Meine Woche 09.04.2023: Buchmarkt in Deutschland und Pornomarkt in Japan

Diese Woche gibt es eine abgespeckte Version des Wochenrückblicks nur mit Empfehlungen für Artikel, Radiobeiträge und Youtube-Videos. Serien habe ich keine beendet und keinen Film gesehen, den ich unbedingt empfehlen möchte. Ich wünsche euch schöne Feiertage!

Artikel und Radiobeiträge

Rechte „Literatur“ in Buchläden

Jana Stäbener berichtet für BuzzFeed darüber, wie schwer es für Buchhandlungen ist, Bücher von rechten Verlagen auszusortieren. Damit sind nicht die Titel gemeint, die im Laden selbst ausliegen, sondern jene, die über Großhändler wie Libri oder ein angegliedertes Portal wie Genialokal bestellt werden können. Solche Machwerke auszusortieren bzw. sich zu weigern, sie zu verkaufen, hat übrigens nichts mit Zensur zu tun, sondern mit Haltung und der Freiheit der Händler*innen, zu verkaufen oder nicht zu verkaufen, was sie nicht wollen und ethisch und moralisch für nicht vertretbar halten. Dem rechten Dreck darf keine Plattform geboten werden.

Radiofeature: Wie Bestseller den Buchmarkt prägen

Ach, schau an. Als ich mir den Link fürs spätere Anhören gespeichert habe, war mir noch gar nicht aufgefallen, dass dieses Radiofeature von Christian Blees stammt. Der hat mich letzten Montag für ein anderes Radiofeature beim Deutschlandfunk Kultur interviewt, das irgendwann im Sommer kommt. Ob ich es aber auch hineinschaffe, ist fraglich, da ich keine gute Figur abgegeben habe. Ist einfach nicht mein Ding. Als Textmensch fühle ich mich an der Tastatur wohl, nicht am Mikro.

In dem aktuellen Beitrag geht es um die Frage, wer entscheidet, was ein Besteller wird, und wie Besteller den Buchmarkt prägen. Die offensichtlichste Anwort: Die Leser*innen, ist nicht unbedingt auch die richtige, oder zumindest einzig richtige Antwort. Die Lage ist komplexer. Der Beitrag ist gründlich und erklärt, woher das Prinzip Bestsellerliste ursprünglich kommt und wie sie heute entstehen. Zwischendurch kommen immer wieder Buchhändler*innen zu Wort.

Ein paar harte Fakten: 1% der in Deutschland verkauften Bücher machen 50% des Umsatzes aus. 90% aller erhältlichen Titel verkaufen keine 100 Stück.

Aber kann ein Bestseller wirklich konstruiert werden? Da fragt ihr am besten bei Dirk Roßmann nach. 😉

In dem Beitrag geht es allerdings ausschließlich um die Perspektive des Buchhandels und der Verlage. Was das System Bestellerliste und die Konzentration des Umsatzes auf wenige Titel für die Autor*innen bedeutet, wird nicht erwähnt. Der Umsatz der Bestseller-Titel finanziert sicher einiges von den anderen Büchern quer, aber gerade für Midlist-Autor*innen wird die Luft immer dünner, die Höhe der Honorare sinkt (so weit ich das mitbekommen habe). Ich merke, dass bei den Verlagen, für die ich tätig bin und Gutachten verfasse. Wenn im gleichen oder letzten Jahr ein richtiger Besteller erschienen ist, ist es auch einfacher, Titel durchzusetzen, die vielleicht etwas ungewöhnlicher sind und nicht direkt wie Bestsellermaterial wirken. So zumindest mein Eindruck

Die besten Cyberpunk-Romane bei Bookriot

Die Seite Bookriot hat eine Liste mit den 22 besten Cyberpunk-Romanen aller Zeiten erstellt. Da sind die bekannten Klassike wie Snow Crash, Neuromancer und Altered Carbon drauf, Aber auch Titel, die eher überraschen, wie Future Home of the Living God von Louise Erdrich. Meine Empfehlung ist The Waste Tide von Chen Qiufan (hier besprochen).

Deutschsprachige Titel fehlen natürlich. Da möchte ich das kürzlich von mir besprochene Neongrau von Aiki Mira empfehlen. Und der Shadowrun-Roman Pesadillas von Maike Hallmann lohnt sich auch, wenn man kein Fan des Rollenspiels ist. Und natürlich Miami Punk von Juan S. Guse, das ich ebenfalls rezensiert habe.

Auch wenn aus Cyberpunk inzwischen eher Cybermonday geworden ist, für mich ist das Genre noch lange nicht tot. Was Cyberpunk ist, habe ich hier mal erklärt.

Klimakrise: „Fragt endlich nach dem Geld!“

Auf Zeit.de schreiben Vanessa Nakate und Luisa Neubauer darüber, wie das globale Finanzsystem die Klimakrise befeuert. Für kurzfristige Gewinne einiger gieriger Reicher wird weiterhin in fossile Brennstoffe und andere klimaschädliche Produkte investiert, ohne sich um die gigantischen Folgekosten der Klimakrise zu scheren. Konkrete und realistische Vorschläge zu dem, was getan werden kann, gibt es, allein es tut sich wenig.

Youtube

Senpai in Japan

Nachdem sich der Japan-Youtuber Nihongo mit dem Hans-Georg-Maaßen-Interview endgültig als rechtskonservative Socke entpuppt habt, schaue ich jetzt lieber die Videos von Mr. Nippon (siehe unten) und Senpai in Japan. Der hat diese Woche ein Video veröffentlicht, in dem er einfach ein paar Fragen von Zuschauer*innen beantwortet. Ist ein guter Einstieg zu seinem Kanal, um herausuzfinden, ob seine euch Art zusagt. Mir ist er sehr sympathisch.

Wie ist es, größter P*RNOSTAR in JAPAN zu sein?

Tobi von Mr. Nippon hat Japans wohl bekanntesten Pornodarsteller Ken Shimizu interviewt und einige interessante (und teils auch unerwünschte :)) Einblicke in die Branche erhalten. Der ist wohl wirklich der bekannteste, denn mir ist er in anderen Dokus auch schon begegnet. Aber Vorsicht, der hat einen sehr eigenwilligen Humor. Er ist auch in zwei Folgen der ausgezeichneten Netflix-Serie The Naked Director zu sehen.

Jack Edwards liest Pedro Pascals Buchempfehlungen

Der für mich wohl sympathischste, eloquentestes und mitreißenste Buchvlogger ist Jack Edwards. Er ist in seinen Buchbesprechungen nicht nur super unterhaltsam und witzig, sondern liefert auch kompakte und geistreiche Zusammenfassungen und Analysen der gelesenen Titel.

Fotos der Woche

Sonnenuntergang, Samstag, der 09.04.2023.

Auf der Birke direkt gegenüber von meinem Arbeitszimmer.

Ein Eichhörnchen von vorne fotografiert, hockt auf dem abgesägten Stumpf eines Birkenasts.

Meine Woche 26.03.2023: Pornhub, Pogues und Aldo Moro

Musik gibt es von Meg Meyers mit ihrem neuen Album TZIA und dem Wasia Project. Dokus zu Pornhub und Shane MacGowan von den Pogues. Eine grandiose Serie zur Entführung von Aldo Moro, eine mitreißende zum Buch Daisy Jones and the Six. Das Hörspiel Mia Insomnia. Und als Filmtipp Das Bankett des Kaisers von Tsui Hark.

Musik

Meg Meyers – TZIA

Die Musik von Meg Meyers mag ich schon seit Desire und Monster. Erinnert mich an die junge Fiona Apple und PJ Harvey, hat aber trotzdem ihren eigenen Stil abseits des Mainstreams. Weshalb sie wohl auch nie den großen Durchbruch hatte. Dafür ist ihre Musik zu abgründig, ihr Auftreten zu eigenwillig. Genau so, wie ich es mag.

Letzten Freitag ist ihr neues Album TZIA erschienen. Das kommt musikalisch ziemlich heavy daher, mit relativ viel Elektronik, aber auch schweren Gitarren. Nach erstem Hören gefällt es mir richtig gut.

Wasia Project

Netter Song mit schönem Video. Hat mir der Youtube-Algorithmus diese Woche in die Timeline gespült.

Dokus

Money Shot: The Pornhub Story

Über die Geschichte des Streamingportals Pornhub. Die Doku lässt viele Seiten zu Wort kommen, Gegner von Pornografie und solchen Internetseiten, ebenso wie Sexperfome*rinnen, Darsteller’innen, Journalist’innen und ehemalige Mitarbeiter’innen. Dramaturgisch ist sie ganz geschickt aufgebaut. So hören wir eine ganze Weile vernünftig klingende Argumentationen von Aktivist*innen, die gegen Menschenhandel, Ausbeutung und Kinderpornografie mobil machen, bei denen sich dann aber herausstellt, dass die evangelikale Rechte dahinter steckt, die diese Themen nur als Trittbrett und PR für ihren Kreuzzug gegen die körperliche Autonomie von Frauen sowie LGBTQ+ und trans Menschen missbraucht.

Keine Frage, Pornhub hatte über viele Jahre ein großes Problem mit Kinderpornografie, Vergewaltigungsvideos, Revenge-Porn und Raubkopien. Hat dass alles zugelassen, weil es mehr Traffic und damit Profit brachte, und erst nachgegeben und alles, was nicht verifiziert ist, von der Plattform geschmissen, als der Druck zu groß wurden. Sie sind aber auch eine Plattform, die Sexarbeiter’innen und Perfomer’innen ein regelmäßiges Einkommen und Sicherheit am Arbeitsplatz ermöglicht.

Nichtsdestotrotz steckt hinter Pornhub der überaus zwielichtige und fragwürdige Konzern Mindgeek, dem fast alle Porno-Tube-Plattformen gehören, auf denen der oben beanstandete Contend weiter verfügbar ist.

Wer Pornografie mit gutem Gewissen konsumieren möchte, sollte lieber zu seriösen Plattformen mit ethisch einwandfreiem Geschäftsmodell gehen, wie z.B. die Produktionen von Erika Lust. Onlyfans scheint mir auch ein ganz guter Weg zu sein, von dem vor allem die Performer’innen selbst profitieren. Wir als Konsument’innen sollten darauf achten, keine Produktionen zu unterstützen, die junge Frauen ausbeuten und zu Sachen zwingen oder drängen, die sie nicht machen möchten.

Der Umgang mit Pornografie (und Sexualität) ist auch ein Gradmesser für die Demokratie. Je repressiver und restriktiver Staat und Gesetze gegenüber der Pornografie werden, und damit vor allem gegenüber den Frauen, die in der Industrie arbeiten, desto schlechter ist es meist um die Demokratie und die Freiheit der Gesellschaft bestellt. Pornografie kann Ausbeutung von Frauen und Ausdruck von Misogynie sein, der Kampf gegen Pornografie ist aber meist auch ein Kampf gegen den weiblichen Körper, sexuelle Selbstbestimmung, andere Lebenweisen und die trans und LGBTQ+-Community.

Die Doku gibt es bei Netflix.

Crock of Gold: A Few Rounds with Shane MacGowan

Eine faszinierende Doku über einen Musiker, der mir mit seiner Band The Pogues zwar namentlich ein Begriff war, und von denen ich sicher schon mal Songs gehört habe, die trotzdem weitgehend an meinem Radar vorbeigegangen sind. Die Doku geht erstaunlich lange auf seine Kindheit ein und erzählt nicht nur seine Biografie, sondern teils auch eine musikalische Geschichte Irlands.

MacGowan selbst ist inzwischen körperlich ein Wrack. In einem Interview-Strang sitzt er mit Gerry Adams zusammen, der zehn Jahre älter ist, aber zehn Jahre jünger wirkt. Selbst MacGowans Vater wirkt mit über 80 noch fitter. Durch seine Nähe zur IRA ist MacGowan durchaus eine kontroverse Figure, seine Musik und die Texte sind aber unbestritten großartig. Mit ihrer wilden Mischung aus Irish Punk Folk haben die Pogues etwas ganz Eigenes erschaffen.

Die Doku konzentriert sich aber voll auf Shane MacGowan, aus der Band kommt niemand zu Wort, es geht auch nicht darum, wie sich die Musiker*innen kennengelernt haben, wie sie zusammengearbeitet haben usw. Es geht nur um MacGowan.

Die Doku gibt es noch bis zum 7. Juni in der Arte-Mediathek.

Serien

Und draußen die Nacht (Esterno notte)

Grandios inszenierte Serie über die Entführung und Ermordung des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro durch die Terroristen der Brigate Rosse, erzählt aus fünf verschiedenen Perspektiven in sechs Folgen, von der jede für sich ein kleines Kunstwerk ist. Geht es um Politiker – zu denen ich auch den Papst zähle – wie den Innenminister, schlägt die Serie schon leicht parodistische Züge an, wahrt dabei aber immer ein Gefühl der Bedrohlichkeit. Geht es um Moros Frau, bleibt der Tonfall ernst und empathisch. Auch bei der Terroristen wird auf Ironie verzichtet. Aldo Moro ist der einzige Politiker, der nicht mit karikaturistischen Elementen porträtiert wird. Bewundernswert ist auch der Stilwille von Regisseur Marco Bellocchio, der die gesamte Serie konstant in eleganten Bildern und mit sicherer Hand durchzieht, wie es keine deutsche Serie hinbekommen würde. Zu meinem eigenen Erstaunen hat mir die Folge mit dem Papst am besten gefallen.

Dort wo die Fakten bekannt sind, hält sich die Serie an die realen Ereignisse, die Lücken werden mit eigenen Spekulationen und Interpretationen gefüllt. Atmosphärisch ist die Serie unheimlich dicht und vermittelt ein packendes und authentisches Bild vom politischen Klima im Italien des Jahres 1978.

Die Serie ist thematisch schwere Kost, kommt sehr bedeutungsschwanger und mit viel Symbolik daher, ist aber trotzdem sehr leichtfüßig inszeniert.

Und draußen die Nacht ist noch bis Juli 2023 in der Arte-Mediathek verfügbar, OmU leider wieder mal nur fürs französische Publikum, die deutsche Synchro ist aber ausgezeichnet. Normalerweise schaue ich keine Serien, ohne Originaltonspur und Untertiteln, aber die hier konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.

Daisy Jones and the Six

Objektiv betrachtet ist Und draußen die Nacht natürlich die bessere Serie, aber sie hat mich vor allem auf einer intellektuellen Ebene angesprochen, während Daisy Jones mich emotional mitgerissen hat, vor allem in der letzten Folge. Das ist über weite Strecken eine lockere Serie über den Aufstieg und Fall einer fiktiven Rockband aus den 70ern, lose angelehnt an die Geschichte von Fleetwood Mac und Stevie Nicks. Die Vorlage von Taylor Jenkins Reid ist als Interviewbuch angelegt, in der Serienadaption tritt das dezent in den Hintergrund. Die Leute geben immer noch ihre Kommentare ab, aber 90% der Zeit sind wir in der Vergangenheit bei der Band. Die Interviewstruktur ist trotzdem wichtig, vor allem für die letzte Folge, die mich, obwohl ich die Buchvorlage kenne und obwohl sie etwas kitschig ist, trotzdem sehr bewegt hat.

Gibt es bei Prime.

Extrapolations

Von dieser AppleTV+-Serie habe ich bisher nur die erste Folge gesehen und verweise deswegen auf die sehr ausführliche und sehr gut begründete Kritik Pathos Porn About Climate Change von Aaron Bady im Los Angeles Review of Books, der gut erklärt, warum das eine Serie von reichen Amerikanern über reiche Amerikaner ist, die in relativ bequemer Lage über ihr schlechtes Gewissen bezüglich des Klimawandels sinnieren. A show about »rich people’s feelings«.

Filme

Das Bankett des Kaisers (īnyù mǎntáng)

Über einen, vom stets wunderbaren (und viel zu früh verstorbenen) Leslie Cheung gespielten, Bandenboss, der zum Küchenlehrling umsattelt, weil er zu seiner Freundin nach Kanada ziehen will. Dabei verliebt er sich aber in die Tochter des Küchenchefs und muss mit ihr das Restaurant des Vaters bei einem Kochwettbewerb retten, der Das Bankett des Kaisers heißt.

Im Prinzip ein klassischer Hongkong-Martial-Arts-Film von Tsui Hark, in dem zwei verfeindete Kampfkunstschulen gegeneinander antreten. Zunächst muss ein legendärer Meister gefunden werden, der dem Alkohol verfallen ist, dann gibt es eine originelle Trainingsmontage als finale Vorbereitung. Nur wird hier nicht gekämpft, sondern gekocht. Die Schurken heißen die Superprofis und die drei Gerichte beim finalen Kochduell sind herrlich abstrus (zumindest hoffe ich das). Viel Slapstick, reichlich durchgeknallter Humor – ein großer Quatsch, der Spaß macht, von PETA aber sicher keine Gütesiegel erhält. Ich sage nur Bärentatze im Schnee, Elefantenrüssel in Vogelnestern gegart und Affenhirn auf …

Den Film gibt es noch bis zum 15.08 in der Arte-Mediathek.

Like Father, Like Son (Soshite Chichi ni Naru)

Um diesen Film von Hirokazu Koreeda habe ich mich lange gedrückt, da mich Geschichten über Familien, deren Babys im Krankenhaus vertauscht werden, so gar nicht ansprechen. Doch jetzt, wo es den Film bei Mubi gibt, konnte ich doch nicht widerstehen. Natürlich geht es um eine wohlhabendere Familie mit einem ambitionierten Architekten als Vater, der seinen Sohn leistungsbewusst erziehen möchte, und eine Familie, die eher so in den Tag lebt, gerne Spaß zusammen hat, mit einem von Lily Frank, in einer seiner typischen Rollen, gespielten Vater,

Ein sehr bewegender Film über das, was Familie ausmacht.

Lektüre

Bullet Train | Kōtarō Isaka

Auf meiner Seite lesenswelt.de bespreche ich den Roman Bullet Train von Kōtarō Isaka, gehe aber auch kurz auf die Verfilmung ein und erkläre, warum ich sie für wenig gelungen halte.

Hörspiel

Mia Insomnia

Zehnteilige Hörspielserie über eine Podcasterin, die herausfinden möchte, warum außer ihr niemand eine bestimmte Folge ihres Lieblingshörspiels Geisterjagd kennt. Selbst der Hauptsprecher und die Produzentin nicht. Also begibt sie sich auf eine Reise in ihre Kindheit, zu dem Ferienhaus, wo sie die letzten schönen Tage mit ihrem Vater verbracht hat. Und kommt einem unglaublichen Geheimnis auf die Spur.

Als Kassettenkind und Fan der drei Fragezeichen hat mich die Prämisse sofort angesprochen. Hier wird die Liebe zu Hörspielkassetten mit dem aktuellen Trend zu Podcasts verbunden. Wir sind hautnah mit dabei, wenn sich Mia auf ihre Reis ins Ungewisse begibt. Erstaunt hat mich, wie schnell die Geschichte ins Phantastische umschlägt, das kam etwas sehr plötzlich. Da hätte ich mir noch etwas mehr Recherche-Zeit im Voraus gewünscht. Doch die phantastischen Elemente werden mit einigen schönen überraschenden Wendungen sehr gut und stimmungsvoll genutzt. Hat mir richtig Spaß gemacht, auch wenn sich über das Ende streiten lässt.

Gibt es in der ARD-Audiothek.

Abschlussbemerkung

Die Besprechungen hier sind alle relativ kurz und oberflächlich. Das liegt einfach daran, dass ich nicht dafür bezahlt werde, sie zu schreiben. Ich mach das alles in meiner Freizeit, zum Spaß, da kann ich es mir nicht leisten, noch mehr Zeit zu investieren. Und es geht ja vor allem darum, euch Tipps für Filme, Musik, Serie, Dokus, Bücher, Hörspiele, Artikel, Youtubevideos zu geben. Da reicht es, die Sachen kurz anzuteasern und meine kurze Einschätzung abzugeben.

Meine Woche 30.12.2022: Andor, Pinocchio und japanische Filme

Diese Woche geht es bei mir um: Andor, Pinocchio, japanische Filme, ethische Pornografie, die Wiederauferstehung von Barnes & Nobles und einen persönlichen Jahresrückblick sowie einen Ausblick auf 2023 .

Normalerweise mag ich die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr sehr, da ich sie als einen entrückten Schwebezustand empfinde, in dem die Zeit ein wenig still steht. Doch nach einem Kondolenzbesuch bei Eltern, die ihren 37-jährigen Sohn überraschend verloren haben und dessen Beerdigung, wollte diese Stimmung dieses Jahr nicht so recht bei mir aufkommen. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie schlimm das für sie und seine Lebensgefährtin und deren Kind sein muss. Auf der Beerdigung lief übrigens Pink Floyd.

Artikel

What can we learn from Barnes and Nobles

Interessanter Artikel von Ted Gioia über Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg der amerikanischen Buchhandelskette Barnes & Nobles, die, ähnlich wie Borders, kurz vorm Verschwinden stand, dann aber doch noch die Kurve bekam. Und über die Mechanismen des Buchhandels. Im Prinzip läuft der neue Erfolg von Barnes & Nobles auf das Gleiche heraus, wie der von Waterstones in England: einen Chef, der Bücher liebt – und zwar den gleichen in beiden Fällen. Der hat die Verantwortung über die Bücherauswahl wieder an die einzelnen Filialen und deren Mitarbeiter*innen zurückgegeben. Von Verlagen gekaufte Plätze auf Präsentiertische gibt es anscheinend nicht mehr. Alles Sachen, von denen sich deutsche Ketten wie Thalia eine Scheibe abschneiden können. Das mag den größeren Verlagen auf den ersten Blick nicht gefallen, doch langfristig dürften auch sie von einem florierenden lokalen Buchhandel profitieren. Teil 1 habe ich als Kind mal gesehen, haber aber nicht die Absicht, ihn mir noch einmal anzusehen.

Die wichtigsten japanischen Filme des Jahres

Das Magazin des Japanese Film Festival stellt zusammen mit sieben Exper*innen die wichtigsten japanischen Filme des Jahres vor. Die meisten davon dürften bei uns noch nicht verfügbar sein. Einige wie Makoto Shinkais Suzume werden auf jeden Fall einen Heimkinostart erhalten. Bei anderen können wir wohl froh sein, wenn sie überhaupt irgendwann mal bei Mubi erscheinen. Manche davon liefen auch auf Festivals wie der Nippoh Connection. Mich überfordert die Liste in ihrer Fülle etwas.

How do you know if the porn you consume is ethical?

Für das Lustzine geht Almaz Ohene der Frage nach, wie ethisch einwandfreie Pornografie konsumiert werden kann. Also Pornos, die unter guten Bedingungen entstanden sind, bei denen die Darstellerinnen anständig bezahlt und ordentlich behandelt werden. Dazu sei erwähnt, dass das Lustzine zum Porno-Imperium von Erika Lust gehört, die mit Lust Cinema und XConfession selbst Pornos produziert und dabei auch Regie führt. Es ist also kein journalistisch unabhängiges Medium. Lust ist durch zahlreiche Reportagen und Dokumentationen aber dafür bekannt, jenem Ideal zu entsprechen und dabei mit einem hauptsächliche weiblichen*X Team ästhetisch hochwertige Filme zu produzieren.

Filme

Top Gun: Maverick

Atemberaubende Flugszenen, die gelegentlich von mittelprächtigen Filmszenen unterbrochen werden, deren Nebenfiguren nur dazu da sind, Tom Cruise alias Maverick gut aussehen zu lassen. Hochgerüsteter Military-Porn, mit einem gewissen Unterhaltungswert, wenn man sich nicht daran stört, was da alles sinnlos an CO2 in die Atmosphäre gepustet wird.

Guillermo del Toro’s Pinocchio

Gelungene Adaption des Kinderbuchklassikers in wunderschöner Stop-Motion-Technik. Wieder einmal verbindet del Toro gekonnt märchenhafte Elemente mit einer vor faschistischem Hintergrund spielenden Geschichten, die ans Herz geht. Die Gesangseinlagen bzw. die Songs sind allerdings nur mittelmäßig und trüben den Spaß etwas.

Barbarian

Hat in den ersten 45 Minuten einen makellosen Spannungsaufbau, mit zwei jungen Leuten, die beide versehentlich am gleichen Abend dasselbe Airbnb-House gemietet haben und einen unheimlichen Tunnel im Keller entdecken. In der zweiten Hälfte fällt der Film stark ab und bedient Klischees eines Genres, das ich hier jetzt nicht spoilern will, die dem Film bei mir aber einen Stern kosten. Der Bruch in der Mitte des Films ist durchaus ein gewagter, der die Erwartungen der Zuschauer untergräbt, der mir aber nicht wirklich gefallen hat. Den Trailer poste ich hier nicht, da der Film mehr Spaß macht, wenn man möglichst wenig über ihn weiß.

Serien

Andor

Dürfte die beste realverfilmte Star-Wars-Serie sein, allerdings auch die, bei der am wenigsten das klassische Star-Wars-Feeling aus den Ursprungsfilmen aufkommt, das The Mandalorian in der ersten Staffel so gut einfangen konnte. Aber darum geht es den Macher*innen wohl auch nicht. Sie wollen eine erwachsene, düstere und ernste Geschichte über die Dynamik von faschistischen Systemen erzählen, und wie diese Rebellionen begünstigen. Nach den Totalausfällen Boba Fett und Obi-Wan Kenobi war es angenehm, eine SW-Serie zu sehen, die sich selbst ernst nimmt. Bis zum Heist wird sie auch durchgehend stimmig erzählt, danach wirken die Storylines etwas zerfahren und haben Längen, weshalb ich die Serie zwar gerne gesehen habe, aber auch sehr geduldig auf die nächste Folge warten konnte. Das Bedürfnis, mehr als eine Episode pro Tag zu sehen, kam bei mir nicht auf. Auch wenn die Serie Andor heißt und Diego Luna eine tolle Leistung abliefert, ist das eigentliche Highlight aber der von Stellan Skarsgård gespielte Luthan Rael mit seinen ganzen Machenschaften und der moralischen Ambiguität. Ach ja, erzählt wird praktisch die Vorgeschichte vom Film Rogue One, an den ich mich kaum noch erinnern kann.

Wo ihr mich findet

Noch bin ich auf Twitter, einfach, weil ich dort zu einigen wichtigen Themen die besten Informationen erhalte. Doch auch ich bin jetzt schwach geworden, und habe mir einen Account bei Mastodon zugelegt. https://literatur.social/@MarkusMaeurer. Einfach, um mit den Leuten aus meiner Twitter-Bubble in Kontakt zu bleiben, die durch Musks Shitshow schon vertrieben wurden.

Ebenfalls neu ist mein Account bei Letterboxd. Das ist eine Plattform für Filmbewertungen- und Kritiken. Da ich sowieso eine Liste darüber führe, was ich an Filmen im Jahr sehe, kann ich das auch dort machen. Meine Kurzkritiken sind auf Englisch und Deutsch.

Auch bei Instagram bin ich wieder aktiver und poste dort kurze Buchkritiken.

Weitere Blogbeiträge

In der letzten Woche gab es noch zwei weitere Beiträge auf Translate or Die:

Neu im Regal

Unterm Weihnachtsbaum lag Hilary Mantels Wölfe, das ich schon seit Jahren lesen wollte. Die ersten 132 Seiten konnten mich bereits begeistern. Ein historischer Roman über Thomas Cromwell, der in die Hofintrigen von Henry VIII gerät. Herausragend geschrieben, da dürfen sich auch gerne mal Fantasy-Autor*innen von inspirieren lassen. Leider ist Hilary Mantels dieses Jahr verstorben.

Foto der Woche

Mond im Sonnenuntergang.

Rückblick 2022 – Ausblick 2023

Das 2022 global gesehen ein beschissenes Jahr voller Krisen war, brauche ich eigentlich nicht zu erwähnen. Vor allem der mörderische Angriffskrieg Russlands auf die Bevölkerung der Ukraine dürfte in Sachen globaler Weltordnung und Stabilität tatsächlich eine Zeitenwende darstellen. Nur leider ist das bei denen, die sie so groß tönend ausgerufen hat, immer noch nicht angekommen, wie die Politik der letzten Monate zeigt.

Für mich persönlich war 2022 wieder ein gutes Jahr, vor allem, da ich eine gesundheitliche Baustelle angegangen bin, die ich seit Jahren vor mir hergeschoben habe, und die jetzt abgeschlossen ist.

Beruflich lief es auch ganz okay. Auf Tor Online hatten wir nach einem Jahr Resteverwertung und Limbus endlich wieder etwas Budget für neue Artikel und am Ende des Jahres auch Klarheit, wie es weitergehen wird. Ich bin da jetzt so was wie der Chefredakteur und freue mich schon auf die Arbeit im neuen Jahr. Gleich in der ersten Januar-Woche wird es mit einem Artikel einer Autorin losgehen, die auf Tor Online zu lesen, einige von euch sicher überraschen wird. Aber auch ansonsten haben wir schon einige interessante und spannende Artikel in der Pipeline. Da wir seit dem Start 2015 schon so viele Artikel hatten, will ich versuchen, öfters mal über den Tellerrand zu blicken und thematisch für uns neue Gebiete zu erschließen, bei denen aber ein Bezug zur Phantastik gegeben ist.

Gefreut hat mich, dass ich bei Fischer Tor zuletzt etwas mehr in die Redaktionsarbeit eingebunden war. 2023 wird ein Buch erscheinen, das ich dem Verlag empfohlen habe, da bin ich sehr gespannt, wie es laufen wird. An dem waren mehrere Verlage interessiert und es gab eine Auktion. Zuletzt habe ich ein Titelbild für den Elric-Sammelprachtband ausgesucht, von dem ich hoffe, dass er sich im Verlag durchsetzen wird und die Lizenzierung funktioniert. Dazu bin ich aktuell noch auf der Suche nach einigen Innenillustrationen. Falls ihr Tipps habt, gerne jenseits von Rodney Matthews und Michael Whelan, immer her damit.

Übersetzt habe ich dieses Jahr allerdings überhaupt nichts. Das muss sich 2023 wieder ändern. Da habe ich noch alle Kapazitäten frei. Dazu werde ich im Januar einen eigenen Blogbeitrag verfassen. Über Anfragen für Buchübersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche werde ich mich jedenfalls freuen.

Nicht so schön waren die Todesfälle dieses Jahr in meinem persönlichen Umfeld. Einen habe ich ja weiter oben schon erwähnt. Daneben ist Holger M. Pohl im Januar verstorben. Einen Nachruf auf ihn hatte ich hier im Blog veröffentlicht.

2022 habe ich noch komplett im Pandemie-Modus verbracht. War auf keinen Veranstaltungen, nicht im Kino oder sonst wo. Nur im Sommer habe ich mich mit zwei ehemaligen Mitschülern in einem Koblenzer Biergarten am Rhein getroffen.

2023 gedenke ich das aber langsam wieder zu ändern. Bucon ist eingeplant. Marburg Con … mal schauen. Vorgemerkt ist die Metropol Con in Berlin, die vom 18. bis zum 20. Mai statt. Bei einem Eintrittspreis von 85 Euro (+ Reise- und Übernachtungskosten) ist mir bisher aber zu wenig zum Programm bekannt. Bei einer Con, die internationale Veranstaltungen zum Vorbild nimmt, erwarte ich auch einige thematisch interessante Diskussionspanels, von denen bisher noch nichts angekündigt ist.

Ansonsten werde ich mich 2023 vor allem darauf konzentrieren, weiterhin Japanisch zu lernen und mich mit japanischer Kultur und Geschichte zu beschäftigen. Ein Reise nach Japan möchte ich aber frühestens 2024 in Angriff nehmen. Abhängig davon, wie es bis dahin um meine Japanisch-Kentnisse steht. Und ob es finanziell passt.

Ach ja, ich freue mich auch darüber, endlich wieder die Lust am Bloggen zurückgefunden zu haben. Zwischenzeitlich hatte ich schon überlegt, meine Seiten ganz dicht zu machen. Wobei ich inhaltlich wohl etwas nachjustieren muss, angesichts der bisher eher bescheidenen Zugriffszahlen und Rückmeldungen. Aber ich weiß auch, dass die Hochzeit der Blogs vorbei ist und ich nicht mehr solche Zahlen wie früher erreichen werde. Aber Youtube-Videos oder Podcasts sind einfach nicht mein Ding. Wenn es ums Reden geht, bin ich dafür einfach nicht unterhaltsam genug.

An dieser Stelle danke an alle, die meine neuen Blogbeiträge lesen!

Das Internet in Zeiten schwindender Demokratie

Das Netz wird restriktiver!

Eigentlich ein Paradox: Die Menge an Daten, Content, Videos, Podcasts, Blogs, Magazinen usw. im Internet steigt kontinuierlich, hat schon längst Ausmaße angenommen, die von uns gar nicht mehr fassbar sind, und doch wird das Internet immer restriktiver, enger und eingeschränkter.

Wie kann das sein?

Kürzlich hat Tumblr bekanntgegeben, dass man alles, was als pornografische oder sexuelle Inhalte gelten könnte („adult content“), ab dem 17. Dezember von der Plattform verbannen werde. Dazu gehört auch die sehr unglücklich gewählte Formulierung „Female-presenting nipples“, die stellvertretend für eine neue Prüderie und den schon immer dagewesenen verklemmten und abwertenden Umgang mit dem weiblichen Körper und der weiblichen Sexualität steht. In Großbritannien ist es seit einiger Zeit Verboten, Pornografie zu produzieren, die „female ejaculation“ enthält, während die Männer abspritzen dürfen, wie sie lustig sind.

Tumblr ist ein soziales Netzwerk, dass auf Bilder und kurze Videos spezialisiert ist, ähnlich wie Instagram, aber blogartiger. Anders, als die meisten anderen großen sozialen Netzwerke, ist man dort bisher sehr locker gewesen, was die Regeln für pornografische und sexuell freizügige Inhalte angeht. Teilweise auch zu locker. Jedenfalls ist dort eine Szene entstanden, rund um SexarbeiterInnen und KünstlerInnen, die ihre Arbeit und ihr Werk dort präsentiert und sich mit Gleichgesinnten vernetzt haben. Tumblr hat eine halbe Milliarde Nutzer, und ca. 20 Prozent davon sollen unter die oben geschilderten Kriterien fallen.

Salman Rushdie soll einmal gesagt haben, man könne den Zustand einer Demokratie an ihrem Umgang mit Pornografie erkennen. Man schaue sich nur undemokratische Länder wie Iran oder China an und welche Strafen dort auf die Verbreitung und den Besitz von Pornografie stehen. Die in Großbritannien ausufernde Überwachung durch Geheimdienste, CCTV und die Einschränkungen in der Nutzung des Internets gehen auch mit der Einführung eines absurden Verbotskatalog für Pornografie einher.

Weiterlesen

Sex, Punk, and Videogames: Sex (Porn)

Ursprünglich wollte ich nur einen Beitrag zu den Dokumentationen verfassen, die ich in letzter Zeit gesehen habe, aber das würde zu lang und thematisch zu unübersichtlich werden. Im nächsten Beitrag (Punk) wird es um die Dokumentation The Punk Singer gehen, die aus dem Leben von Kathleen Hanna (Bikini Kill, Le Tigre) erzählt, die unter anderem als Mitbegründerin der Riot-Grrrls-Bewegung gilt. Im dritten Teil dann um die Dokumentation Videogames – The Movie, an der es einiges zu kritisieren gibt.

Jetzt geht es aber ums Sex und Pornografie. Zunächst um die Doku After Porn Ends, in der erzählt wird, was so einige Pornosternchen in ihrem Leben nach dem Porno treiben. Gefolgt von Mutantes: Punk Porn Feminism, einer französischen Doku in der Künstlerinnen wie Lydia Lunch, Sexarbeiterinnen, Pornofilmerinnen, Feministinnen uvm. zu Wort kommen. Die dritte und letzte Doku ist die von James Franco (nicht zu verwechseln mit Jess Franco 😉 ) produzierte Kink.com, in der es einen Blick hinter die Kulissen des weltweit größten BDSM-Pornoproduzenten der Welt gibt. Ganz zum Schluss gibt es von mir noch einen kleinen Essay darüber, warum ich es (als studierter Kulturwissenschaftler mit Schwerpunkt auf den USA) für wichtig halte, dass Pornografie auch in kulturwissenschaftlichen Studien und Studiengängen als Thema vorkommen sollte und warum Pornografie einen enormen Einfluss auf unsere Kultur und die der USA hat, ob das einem gefällt oder nicht.

After Porn Ends

In dieser Dokumentation aus dem Jahr 2012 kommen zahlreiche ehemalige Pornostars wie Tiffany Million, Mary Carey oder Amber Lynn zu Wort, aber auch Chronisten der Pornoszene. Sowohl Frauen als auch Männer, die mir aber alle unbekannt sind, bis auf Asia Carrera, die es 2014 auf die Startseite von Spiegelonline schaffte, weil sie sich in bester Pastafari-Tradition mit einem Nudelsieb auf dem Kopf als religiöse Kopfbedeckung für ihren Führerschein ablichten ließ – was für mich als Atheist der mit dem fliegenden Spaghettimonster sympathisiert, eine klasse Aktion ist.

Aber zurück zum Porno. Es fällt auf, dass die Männer wenig Probleme mit ihrer Zeit im Geschäft haben, während die Frauen damit viel deutlicher kämpfen, die Zeit eher negativ sehen bzw. den Ausstieg als Erleichterung. Was besonders bei einer Darstellerin deutlich wird, deren Tochter sich für ihre Mutter schämt. Den klarsten Schnitt hat wohl Tiffany Million gemacht, die inzwischen als Kopfgeldjägerin arbeitet, und der man unumwunden glaubt, dass sie nicht in die Branche zurückkehren wird. Anderen gelingt dieser Schnitt nicht, so informieren Einblendungen am Ende des Films, dass einige der Darstellerinnen, die sie zuvor noch sehr erleichtert über ihren Absprung zeigten, aus finanziellen Gründen wieder Pornos gedreht haben. Anderer haben zum Glauben gefunden, oder engagieren sich aktiv gegen Pornografie. Die Doku zeigt eine ganze Bandbreite an Erfahrungen, von negativen, über neutrale bis zu positiven.

Der Film geht auch darauf ein, mit welchen Schwierigkeiten die ehemaligen Darstellerinnen im normalen Leben zu kämpfen haben. Sie werden geächtet, beschimpft und benachteiligt, was, wie jemand im Film erklärt, durchaus daran liegen könnte, dass viele Menschen heimlich Pornografie konsumieren, sich aber dafür schämen und dies in der Öffentlichkeit durch Ächtung eben jener Darstellerinnen zeigen, zu denen sich hinter verschlossener Tür im Handbetrieb vergnügen. Asia Carrera ist mit ihren Kinder (nach ein Schicksalsschlag) nach Utah gezogen, weil Pornografie dort verboten ist und sie hoffte, dort anonym bleiben zu können. Dank des Internets hat es nicht lange gedauert, bis die Erzieherin im Kindergarten ihrer Kinder wusste, was Asia früher gemacht hatte.

Die Doku ist sehr offen und es kommen sowohl der Pornografie gegenüber positiv eingestellte Meinungen zu Wort, als auch negative. Kritik an der Methode der Branche, in der viele junge und teilweise naive oder seelisch angeschlagenen Frauen in finanzieller Not gnadenlos ausgebeutete werden. Aber es gibt auch sehr intelligente Frauen wie Asia Carrera die sich bewusst entscheiden solche Filme zu drehen, weil sie Spaß an Sex haben und es genießen über ihre Sexualität und ihren Körper selbst zu bestimmen.

Einen wirklichen Einblick hinter die Kulissen des Pornogeschäfts gibt es aber nicht. Hier geht es um die Darstellerinnen und Darsteller und deren Leben, wie sie in die Branche geraten sind, welche Erfahrungen sie gemacht haben und wie ihr Leben nach dem Porno aussieht. Die Doku könnte sowohl für Leute interessant sein, die Pornografie mögen, als auch jene, die sie ablehnen. Ausschnitte aus Pornofilmen gibt es kaum zu sehen, und wenn, dann keine expliziten.

Zur weiteren Lektüre empfehle ich die Autobiografie Pornstar von Jenna Jameson, die etwas detailliertere Einblicke liefert, allerdings zu einem großen Teil auch aus Klatsch und Tratsch besteht.

Mutantes: Punk Porn Feminism

Ist eine aus dem Jahr 2009 stammende französische Dokumentation der Regisseurin Virginie Despentes (Baise-moi), in der es unter anderem um das titelgebende punk porn feminism movement geht. Dazu gehören die Themen Sexarbeit, Pornografie und Feminismus. Den Feminismus kann man bei dieser Debatte in zwei Lager unterteilen: Sex-positiver Feminismus und Feminismus, der Sexualität als Mittel zur Unterdrückung der Frau sieht und dementsprechend Prostitution und Pornografie generell ablehnt.

Der sex-positive-feminism sieht sexuelle Freiheit als ein Zeichen für die freie Selbstbestimmung der Frau, weshalb alle Bestrebungen den einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen einzuschränken oder gar zu verbieten abgelehnt werden, da dies damit auch die Selbstbestimmung der Frau unterdrückt.

In dieser Doku kommen vor allem Pro-Sex-Feministinnen zu Wort, darunter Sexarbeiterinnen (Prostitutierte), Pornodarstellerinnen, Pornoregisseurinnen, Aktivistinnen und Künstlerinnen. Darunter z. B. Lydia Lunch. Der Film zeichnet den Aufstieg des Sex-Positiv-Feminismus in den 80er Und 90 Jahren nach, indem viel Pionierinnen dieser Zeit zu Wort kommen. Auch wenn es eine französische Doku ist, geht es zunächst um die USA, wo diese Bewegung ihre Wurzeln hat. Und warum unter anderem der dortige repressive Umgang mit Prostitution wenig mit Feminismus zu tun hat, wenn Sexarbeiterinnen dort diskriminiert schikaniert werden.

Prostitution ist in den USA illegal. Strafbar machen sich dabei (anders als in manch europäischem Land) nicht nur die Freier, sondern auch die Sexarbeiterinnen. Hier ist eindeutig, dass es bei diesen Gesetzen (anders als eben in Europa) nicht um den Schutz der Frau geht, sondern um die repressive Durchsetzung eines vom Puritanismus beeinflussten bigotten Weltbildes. Prostitution ist Pfui und hat in einem christlichen Land mit konservativen Familienwerten nichts zu suchen. Wird eine Frau von einem Mann für einvernehmlichen Sex bezahlt, macht sie sich strafbar. Werden beide für einvernehmlichen Sex bezahlt, wie es bei einer Pornoproduktion der Fall ist, ist es legal.

Dabei darf man natürlich nicht ausblenden, dass es einen hohen Anteil an Zwangsprostitution und Menschenhandel gibt. Aber das ist noch lange kein Grund, Erwachsene zu bestrafen, die dieser Tätigkeit freiwillig nachgehen, was es nach der Position der Sex-Böse-Feministinnen aber gar nicht geben kann, dass Frauen Spaß an Sex haben und sich dafür auch noch freiwillig bezahlen lassen. In den USA werden Sexarbeiterinnen jedenfalls wie Verbrecher behandelt und gesellschaftlich geächtet.

Ähnlich sieht es bei der Pornografie aus. Die ist zwar legal, gesellschaftlich aber ähnlich verrufen, sowohl von konservativer Seite mit patriarchalischem Weltbild aus als auch vom Feminismus. Ich zitiere hier mal ganz unwissenschaftlich Wikipedia:

Robin Morgan fasste derartige Vorstellungen in einer Aussage zusammen: „Pornografie ist die Theorie; Vergewaltigung die Praxis.“

Diese Verteufelung der Pornografie wird unter anderem von feministischer, von Frauen produzierter Pornografie widerlegt. Es wird gezeigt, wie Künstlerinnen wie z. B. Annie Sprinkle das Thema auf humorvolle Weise als Perfomancekünstlerinnen angehen, oder Filmemacherin sinnliche Pornos drehen, die sich ausschließlich auf die Bedürfnisse von Frauen konzentrieren, darunter auch feministische SM-Pornografie. Zu Letzterem gibt es dann auch noch einen interessanten Abstecher in die spanische Punk-Porn-Feminism-Szene, der zeigt, dass es sich dabei nicht um ein auf die USA beschränktes Phänomen handelt.

Das die sexuelle Selbstbestimmung der Frau auch in der Pornografie eine wichtiges und immer noch brisantes Thema ist, zeigt z. B. die jüngste Gesetzgebung in Groß-Britannien, wo ein absurder Verbotskatalog erlassen wurde, der völlig willkürlich die Produktion unterschiedliche Arten der Pornografie im Königreich verbietet (und nur die Produktion, nicht den Konsum!). Vornehmlich geht es dabei um Praktiken, die vor allem Frauen Lust bereiten. So ist es z. B. verboten einen weiblichen Orgasmus zu zeigen, aber erlaubt, Männer abspritzen zu lassen. Frauen dürfen sich nicht mehr auf das Gesicht von Männern setzen und diese auch nicht mehr spanken.

Das es sich dabei um eine zutiefst frauenfeindliche Gesetzgebung handelt, zeigt sich unter anderem dadurch, dass es vor allem Frauen, die bisher mit solcher Pornografie ihr Geld verdient habe, in finanzielle Not bringt. Die Sex-positiv-Feministinnen sind jeden Falls alles andere als begeistert.

Weiterführende Links:
Auf der Onlineseite des Guardian gibt es einen aufschlussreichen Artikel zu der absurden Gesetzgebung in Großbritannien. Die deutschen Medien haben das Gesetz zum Teil sehr verzerrt und falsch dargestellt.

Auf Welt.de gibt es einen interessanten Beitrag über die „feministische Regisseurin“ Erika Lust, der zeigt, wie Sexfilme und Pornos auch aussehen können.

Und die New York Times berichtet über neue, von Frauen geführten Magazinen für Erwachsene.

Kink.com

Ist eine von James Franco produzierte und von Christina Voros gedrehte Dokumentation, die einen Blick hinter die Kulissen des größten Produzenten für BDSM-Pornografie wirft.

Dank des gerade angelaufenen Shades of Grey werden die meisten inzwischen wissen, was mit BDSM gemeint ist oder zumindest eine vage Vorstellung haben (auch wenn Buch und Film vermutlich alles völlig falsch darstellen). Kink.com (ich verlinke hier nur auf den Wikipediaeintrag), die ihre Filme über die gleichnamige Internetseite vertreiben, decken alle möglichen Spielarten ab. Unter den Sparten Men in Pain und Divine Bitches werden zum Beispiel Männer von Frauen dominiert, bei Hogtied und Device Bondage Frauen von Männern und Frauen, es gibt Sparten für Gay-BDSM, TS-Seduction für BDSM-Variationen mit transexuellen Darstellerinnen uvm.

Die Dokumentation begleitetet die Dreharbeiten zu Filmen aus drei dieser Sparten. Gay-BDSM, Men in Pain und Frauen, die von Männern dominiert werden. Wobei der Begriff dominieren eigentlich viel zu schwammig ist. Es wird jedenfalls eine große Bandbreite der unterschiedlichsten SM-Spielarten abgedeckt. Dazu gibt es noch Einblicke in den geschäftlichen Teil der Produktion, wie z. B. das Casting oder die monatlichen Geschäftsberichte über die Abonnentenzahlen.

Kink.com gilt als einer der anständigsten und fairsten Arbeitgeber in der Pornobranche, und scheint bei den Darstellerinnen sehr beliebt zu sein (auch wenn es in der Vergangenheit schon Streit über die Honorare für Onlinedarstellerinnen gab). Was auch daran liegen könnte, dort viele Frauen sowohl hinter der Kamera als auch im geschäftlichen Bereich z. b. beim Casting tätig sind.

Die Kamera begleitet wie schon erwähnt einige Dreharbeiten und zeigt dabei auch explizite Pornoszenen, die definitiv ab 18 sind. Gleichzeitig könnte einem dabei aber auch die Lust auf solche Filme vergehen, weil man sieht, unter welch professionellen und wenig erotischen Bedingungen die Szenen entstehen, die im fertigen Film völlig anders wirken. Wie auch bei normalen Spielfilmen wird hier eine Illusion erzeugt, die durch den Blick hinter die Kulissen entzaubert werden kann.

Die Darstellerinnen und Darteller kommen ausführlich zu Wort und schildern ihre Beweggründe in der Sexindustrie zu arbeiten. Manche machen es, weil sie das Geld brauchen, andere, weil sie auf der Suche nach Orientierung sind (wie z. B. der Darteller aus der Gay-BDSM Reihe, der gerade das College hingeschmissen hat, und nicht so recht weiß, was er jetzt anfangen soll) und manche, weil sie einfach Spaß an Sex haben, und es toll finden, dafür auch noch bezahlt zu werden.

Die kritischen Töne kommen meiner Meinung nach etwas zu kurz. Nur einer der Darstellerinnen erzählt, dass ihrer Meinung nach viele verlorene Seelen bei den Produktionen dabei seien. Und auf die Frage, was sie denke, wenn ihre Kinder (wenn sie erwachsen sind) in der Pornobranche arbeiten wollen, muss sie kräftig schlucken.

Da es in der Doku ausschließlich um eine der größten Pornoproduzenten geht, der seine Darstellerinnen vorbildlich behandelt, anständig bezahlt und Standards für die Branche gesetzt hat, werden die unzähligen Schmuddelproduzenten ausgeblendet, die die Not der Frauen ausnutzen, sie mies behandeln und mit fragwürdigen Methoden arbeiten. Das taucht nur mal kurz am Rande auf, als die als Princess Donna bekannte Darstellerin erwähnt, dass sie mal für eine andere Produktionsfirma gearbeitet habe, die härtere Filme produziere, und wo sie nicht die Möglichkeit hatte, Stopp zu sagen, als Dinge mit ihr angestellt wurden, die ihr sie nicht tun wollte.

Kink.com bietet einen interessanten Einblick hinter die Kulissen eines BDSM-Pornoproduzenten, von dem man aber nicht auf andere und die Arbeitsbedingungen in der Branche allgemein schließen sollte. BDSM gibt es in unzähligen Varationen, die einen mögen Bondage und lassen sich gerne kunstvoll verschnüren, andere mögen es ausgepeitscht oder erniedrigt zu werden, von Männern, Frauen oder etwas dazwischen. Dieser Film zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aus einer vielfältigen Welt, die man nicht voreilig als Schmuddelkram oder krankes Zeug abtun sollte. Es lohnt, sich damit zu beschäftigen, denjenigen zuzuhören, die Spaß daran haben und/oder ihr Geld damit verdienen. Dann kann man eventuell auch besser verstehen, warum Shades of Grey gerade so erfolgreich ist und so viel Interesse erzeugt. Die hier gezeigten Filme sind jedenfalls sehr viel einfallsreicher, kreativer und abwechslungsreicher, als die üblichen 08/15 Pornos die immer nach dem gleichen Schema ablaufen. Wobei die Filme von Kink.com oft auch nach dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Schema ablaufen, was bei einer solchen Massenproduktion wohl unvermeidbar ist.

Wer in dem Film überhaupt nicht zu Wort kommt, sind die Zuschauer, also die Leute, die sich diese Filme ansehen. Wäre interessant, mal zu sehen, wer sich das alles ansieht und warum. Es gibt ja auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Frauen, die sich durchaus Pornografie ansehen.
Noch ein paar kurze Gedanke zum Thema Pornografie

Man macht es sich zu einfach, wenn man Pornografie als ein Mittel zur Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen ansieht, wenn man dabei vermutlich eine fies verzerrte Großaufnahme eines männlichen Gesichts á la Lou Ferrigno vor Augen hat, während dieser der Frau ins Gesicht spritzt. Diese Pornografie gibt es natürlich und sie ist weit verbreitet, aber sie steht trotzdem nicht repräsentativ für dieses Filmgenre. Ich hoffe, dass meine obigen Texte zu den drei Dokumentationen gezeigt haben, dass es sich bei Pornografie um ein weites und vielseitiges Feld handelt, das man nicht einfach in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse unterteilen kann. Es spiegelt vielmehr das differenzierte und komplexe Zusammenleben der Menschen unter dem Aspekt der Sexualität wieder.

Und unter anderem deshalb ist es ein Feld, das in der Kulturwissenschaft nicht vernachlässigt werden sollte (was es aber wird). Ich habe z. B. Nordamerikastudien am John-F.-Kennedey Institut für Nordamerikawissenschaften an der Freien Universität Berlin mit einem Schwerpunkt auf Kultur studiert. Und während Malerei, Fotografie, Film, Serien, Musik, Journalismus usw. dort ausführlich behandelt werden, wird die Pornografie (übrigens ebenso wie Computer- und Videospiele) dort komplett ignoriert.

Die Pornoindustrie ist eine Milliardenindustrie, die sich mit ihren Umsätzen nicht hinter Hollywood verstecken braucht. Seit es Fotografie gibt, gibt es pornografische Aufnahmen, und seit es den Film gibt, gibt es auch pornografische Filme. Zunächst liefen solche Filme nur in Schmuddelkinos und Videokabinen in Sex-Shops. Die Erfindung der Videokassette und der Siegeszug von VHS und der Videotheken haben die Pornoindustrie revolutioniert und in Millionen von Haushalten gebracht. Seit dieser Zeit sind unzählige Menschen unter dem Einfluss von Pornografie aufgewachsen, ein Einfluss, der sich durch das Internet nur noch mehr potenziert hat. Es lässt sich nicht leugnen, das Pornografie eine enormen Einfluss auf ganze Generationen von Menschen hat (auch wenn viele von ihnen das öffentlich natürlich bestreiten würden). Pornodarstellerinnen sind Superstars, die sich vor Autogrammanfragen kaum retten können. Doch neben dem industriell organisierten Massenmarkt hat sich in der Pornografie auch eine Kunstform entwickelt, die versucht, den Sexualakt auf ästhetisch anspruchsvolle Weiße darzustellen.

Sämtliche oben genannten Aspekte verdienen eine ausführliche kulturwissenschaftliche Betrachtung. Dabei geht es nicht um moralische oder ästhetische Urteile – in der Kulturwissenschaft geht es nicht um Bewertungen – sondern um Analyse des kulturellen Einlusses der Pornografie auf ein Land und seine Menschen, und den Einfluss des Landes und seiner Kultur auf die Pornografie.

Salman Rushdie sagte einmal:

Wenn es um Gesellschaften geht, in denen es für junge Männer und Frauen schwierig ist, zusammenzukommen und das zu tun, was junge Männer und Frauen häufig tun, dann befriedigt sie (die Pornografie) ein allgemeines Bedürfnis. In dieser Funktion wird sie manchmal geradezu zu einem Symbol der Freiheit, ja der Zivilisation.

(Quelle: Spiegel.de)

Am Umgang einer Gesellschaft mit Pornografie kann man ihren Grad an Freiheit erkennen. Wenn man sich anschaut, wo Pornografie verboten ist, dann handelt es sich vor allem um diktatorische, autokratische und repressive Staaten. Das von mir weiter oben erwähnte neue restrektive Gesetz in Großbritannien zeigt durchaus, dass sich das Land schleichend von den Grundsätzen der Demokratie entfernt, was man an den jüngsten Geheimdienstskandalen rund um die Enthüllungen von Edward Snowden, der Aktion gegen den Guardian, den vorauseilenden Gehorsam der Presse und der umfassenden Überwachung durch die Sicherheitsbehörden erkennen kann.

In den USA ist Pornografie nur im von Mormonen dominierten Bundestaat Utah verboten, aber die Gesellschaft ist noch weit von einem gelassenen Umgang mit der Thematik entfernt. An diesem widersprüchlichen Umgang kann man die Spaltung der Nation in ein konservatives und ein liberales Lager gut erkennen.

Ich persönlich halte Pornografie nicht für schlimm. Pornografie ist kein Zeichen einer übersexualisierten Gesellschaft. Viel gruseliger finde ich die in den USA weit verbreitete Miss-Wahlen, auf denen kleine Mädchen zu puppenartigen Wesen geschminkt und gestylt werden (siehe Little Miss Sunshine), oder die Modebranche, in der 14-jährige Mädchen als Sexsymbole inszeniert werden. Ebenso unheimlich, wie diese Fixierung auf ein möglichst sexy Aussehen in Lifestylemagazinen, im TV, in Musikvideos und sonstigem Promikram. Bei Pornografie ist klar dass es um Sex geht, und sie findet in der Regel in einem abgegrenztem Rahmen statt, während die oben erwähnten Beispiele zu einer Übersexualisierung des Alltags führen.

Das alles kann dazu führen, das Heranwachsende (aber auch Erwachsene) ein falsches Selbstbild und ein gestörtes Gefühl für ihren Körper entwickeln. Pornografie sollte Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden (auch wenn sie trotzdem dran kommen), denn dadurch kann durchaus ein falsches Bild von gesunder Sexualität entstehen. Vielmehr sollte ein offener Umgang des Themas Sexualtität und Aufklärung an Schulen und in der Familie dazu führen, dass die Jugendlichen in kompetentem Medienumgang geschult werden und die verstehen lernen, dass Pornofilme ebenso wie Spielfilme und TV-Serien eben nicht die Realität widerspiegeln. Wobei ich glaube (und da stimmt mir die Spiegeltitelstory aus dem Heft 15 von 2014 Jugend forscht – Wie schädlich ist Pornografie zu), dass wir Erwachsenen die Jugendlichen gerne unterschätzen. Die sind viel besser in der Lage zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden, als es allgemein angenommen wird.

Frauenverachtende Pornos gibt es zuhauf, vielleicht werde ich im Laufe des Jahres ja mal dazu kommen, hier im Blog positive Beispiele für feministische, für Frauen gemachte oder einfach gut gemachte Pornos vorzustellen. Wobei ich jetzt nicht der große Pornogucker bin und auch nicht vorhabe, mir eine Sammlung anzuschaffen. Eine gute Fundgrube für solche Filme ist das jährlich im Herbst in Berlin stattfindende Pornfilmfestival.Ein sehr gelungenes Beispiel für einen Spielfilm mit gelassenem Umgang bezüglich Sexualität ist für mich Shortbus, den ich demnächst hier vorstellen werde. Aber das ist halt kein Porno.