird. Sauspannend und mit vielen Schockmomenten. Der schreckhafte Zuschauer neben mir fuhr mehr als einmal zusammen und hat ängstlich die Hände vor die Augen gehalten.