Meine Woche 20.01.2023: Triaden, Tiraden und Winterimpressionen

Heute gibt es ganz viele Winterbilder. Die schönsten Fotos finden sich ganz unten bei meiner dritten Winterwanderung. Dazu empfehle ich eine Doku-Serie über Triaden und bespreche die Filme Früher Frühling und Killers of the Flower Moon, äußere mich zur Trump-Lage nach der ersten Vorwahl und stelle ein ganz tolles Video von MGMT vor.

Doku

Triaden – Die chinesische Mafia auf dem Vormarsch

Diese dreiteilige Doku über die chinesischen Triaden liefert unglaubliche Einblicke in das Wirken der kriminellen Organisationen. Zum einen mit einem historischen Rückblick mit den Anfängen als Bauernbewegung und den Verstrickungen mit der Kuomintang und der Errichtung der Diktatur in Taiwan (und deren Fall). Zum anderen aber auch mit Blick auf ihr aktuelles Schaffen. Und da liegt auch der Knackpunkt der Doku. Was sie an Informationen zu bieten hat, ist reichlich und superinteressant. Wenn ehemalige Triaden-Mitglieder zu Wort kommen, habe ich da auch kein Problem mit. Aber wenn die aktuellen Anführer gefilmt und interviewt werden, frage ich mich, ob sich die Journalisten hier nicht zu Komplizen machen, was die Außendarstellung dieser Männer angeht. Die plaudern hier fröhlich aus dem Nähkästchen, vor allem was ihre Jugendjahre und die Anfänge in den Triaden angeht, aber sie tun das alles mit Stolz und ohne einen Hauch von Selbstkritik. Das liefert vermutlich nie dagewesene Einblicke hinter die Kulissen, kommt aber mit einem faden Beigeschmack daher. Trotzdem eine sehr sehenswerte Doku, die ich allen, die sich für die jüngere Geschichte Chinas, Hongkongs und Taiwans interessieren, nur ans Herz legen kann.

Die chinesische Regierung benutzt die Triaden, um demokratischen Widerstand in Hongkong zu unterdrücken, Dissidenten im Ausland zu überwachen und einzuschüchtern, Politik und Wirtschaft in anderen Ländern zu unterwandern und zahlreiche Regionen zu destabilisieren. Und das oft mit Erfolg. Es ist ein düsteres und erschreckendes Bild, das diese Doku zeichnet. Gerade Vorzeigedemokratien wie Taiwan und Kanada sind tief in den Sumpf der Triaden verstrickt.

Und ich bin erstaunt, dass sie keinerlei Medienecho hervorgerufen hat. Ich habe keine einzige Besprechung zu ihr finden können.

Mir ist schon einiges über die Triaden bekannt gewesen, aber das Ausmaß an politische, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verstrickungen war es nicht und schockiert mich. Allerdings endet die dreiteilige Doku auch mit einer interessanten Pointe, wenn festgestellt wird, dass China durch seine Unterstützung des Fentanyl-Exports in den Westen eine Art umgekehrten Opiumkrieg führt.

Arte-Mediathek

Artikel

Endlich Millionär: Warum die Lebenslotterie Erbe akzeptiert wird

Interessanter Artikel von Frank Jödicke bei Telepolis über die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn, die 90 Prozent ihres Erbes mittels Bürgerrat verteilen möchte und damit unser bisheriges Erbschaftssystem in Frage stellt und aufzeigt, dass das System von Reichen für Reiche geschaffen wurde.

Musik

MGMT – Nothing To Declare

Das erste Album von MGMT, Oracular Spectacular, habe ich mir 2007 gekauft und recht häufig gehört, in den letzten Jahren allerdings nicht mehr so oft. Und die Band habe ich aus den Augen bzw. Ohren verloren. In Little Dark Age hatte ich 2018 reingehört, da ist bei mir aber nichts hängen geblieben.

Jetzt sind sie mit neuem Video zurück. Der Song Nothing to Declare ist ganz nett geworden und passt perfekt zum ganz wunderbaren Video mit Inga Petry. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, schaut es euch einfach an. Die lässige Beiläufigkeit, mit der es von Joey Frank inszeniert wurde, ist toll.

Politik

In Iowa hat Donald Trump die republikanischen Vorwahlen mit einer absoluten Mehrheit von 51 Prozent gewonnen und klargestellt, dass er die Republikanten fest im Griff hat. Die Chance, dass er der nächste Präsident der USA wird, stehen meiner Einschätzung nach bei 70 Prozent. Nachdem das Land die ersten vier Jahre unter ihm zumindest oberflächlich betrachtet noch halbwegs überstanden hat, dürfte seine Wiederwahl das Ende der amerikanischen Demokratie bedeuten. Das politische System und die Gesellschaft der Vereinigten Staaten sind sowieso schon kaputt, aber das wäre eine Wahl mit Folgen für die ganze Welt.

Denn es würde das Ende der Ukraine bedeuten, wenn die USA ihre Unterstützung zurückzieht. Und China dürfte in Taiwan einmarschieren, wenn klar ist, dass die USA als Schutzmacht wegfallen. Von der Lage im Nahen Osten, ganz zu schweigen. Der Westen und die Nato als halbwegs stabiles Bündnis würden endgültig zerfallen und es dürften düstere Zeiten für die gesamte Welt anbrechen. Denn die Frage wird nicht mehr lauten, wohin sich die Demokratie noch ausbreiten wird, sondern, wo sie sich noch wird halten können.

Meinem Eindruck nach stecken Europa und Deutschland weiterhin den Kopf in den Sand und bereiten sich überhaupt nicht darauf vor, dass Trump wiedergewählt werden könnte. Wie in der Klimakrise herrscht hier wohl eher magisches Wunschdenken.

Filme

Früher Frühling (Sōshun, 1957)

Ein junges Ehepaar, das bereits ein Kind verloren hat. Er schlechtbezahlter Angestellter, der gerne mit seinen Freunden einen draufmacht, sturzbetrunkene Kameraden vom Veteranentreffen mitbringt und eine Affäre anfängt. Sie unglücklich in der Ehe, muss ihm hinterherräumen; bekommt gemeckert, wenn kein Essen auf dem Tisch steht, wenn er nach Hause kommt; steht es doch da, hat er keinen Hunger.

Arrangierte Ehe ist hier zu keinem Zeitpunkt Thema, es geht um andere Themen, vor allem ist der Film ein Beziehungsdrama, aber auch eine kritische Reflexion über das Angestelltenleben in Tokio und die Sorgen des Salaryman. Im Prinzip ein Slice-of-Life-Film, in dem das Büroleben und die Freundschaft unter den Kolleg*innen überraschend viel Raum einnimmt. Insgesamt ist das Hauptensemble viel jünger als in den anderen Filmen (die Kinder in Guten Morgen mal ausgenommen).

Der Film etwas zu lang geraten und enthält einige langweilige Szenen, kann aber mit seinem – für Ozu-Verhältnisse – abwechslungsreichen Thema überzeugen. Auch wenn manche Szenen etwas gestellt wirken, als wären sie nur eingebaut, um philosophische Betrachtungen zur japanischen Arbeitskultur einzubringen. Die Leistungsgesellschaft und das harte Angestelltenleben werden sehr kritisch betrachtet. Während das Leben auf dem Land und außerhalb der Kaisha (der großen Firma) entspannter daherkommt. Und damit trifft Ozu den Nagel auf den Kopf, denn genau diese Arbeitskultur trägt heute mit dazu bei, dass die Geburtenrate in Japan so niedrig ist und viele Männer das Interesse an echten Frauen* verloren haben.

Allerdings ist es auch eine Beweihräucherung der klassischen Ehestruktur und damit des Patriacharts, das hier schließlich zum Happy End führt.

Fun Fact Chishū Ryū spielt hier nur eine kleine Rolle ganz am Anfang und am Ende, und sieht viel jünger als in den anderen Ozu-Filmen aus, inklusiver derer, die fast 10 Jahre älter sind. Aber seine ehemaligen Kolleg*innen meinen, er wäre alt geworden.

*echte Frauen im Vergleich zu Idols, Pornos, Animefiguren usw.

Gibt leider keinen ordentlichen Trailer

Killers of the Flower Moon

Unpopular Opinion: Ich fand den stellenweise ziemlich langweilig. Das ist natürlich eine wichtige Geschichte, die er erzählt, aber mit Hale und Burkhardt liegt mir der Fokus zu sehr auf den Tätern. Der Film schafft das Kunststück, gleichzeitig zu lang und zu kurz zu sein. Zu lang, weil für mich unterwegs manchmal der Drive verloren ging und ich mich tatsächlich gelangweilt habe. Zu kurz, weil er trotz seiner dreieinhalb Stunden die Komplexität der Ereignisse und der Sachbuchvorlage nicht mal ansatzweise erreicht. Eine Serie mit sechzehn Stunden wäre der Geschichte vielleicht gerechter geworden.

So werden viele wichtige Themen angerissen, aber nicht weiterverfolgt. Wer die Buchvorlage gelesen hat, erkennt und versteht sicher noch mehr, von einfachen, aber vielsagenden Blicke de Niros zu Beginn bis zu den Verstrickungen der ganzen Personen untereinander. Ich habe das Buch letztes Jahr gelesen und fand es großartig, vielleicht trägt das aber auch dazu bei, dass ich den Film nicht so genießen konnte.

Lily Gladstone spielt großartig mit ihrer zurückgenommenen Art, dem leichten Lächeln und ihren Blicken. Insgesamt sind mir aber sowohl die Osage als auch die Ermittler zu wenig im Fokus.

Auf meinem Blog habe ich zwei weitere Filme für den Japanuary besprochen.

Winterimpressionen

Der erste Winterspaziergang

Hier im Westerwald lagen wir genau in dem Streifen Mitteldeutschlands, in dem der meiste Schnee gefallen ist. Vor allem an zwei Tagen schneite es besonders heftig mit jeweils um die 15 Zentimetern Neuschnee. Hier mein erster Winterspaziergang nach dem ersten Schneefall im Wald direkt vor meiner Haustür. Die Bildbeschreibungen im Alt-Text fallen recht knapp aus, weil es so viele Fotos sind.

Zwischenspiel

Bevor der zweite starke Schneefall losging, gab es ordentlich Eisregen. Das sorgte am nächsten Tag dafür, dass ich den hohen Schnee zwar schnell weggeschippt bekommen habe, darunter aber eine dicke Eisschicht zum Vorschein kam, die ich nur mit dem Spaten abgekratzt bekommen habe. Und das auch nur auf dem Bürgersteig. Auf den Verbundsteinen unserer langen Hofeinfahrt war sie so festgefroren, dass ich nur einen schmalen Laufweg freihauen konnte.

Das Auto komplett mit einer Plane abzudecken war auch nicht unbedingt die beste Idee, denn auf der Plane lag auch eine dicke Eisschicht. Unter ihr war sie am Auto festgefroren wie mit Sekundenkleber. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, bis sich sie vollständig und mit einigen neuen Löchern vom Auto lösen konnte.

Der zweite Winterspaziergang

Am Tag nach den zweiten heftigen Schneefällen, der Himmel ist von Wolken bedeckt. Der Schnee liegt dick auf den Bäumen und ist aufgrund der frostigen Temperaturen festgefroren und hat nicht wenigen Bäume durch sein Gewicht umgeknickt. Da ich teils bis zu 30 Zentimeter im Schnee eingesunken bin, war dieser Spaziergang ziemlich anstrengend, hat aber aufgrund seiner Winterwunderlandschaft richtig Spaß gemacht.

Zweites Zwischenspiel

Ich fotografiere ja vor allem von zu Hause aus. Das wilde Schneetreiben und die verschiedenen Lichtverhältnisse sorgen dabei für schöne und abwechslungsreiche Fotos, obwohl es immer dieselben Motive sind.

Der dritte Winterspaziergang

Meine dritte Winterwanderung habe ich bei strahlendem Sonnenschein und Minusgraden durchgeführt. Über die Landstraße, die an unserem Dorf vorbeiführt und durch eine Unterführung unter der A48 in den Wald, der zwischen den nächsten beiden Kleinstädten liegt, zu den sogenannten Landshuber Weihern. Auf 80 Prozent der Strecke hat ein Traktor oder ein ähnliches Gefährt zwei breite Spuren in den 30 Zentimeter tiefen Schnee gefahren. Der Rest, auf den kleineren Pfaden, war schon von anderen Spaziergänger*innen plattgetreten, so dass die Wanderung nicht so anstrengend war.

Das Wetter war einfach herrlich. Die Landschaft im glitzernden Schnee versunken wunderschön.

Damit dürfte mein Speicherplatz bei WordPress jetzt fast aufgebraucht sein. 🙂
Ich bin richtig froh, diese Spaziergänge gemacht zu haben, denn heute ist der letzte Wintertag. Ab morgen heißt es dann: Return of the Siffwetter. Dann wird sich im Laufe der Woche alles in ekligen Matsch verwandeln. Die Fotos der drei Wanderungen habe ich alle mit meinem Smartphone gemacht, da ich bei dem Wetter nicht die teure Kamera mitschleppen wollte.

Meine Woche 03.12.2023: Winterwunderland, Past Lives und Aufregung in der Buchbranche

Es geht nach Japan, Indien, Südkorea und Marrakesch, es wird bluesig mit Beth Hart, aktivistisch mit Nan Godin, steampunkig mit der Library Ladder und furios mit Furiosa. Ich freue mich über die kleinen Dinge des Lebens und schwelge in vergangenen Leben. Filme, Dokus, Trailer und jede Menge Fotos.

Collage aus vier Bildern. Von links oben: 1. Bäume bei nacht im Schnee. 2. Ein Paar, das auf einem Bett liegt, er mit dem Rücken zur unverputzten Wand rechts, sie liegt links auf ihrer rechten Seite. 3. Szene aus dem Film "Spätherbs", eine junge Japanerin blickt in die Kamera. 4. Szene aus dem Film "Past Lives", Straße in südkorea, rechts führt eine Treppe hoch, links führt die Straße leicht abschüssig weiter. Ein Mädchen geht die Treppe hoch, eine Junge die Straße weiter.

Worüber ich mich freue

Winter

Na ja, für die Heizkosten ist das jetzt nicht gut, und der frühe Wintereinbruch ist auch nervig und anstrengend, aber ich liebe die weiße Winterlandschaft. Mäßiger Schneefall hieß es im Wetterbericht für Montag. Und nimmt man den Flockdown pro Minute, war das wohl auch mäßig. Nur schneite es von 8.00 Uhr morgens bis 22.00 Uhr abends und am Ende waren es über 20 Zentimeter. An dem Tag habe ich zweimal Schnee geschippt, und es war beide Mal superanstrengend. Eigentlich mache ich das gerne, aber der Schnee war nass und schwer und blieb ständig an der Schaufel kleben. Außerdem war es so viel, dass ich irgendwann nicht mehr wusste, wohin damit. Dazu sei gesagt, wir haben einen langen Bürgersteig sowie eine lange und breite Einfahrt, die es freizuräumen gilt. Folgte in den letzten Jahren meist Tauwetter auf heftigen Schneefall, war dieses Mal eine längere Frostperiode gemeldet und bereits am nächsten Tag wurde der Schnee hart. Ich wohne hier auf dem Dorf, zu den nächsten Ortschaften geht über von Wäldern gesäumte Landstraßen. Und da am Montag viele Bäume durch den schweren Schnee umgefallen sind, herrschte hier im Westerwald ziemliches Chaos. Stromausfälle gab es auch.

Leider finde ich keine Möglichkeit, zu den Fotos hier unten einen Alternativtext zu schreiben. Sie zeigen alles unser Gründstück aus verschiedenen Perspektive bei Tag und bei Nacht im Schnee.

Was ich noch mehr liebe als den Winter, sind Spaziergänge im Schnee. Das Schneewegschaufeln war die ersten beiden Tage so anstrengend und zeitaufwendig, dass ich erst am dritten Tag gegangen bin. Da dürfte es im Wald auch nicht mehr so gefährlich gewesen sein. Denn, wie schon erwähnt, der Schnee war richtig schwer, so viele umgestürzte Bäume auf einmal habe ich noch nie auf der Strecke gesehen, die ich seit Jahrzehnten gehe.

Lebkuchen

Normalerweise esse ich ab November die industriell gefertigten Lebkuchen mit Schokoladenglasur aus dem Aldi, die schmecken ganz gut. Aber kein Vergleich mit dem selbstgebackenen Lebkuchen meiner Mutter.

In Stücke geschnittener Lebkuchen mit Schokoladenglasur.

Unsere Eichhörnchen

Die Eichhörnchen kommen auch im Schnee vorbei, selbst bei Minustemperaturen, um sich ihre Walnüsse abzuholen. Aber nicht so häufig, wie bei schönerem Wetter. Mir scheint, sie arbeiten Teilzeit und nur vormittags. Das erste Bild wurde mit einer Wildkamera im Garten aufgenommen. Das Eichhörnchen blickt auf den zugefrorenen Teich.

Eichhörnchen im Schnee. Es steht direkt links vor der Kamera, und blickt von der Kamera weg auf den zugeschneiten Teich und den Garten drumherum. Wir haben fast seine Perspektive.

Dokus

Bad Woman Blues – Beth Hart

Kurzes, aber doch aufschlussreiches und interessantes Porträt der amerikanischen Sängerin Beth Hart, das jetzt nicht ihre komplette Karriere im Detail schildert, aber einen guten Eindruck von ihr vermittelt. Ich muss gestehen, ich kannte sie gar nicht. Falls mir ihre Musik mal begegnet sein sollte, habe ich sie nicht weiter beachtet. Dabei ist das ganz tolle Musik. Aber Blues ist nicht so ganz meins.

3Sat-Mediathek

Hotel-Legenden (1/4): La Mamounia in Marrakesch

Ich liebe Hotels und Geschichten über und in Hotels. Mit Airbnb könnte ihr mich jagen. Zwar mag ich es, zu sehen, wie andere Menschen wohnen, sie also zu Hause zu besuchen, aber bitte ohne Übernachtung. Und schon gar nicht in fremden Wohnungen. Da ziehe ich tatsächlich die sterile Anonymität von Hotels vor. In Filmen, Serien und Büchern sind Hotels wunderbare Orte der Begegnung. Und in der Geschichte waren sie das auch. So z. B.. das La Mamounia in Marrakesch, wo einst Winston Churchill regelmäßig residierte. Die Geschichte rund um den Künstler Jacques Majorelle und wie er das Hotel geprägt hat ist faszinierend.

Die Doku gibt es jetzt in der Mediathek von Arte, drei weitere Hotels folgen noch.

Indiens unbekannter Südosten: Götter, Karma, Tempelhaar

Es gibt sehr viele Länder, für dich ich mich interessiere. Mit seinen extrem vielfältigen Kulturen und zahlreichen Sprachen steht Indien auf der Liste ganz oben. Mit Indiens unbekannter Südosten ist in dieser Doku der Bundesstaat Tamil Nadu mit seiner Hauptstadt Pondicherry gemeint – ehemals Französisch-Indien. Auch wenn es sich um eine NDR-Produktion handelt, wurde die Doku erfrischenderweise von einer indischen Regisseurin (Roopa Rao) gedreht und zeigt das Leben einfacher Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Kauf und Verkauf von Echthaar verdienen. Dazu eine junge Tauchlehrerin, die jungen Mädchen das Tauchen in einem Land beibringt, in dem gerade einmal ein Prozent der Bevölkerung schwimmen kann.

Arte-Mediathek

Youtube

Mr. Nippon in Okinawa

Tobi alias Mr. Nippon war in Okinawa unterwegs und im Dorf Ogimi auf der Hauptinsel Hontou, wo die meisten Einwohner ein Alter von um die 100 Jahren erreichen. Dem Geheimnis dieser Langlebigkeit ist er auf der Spur.

Who Put the „Punk“ in Steampunk? The Roots of Steampunk

Ein besseres Video über Steampunk werdet ihr wohl aktuell nicht finden. The Library Ladder geht ausführlich auf die Anfänge des Genres ein und stellt einige Abenteuerserien vor, die als Vorläufer gelten können und mir bisher nicht bekannt waren. Dazu arbeitet er gut heraus, dass Steampunk als Rebellion gegen das Science-Fiction-Establishment begann, mit Autor*innen, die ihre Redakteure herausforderten, in dem sie SF schrieben, die nicht in der Zukunft spielt, sondern in der Vergangenheit. Das Video weist aber auch gut auf die Widersprüchlichkeit des Genres und die damit einhergehende Identitätskrise hin. Wobei es vor allem um die Wurzeln des Genres geht. Zum aktuellen Stand gibt es in den letzten fünf Minuten aber auch noch einen interessanten Abriss.

The Essential Japanese Cinema

Ist schon ein Jahr alt, aber trotzdem ist der Video-Essay von The Cinema Cartography zum japanischen Kino sehr sehenswert. Auch wenn der Beitrag schon etwas zu überfrachtet wirkt, mit der Fülle an Filmen, die teils in schneller Abfolge erwähnt werden. So ganz konnte ich der Argumentation auch nicht immer folgen. Trotzdem habe ich eine Menge Filmtipps mitgenommen. Leider werden die Filmtitel nicht eingeblendet, aber fleißige Zuschauer haben sie in den Kommentaren aufgelistet.

Filme

Spätherbst (Akibiyori)

Zehn Filme Ozus gibt es in der Arte-Mediathek, jeden Sonntag schaue ich mir einen an, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern einfach so, wie sie in der Arte-App gelistet sind. Letzten Sonntag war Spätherbst dran, der mit der Trauerfeier für Herrn Miwa beginnt, der drei Freunde, eine Frau und eine erwachsene Tochter hinterlässt. Und dass diese beiden (wieder) verheiratet werden, haben sich die drei alternden Freunde zur Aufgabe gemacht. Ob die Frauen das wollen, oder nicht.

Im Prinzip geht es in dem Film um die Aufrechterhaltung des Patriarchats, bei der sich die alten Männer mehr als übergriffig verhalten, was den Frauen im Film deutlich anzumerken ist, und die drei erhalten dann auch einen Anschiss von einer Freundin der Tochter, aber am Ende gibt es doch eine Hochzeit. Trotzdem hat mir der Film noch besser als Guten Morgen und Die Reise nach Tokio gefallen, weil ständig was passiert, eine schöne Dynamik im Gang ist, mit psychologisch feinfühligen Beziehungsgeflecht.

All the Beauty and the Bloodshed

Dieser Film porträtiert zum einen das bewegte Leben der Fotografin Nan Godin, die unter anderem die AIDS-Krise in der Kunstszene New Yorks der 80er miterlebt hat; zum anderen begleitet er die Aktivistin in ihrem Kampf gegen die Sackler-Familie, die mit ihren Machenschaften rund um das Schmerzmittel Oxycontin für mehr als eine Million tote Menschen in den USA verantwortlich ist. Mir gefällt vor allem, wie viel Raum ihre Fotografien einnehmen.

Past Lives

Erzählt von Na-young, die als Jugendliche mit ihren Eltern aus Südkorea nach Kanada auswandert und ihren besten Freund zurücklassen muss. Viele Jahre später nehmen sie wieder Kontakt zueinander auf und treffen sich, haben aber auch ihre eigenen Leben. Unaufgeregt und klischeefrei, ohne tragisches Sich-Verpassen oder schicksalhafte Begegnungen, versteht es der Film, eine Geschichte der Annäherung mit den vergangenen Leben zu schildern, die wir eigentlich hinter uns gelassen haben, die uns aber nie so ganz loslassen wollen. Großartiger Film.

Trailer

Furiosa: A Mad Max Saga

Nachdem ich als sehr junger Jugendlicher die ersten drei Mad-Max-Filme gesehen habe, die aus Australien stammten, dachte ich 30 Jahre lang, Mel Gibson sei Australier. Die Filmreihe hat mich also durchaus geprägt. Als der vierte Teil angekündigt wurde, hielt sich meine Erwartungen in Grenzen, im Kino habe ich ihn dennoch gesehen. Und er hat mich umgehauen. Was für ein energiegeladenes, brachiales visuelles Kunstwerk! Furiosa, ebenfalls von George Miller inszeniert, erzählt die Vorgeschichte der im Vorgänger von Charlize Theron gespielten Figur.

Ich weiß noch nicht so recht, was ich von dem Trailer halten soll. Der Überraschungseffekt ist natürlich weg. Das Color-Grading ist gewöhnungsbedürftig, habe das Gefühl, dass hier Sachen künstlich aussehen, die gar nicht auf der Live-Stage gedreht wurden (oder wurden sie es doch und der Film macht jetzt den Hobbit?). Denke aber schon, dass ich ihn mir wieder im Kino ansehen werde.

Buchbranche

Diese Woche machte eine Meldung die Runde in meiner Buchbubble, die mich doch etwas fassungslos machte. Dass es Druckkostenzuschussverlage gibt, und dass die nicht seriös sind, ist bekannt. Das Geld fließt immer vom Verlag zu den Autor*innen, nie umgekehrt. Außer bei Ravensburger. Eigentlich ein etablierter und renommierter Verlag. Doch auf dessen Webseite stand, dass man für die Prüfung eines eingesandten Manuskriptes doch bitte 35 Euro an eine externe freiberufliche Lektorin überweisen solle. Die steht dort sogar mit Klarnamen und Kontodaten!

Wenn ein Verlag Bücher von Autor*innen veröffentlichen möchte, ist es seine Aufgabe, diese zu finden. Klar gibt es eine Fülle an unverlangt eingesandten Manuskripten, die kaum zu bewältigen ist. Und ich möchte gar nicht wissen, was da jetzt noch an ChatGPT-Einsendungen hinzukommt, aber das ist kein Grund, hier hoffnungsvollen, unerfahrenen Nachwuchsautor’innen Geld abzuknöpfen, ohne das eine wirkliche Gegenleistung besteht. Absolut unseriös! Ich hoffe, das wird dem Verlag noch auf die Füße fallen.

Inzwischen ist der Verlag wohl insofern zurückgerudert, dass es auf der Webseite wieder geändert wurde, geäußert hat sich Ravensburger dazu aber nicht.

Verstorben

Shane MacGowan ist diese Woche verstorben. Einer von Irlands größten Dichtern und Sänger der Pogues. Deswegen hole ich nochmal meinen Text zur Doku über ihn, die im März auf Arte lief, hervor:

Crock of Gold: A Few Rounds with Shane MacGowan

Eine faszinierende Doku über einen Musiker, der mir mit seiner Band The Pogues zwar namentlich ein Begriff war, und von denen ich sicher schon mal Songs gehört habe, die trotzdem weitgehend an meinem Radar vorbeigegangen sind. Die Doku geht erstaunlich lange auf seine Kindheit ein und erzählt nicht nur seine Biografie, sondern teils auch eine musikalische Geschichte Irlands.

MacGowan selbst ist inzwischen körperlich ein Wrack. In einem Interview-Strang sitzt er mit Gerry Adams zusammen, der zehn Jahre älter ist, aber zehn Jahre jünger wirkt. Selbst MacGowans Vater wirkt mit über 80 noch fitter. Durch seine Nähe zur IRA ist MacGowan durchaus eine kontroverse Figur, seine Musik und die Texte sind aber unbestritten großartig. Mit ihrer wilden Mischung aus Irish Punk Folk haben die Pogues etwas ganz Eigenes erschaffen.

Die Doku konzentriert sich aber voll auf Shane MacGowan, aus der Band kommt niemand zu Wort, es geht auch nicht darum, wie sich die Musiker*innen kennengelernt haben, wie sie zusammengearbeitet haben usw. Es geht nur um MacGowan.

Anlässlich seines Todes ist die Doku bei Arte wieder in der Mediathek verfügbar

Meine Woche 09.04.2023: Buchmarkt in Deutschland und Pornomarkt in Japan

Diese Woche gibt es eine abgespeckte Version des Wochenrückblicks nur mit Empfehlungen für Artikel, Radiobeiträge und Youtube-Videos. Serien habe ich keine beendet und keinen Film gesehen, den ich unbedingt empfehlen möchte. Ich wünsche euch schöne Feiertage!

Artikel und Radiobeiträge

Rechte „Literatur“ in Buchläden

Jana Stäbener berichtet für BuzzFeed darüber, wie schwer es für Buchhandlungen ist, Bücher von rechten Verlagen auszusortieren. Damit sind nicht die Titel gemeint, die im Laden selbst ausliegen, sondern jene, die über Großhändler wie Libri oder ein angegliedertes Portal wie Genialokal bestellt werden können. Solche Machwerke auszusortieren bzw. sich zu weigern, sie zu verkaufen, hat übrigens nichts mit Zensur zu tun, sondern mit Haltung und der Freiheit der Händler*innen, zu verkaufen oder nicht zu verkaufen, was sie nicht wollen und ethisch und moralisch für nicht vertretbar halten. Dem rechten Dreck darf keine Plattform geboten werden.

Radiofeature: Wie Bestseller den Buchmarkt prägen

Ach, schau an. Als ich mir den Link fürs spätere Anhören gespeichert habe, war mir noch gar nicht aufgefallen, dass dieses Radiofeature von Christian Blees stammt. Der hat mich letzten Montag für ein anderes Radiofeature beim Deutschlandfunk Kultur interviewt, das irgendwann im Sommer kommt. Ob ich es aber auch hineinschaffe, ist fraglich, da ich keine gute Figur abgegeben habe. Ist einfach nicht mein Ding. Als Textmensch fühle ich mich an der Tastatur wohl, nicht am Mikro.

In dem aktuellen Beitrag geht es um die Frage, wer entscheidet, was ein Besteller wird, und wie Besteller den Buchmarkt prägen. Die offensichtlichste Anwort: Die Leser*innen, ist nicht unbedingt auch die richtige, oder zumindest einzig richtige Antwort. Die Lage ist komplexer. Der Beitrag ist gründlich und erklärt, woher das Prinzip Bestsellerliste ursprünglich kommt und wie sie heute entstehen. Zwischendurch kommen immer wieder Buchhändler*innen zu Wort.

Ein paar harte Fakten: 1% der in Deutschland verkauften Bücher machen 50% des Umsatzes aus. 90% aller erhältlichen Titel verkaufen keine 100 Stück.

Aber kann ein Bestseller wirklich konstruiert werden? Da fragt ihr am besten bei Dirk Roßmann nach. 😉

In dem Beitrag geht es allerdings ausschließlich um die Perspektive des Buchhandels und der Verlage. Was das System Bestellerliste und die Konzentration des Umsatzes auf wenige Titel für die Autor*innen bedeutet, wird nicht erwähnt. Der Umsatz der Bestseller-Titel finanziert sicher einiges von den anderen Büchern quer, aber gerade für Midlist-Autor*innen wird die Luft immer dünner, die Höhe der Honorare sinkt (so weit ich das mitbekommen habe). Ich merke, dass bei den Verlagen, für die ich tätig bin und Gutachten verfasse. Wenn im gleichen oder letzten Jahr ein richtiger Besteller erschienen ist, ist es auch einfacher, Titel durchzusetzen, die vielleicht etwas ungewöhnlicher sind und nicht direkt wie Bestsellermaterial wirken. So zumindest mein Eindruck

Die besten Cyberpunk-Romane bei Bookriot

Die Seite Bookriot hat eine Liste mit den 22 besten Cyberpunk-Romanen aller Zeiten erstellt. Da sind die bekannten Klassike wie Snow Crash, Neuromancer und Altered Carbon drauf, Aber auch Titel, die eher überraschen, wie Future Home of the Living God von Louise Erdrich. Meine Empfehlung ist The Waste Tide von Chen Qiufan (hier besprochen).

Deutschsprachige Titel fehlen natürlich. Da möchte ich das kürzlich von mir besprochene Neongrau von Aiki Mira empfehlen. Und der Shadowrun-Roman Pesadillas von Maike Hallmann lohnt sich auch, wenn man kein Fan des Rollenspiels ist. Und natürlich Miami Punk von Juan S. Guse, das ich ebenfalls rezensiert habe.

Auch wenn aus Cyberpunk inzwischen eher Cybermonday geworden ist, für mich ist das Genre noch lange nicht tot. Was Cyberpunk ist, habe ich hier mal erklärt.

Klimakrise: „Fragt endlich nach dem Geld!“

Auf Zeit.de schreiben Vanessa Nakate und Luisa Neubauer darüber, wie das globale Finanzsystem die Klimakrise befeuert. Für kurzfristige Gewinne einiger gieriger Reicher wird weiterhin in fossile Brennstoffe und andere klimaschädliche Produkte investiert, ohne sich um die gigantischen Folgekosten der Klimakrise zu scheren. Konkrete und realistische Vorschläge zu dem, was getan werden kann, gibt es, allein es tut sich wenig.

Youtube

Senpai in Japan

Nachdem sich der Japan-Youtuber Nihongo mit dem Hans-Georg-Maaßen-Interview endgültig als rechtskonservative Socke entpuppt habt, schaue ich jetzt lieber die Videos von Mr. Nippon (siehe unten) und Senpai in Japan. Der hat diese Woche ein Video veröffentlicht, in dem er einfach ein paar Fragen von Zuschauer*innen beantwortet. Ist ein guter Einstieg zu seinem Kanal, um herausuzfinden, ob seine euch Art zusagt. Mir ist er sehr sympathisch.

Wie ist es, größter P*RNOSTAR in JAPAN zu sein?

Tobi von Mr. Nippon hat Japans wohl bekanntesten Pornodarsteller Ken Shimizu interviewt und einige interessante (und teils auch unerwünschte :)) Einblicke in die Branche erhalten. Der ist wohl wirklich der bekannteste, denn mir ist er in anderen Dokus auch schon begegnet. Aber Vorsicht, der hat einen sehr eigenwilligen Humor. Er ist auch in zwei Folgen der ausgezeichneten Netflix-Serie The Naked Director zu sehen.

Jack Edwards liest Pedro Pascals Buchempfehlungen

Der für mich wohl sympathischste, eloquentestes und mitreißenste Buchvlogger ist Jack Edwards. Er ist in seinen Buchbesprechungen nicht nur super unterhaltsam und witzig, sondern liefert auch kompakte und geistreiche Zusammenfassungen und Analysen der gelesenen Titel.

Fotos der Woche

Sonnenuntergang, Samstag, der 09.04.2023.

Auf der Birke direkt gegenüber von meinem Arbeitszimmer.

Ein Eichhörnchen von vorne fotografiert, hockt auf dem abgesägten Stumpf eines Birkenasts.

Meine Woche 19.03.2023: After Sonne und Beton, Buch- und Filmbesprechungen

Heute gibt es unter anderem großartige Filme wie After Sun, The Banshees of Inisherin und Leaving on the 15th Spring. Artikel zu Rassismus im Unterricht, Exklusivität bei Gamern und meine Rezi zu Felix Lobrechts Roman Sonne und Beton.

Artikel

Rassismus: Ulmer Lehrerin will wegen Roman nicht mehr unterrichten

Bei SWR Aktuell gibt es einen Beitrag über eine junge Lehrerin, die ihren Beruf nicht mehr ausübt, weil sie keine rassistische Lektüre im Unterricht durchnehmen möchte. Eine Einstellung, die ich nur bewundern kann. Wäre natürlich schön, wenn sich an der Situation etwas ändern würde, die ignorante Reaktion der Bildungsministerin lässt aber wenig Grund zu Hoffnung. Rassismus kann im Unterricht auch durchgenommen werden, ohne die Schüler*in mit vermeintlichen Klassikern zu konfrontieren, die rassistische Begriffe und Darstellungen zuhauf und völlig unreflektiert reproduzieren.

Schwierigkeitsgrade – “Gamer” und Exklusivität

Für 54 Books hat Aurelia Brandenburg einen ganz interessanten Artikel über Schwierigkeitsgrade und Exklusivität von Computer/Videospielen geschrieben, der aber eher einen Abriss über mehrere Jahrzehnte Spielekultur und Industrie darstellt. Ich spiele die Dark-Souls-Spiele übrigens nicht, weil mir inzwischen die Geduld für solch bockschweren Spiele fehlt, obwohl sie von Weltenbau, Atmosphäre und Story her eigentlich genau meine Fantasy sind. Geht mir aber mit allen zeitintensiven Spielen so. Und so geschickt wie früher bin ich als Spieler auch nicht mehr.

How Popular Is Anime In Japan, Really?

Für die Seite Unseen Japan ist Jay Allen der Frage nachgegangen, wie populär Animes in Japan eigentlich wirklich sind. Deutlich weniger, als es westliche Anime-Fans wohl vermuten. Unter 40% aller Japaner*innen schauen Animes. Finde ich superinteressant. Mein Interesse an Japan ist nicht durch Animes allein entstanden. Schon zuvor ging es mit Godzilla-Filmen los und parallel zum Anime, für den ich mich Anfang/Mitte der 90er zu interessieren begann, lernte ich die Filme von Akira Kurusawa und Takeshi Kitano zu schätzen, später dann auch von Sabu. Heute schaue ich zwar noch Animes, aber lang nicht so viel wie Realfilme und Serien aus Japan.

Tor Online

Meine SFF News: Ein ausführlicher Trailer zur 2. Staffel von Yellowjackets ist da. Außerdem: Das Programm der Metropol Con, Oscars für Everything Everywhere All At Once, die Finalist*innen der Nebula Awards und ein interessantes KI-Projekt von Emma Braslavsky.

Artikel der Woche: Im Zuge einer Berliner Ausstellung unter dem Titel „Leseland DDR“ habe ich den SF-Club Andymon nach den zehn besten Science-Fiction-Romanen der DDR gefragt. Hier die Antwort.

Blog

Serien

The Last Of Us

Das Highlight der Serie ist natürlich die grandiose Episode 3. Hätte nicht gedacht, dass mich die Folge einer Endzeit-Pilzzombieapokalypsenserie, die auf einem Videospiel basiert, und in der Nick Offerman einen Hardcore-Prepper spielt, mich zu Tränen rühren könnte. Die restlichen Folgen sind auch gut bis sehr gut, insgesamt ist mir das Endzeit-Szenario der Spielvorlage aber etwas zu dünn. Das hebt sich nicht ausreichend von anderen Genre-Vertretern ab, um mich über die gesamte Staffel zu begeistern. Ich habe die Serie gerne gesehen, aber bis auf Episode 3 hat sie mich jetzt nicht vom Hocker gehauen. Wie ein Freund auf Facebook es in etwa formulierte: Sie macht nichts, was nicht auch andere Endzeitserien machen, aber sie macht es besser.

Filme

Aftersun

»This is our last dance.«

Über die elfjährige Sophie, die mit ihrem ebenfalls noch sehr jungen Vater einen Urlaub in der Türkei verbringt. Über weite Strecken zeigt der Film, wie die beiden sich eine schöne Zeit machen, aber in kleinen Szenen schwingt immer wieder mit, dass bei dem Vater etwas nicht so ganz in Ordnung ist. Die Tanzszene kurz vor Schluss zu Queens »Under Pressure« ist der Hammer. Und alles, was danach kommt, geht vor allem durch sie so unter die Haut

Die große Stärke des Films liegt darin, dass er nichts auserzählt, nichts erklärt, sondern nur andeutet, mit Symbolik, mit dem, was zwischen den Zeilen steht, was nicht gezeigt wird. Und gerade deshalb ist er emotional so wirkungsvoll.

Mark Kermode fasst es gut zusammen, indem er sagt, Aftersun zu sehen, sei wie eine Erinnerung an etwas, das man selbst nicht erlebt habe, sich aber so anfühle. Und das liegt unter anderem daran, wie brillant er geschnitten ist. Ein sehr schöner, aber auch niederschmetternder Film. Das Langfilmdebüt von Charlotte Wells ist direkt ein kleines Meisterwerk geworden. Paul Mescal wurde für einen Osca nominiert, aber mein Highlight ist Fankie Dorie, die seine Tochter ganz wunderbar spielt.

Gibt es auf Mubi.

Leaving on the 15th Spring (Tabidachi no Shima Uta – 15 Go Haru)

Erzählt vom Leben auf einer kleinen Insel östlich von Okinawa und Yunas letztem Jahr dort, bevor sie für die Oberschule aufs Festland ziehen muss. Gelungene Mischung aus Coming-of-Age, leisem Familiendrama und dem Überlebenskampf der kleinen Gemeinschaft in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Ein richtig schöner Film, der das Leben auf dem Land in Japan nicht romantisiert, sondern zeigt, welche Nachteile es mit sich bringt.

Leider ist der Film in Deutschland nicht erhätlich (wie alle Filme von Yasuhiro Yoshida). Ich habe ihm auf den letzten Drücker auf der Webseite des Japanese Film Festival gesehen, wo er inzwischen abere nicht mehr verfügbar ist.

Der von Yuna gesundene Abschiedssong. Ganz tolles Lied!

Wonderwall (ワンダーウォール)

Schöner kleiner Indie-Film aus Japan, über ein seit 1913 bestehendes selbstverwaltetes Studentenwohnheim in Kyoto, das Ausgangspunkt vieler Studentenbewegungen war, dessen historisches Gebäude aber nun abgerissen werden soll, wogegen die Student*innen protestieren. Kein klassischer Spielfilm, mehr eine repräsentative Momentaufnahme. Für mich wären solche Wohnverhältnisse ja ein Albtraum, sympathisch finde ich es aber trotzdem. Heißt im Film Konoe Dorm, wenn ich das richtig recherchiert habe, basiert es auf dem real existierenden Yoshida Dormitory. Der Film zeigt auch, wie zurückgenommen Protest in Japan abläuft. Statt das Studentenbüro einfach zu besetzen, sprechen die Student*innen dort höflich vor und ziehen sich zurück, wenn sie wieder abgewiesen und vertröstet werden.

Ebenfalls beim JFF gesehen.

The Banshees of Inisherin

Nachdem ich den Trailer letztes Jahr gesehen habe, war das der Film, auf den ich mich für dieses Jahr am meisten gefreut habe. Vor allem, weil mich Three Billboards so umgehauen hatte. So ganz konnte der Filme meine Erwartungen nicht erfüllen, aber trotzdem ist er sehr gut. Erzählt wird von zwei Freunden auf einer kleinen Insel während des irischen Bürgerkriegs, von denen der eine plötzlich nicht mehr Teil der Freundschaft sein möchte. Vor allem geht es darum, wie kleine Konflikte völlig unnötig eskalieren können, aber auch, wie schwer es ist, jemanden auf einer Insel zu ghosten. Mir hat der Inselkosmos gefallen, und vor allem die Figur der Schwester, der die Kleingeistigkeit und Einsamkeit irgendwann zu viel wird. Sehr gut gespielt, mit den typischen skurrilen Figuren für einen solchen Film.

Gibt es jetzt bei Disney+.

Lektüre

Auch gelesen habe ich Die drei Fragezeichen und der Puppenmacher von André Marx. Vor allem, weil Kenneth wieder aus Irland zurückkehrt. Wollte wissen, was Marx daraus macht. Über weite Strecken fand ich die Geschichte um die Hochzeit in der Einöde nur mittelmäßig, doch am Ende gibt es einen schönen Twist, der alles, was vorher passiert ist, aufwertet. Der beste Marx-Roman seit langem, aber noch weit von seinen alten Stärken entfernt.

Sonne und Beton | Felix Lobecht

Halb autobiografischer Roman des Comediens Felix Lobrecht über das Aufwachsen in Neukölln. Man merkt dem Buch an, dass Lobrecht weiß, wovon er schreibt. Auch wenn der Begriff inzwischen etwas überstrapaziert wird, wirkt es authentisch. Aber das hier ist keine Milieustudie mit soziologischem Tiefgang und Einblicken wie bei Didier Eribon oder Édouard Louis. Lobrecht schildert ein paar Tage aus dem Leben des sechzehnjährigen Lukas, der mit seinen drei Freunden die Schule schwänzt, Gras kauft, in eine Prügelei verwickelt wird und vor allem rumhängt, kifft und säuft. Die Geschichte kreist um einen Einbruch in die eigene Schule, wo die Kumpels neue Computer abzocken wollen, um sie weiterzuverkaufen.

Sprachlich ist der Stil Standardprosa, die mit ihren wenigen Beschreibungen nicht wirklich auffällt. Die Stärke des Romans sind die Dialoge, in denen die Jungs so sprechen, wie zu Beginn der Nullerjahre in Neukölln eben gesprochen wurde. Gleich als Warnung vorweg, die sind in ihrer Wortwahl nicht zimperlich. Das N-Wort wird aber nicht ausgeschrieben. Lobrecht hält einfach die Kamera drauf, ohne zu reflektieren. Er setzt Gefühle und Eindrücke nicht in Worte um, höchstens in Schimpfworte.

Normalerweise beschwere ich mich immer, dass die meisten Bücher zu lang sind. Das hier habe ich als zu kurz empfunden. Zwar lernen wir auch Lukas’ Bruder und Vater kennen, einige der Eltern seiner Freunde und die schwierigen Umstände, unter denen sie aufwachsen, aber davon hätte ich gerne mehr gehabt. So ist das Buch zwar unterhaltsam, mit spannenden Einblicken in das Leben Neuköllns. und es liest sich flott weg, aber etwas mehr Tiefgang, mehr Hintergründen zu den Lebensumstände hätte ich mir doch gewünscht. Aber man merkt, hier kommt ein Autor aus der Arbeiterklasse, der weiß, wovon er schreibt. Und Bücher solcher Autor*innen gibt es viel zu wenig. Und wenn, ist es meist die männliche Perspektive, die erzählt wird. Deswegen steht bei mir als nächste Lektüre jetzt Streulicht von Deniz Ohde an.

Aktuell läuft die Verfilmung von Sonne und Beton im Kino, die bisherigen Kritiken sind vielversprechend, ich verweise auf die sehr persönliche Rezi von David Hain bei Letterboxd.

Fotos der Woche

Mehrmals am Tag schaut ein Eichhörnchen auf der Fensterbank meines Arbeitszimmers vorbei, um sich Walnüsse abzuholen. Sind keine da, wirft es einen vorwurfsvollen Blick durchs Fenster, das direkt links von meinem Schreibtisch liegt.

Eichörnchen steht aufrecht am Fenster, die linke Vorderpfote auf den Fensterrahmen gelegt und blickt nach oben.
Eichörnchen steht aufrecht am Fenster, die linke Vorderpfote auf den Fensterrahmen gelegt und blickt direkt richtung Kamera.

Best of Eichhörnchen

Heute gibt es mal ein Best of Eichörnchen, mit den schönsten Eichhörnchen-Bildern, die wir hier ums Haus in den letzten zwei, drei Jahren aufgenommen haben.

Wir wohnen in einem kleinen Dorf direkt am Waldrand, weshalb hier auch immer Eichhörnchen ums Haus rum und bei uns im Garten unterwegs sind. Letzten Sommer hörte ich es im Gebälk über meinem Bürofenster rascheln, schnappte mir die Kamera, öffnete das Fenster und blickte das Eichhörnchen genauso überrascht an, wie es mich anschaute. Es war so nett, in dieser Position zu verharren, bis ich mein Foto geschossen hatte.

Seitdem lege ich immer eine Walnuss auf die Fensterbank meines Arbeitszimmers, und seitdem schauen auch regelmäßig Eichhörnchen auf der Fensterbank vorbei. Wenn eine Nuss dort liegt, sind die kleinen Flitzer mit ihr schnell wieder weg. Liegt keine da, blicken sie auch mal durchs Fenster zu mir herein. Mein Schreibtisch steht direkt neben dem Fenster.

Von dort aus habe ich auch die Bäume gegenüber im Blick. Bevor dort dieses Jahr viele gefällt wurden, war das eine lückenlose Eichhörnchenstraße, über die sie sich wie der Baron in den Bäumen fortbewegen konnten.

Seit letztem Sommer haben wir im Garten auch eine Wildkamera am Teich, um zu schauen, ob und wie oft der lokale Fischreiher dort vorbeischaut. Da kam ich auf die Idee, auch vor der Kamera Walnüsse abzulegen, in der Hoffnung, ein paar schöne Aufnahmen von den Eichhörnchen zu bekommen. Die Walnüsse sind übrigens auch sehr bei einem Fuchs auf drei Pfoten, einer kleinen Maus und einem Eichelhäher sehr beliebt. Die meisten bekommen aber die Eichhörnchen, die sich dafür dankbar in Pose werfen.

Und hier noch ein paar ältere Schnapschüsse aus dem Garten: