„Monster 1983“ von Ivar Leon Menger (eine Hörspielempfehlung)

(Ivar Leon Mengers) Monster 1983 ist von der Machart her so eine Art Nostalgiegeschichte wie Stranger Things, war allerdings vorher dar. Die Achtzigerjahre, amerikanische Kleinstadt, eine mysteriöse Mordserie, ein neuer Sheriff mit nebulöser Vergangenheit. Wer mit den Filmen von Steven Spielberg (aus dem Hause Amblin) und den Büchern von Stephen King aufgewachsen ist, wird ahnen können, in welche Richtung es geht. Neben dem Sheriff als Hauptfigur gibt es auch noch seinen Teenagersohn mit seinen beiden Freunden, die stellenweise aber etwas kurz kommen (deren Sprecher aber tolle Arbeit abliefern).

Die an der Küste spielende Geschichte umschifft dabei kein einziges Klischee (was sicher als Hommage gedacht ist, meist funktioniert, gelegentlich aber den Bogen überspannt) und teilweise grenzt die Leistung der Sprecher schon an Overacting, was ein wenig nervt.

Mir hat vor allem die erste Hälfte mit der ruhigen Inszenierung und Einführung in den Kleinstadtkosmos gefallen, nur leider geht es in der zweiten Hälfte genauso ruhig weiter. Dazu trägt auch die trantütige Musik bei, die stellenweise schon einschläfernd wirkt. Eine richtige Spannungskurve oder so etwas wie Dramaturgie gibt es nur in Ansätzen.

Das ganze Namedropping mit Sachen aus den 80ern (Magnum, Der weiße Hai, Rambo usw.) war mir teilweise schon zu viel des Guten, nett finde ich allerdings, dass der Sprecher von Tom Selleck den zwielichtigen Bürgermeister spricht, der einen neuen Sheriff einstellt – so wie Tom Sellecks Figur Jesse Stone in den gleichnamigen Filmen von einem zwielichtigen Bürgermeister als Polizeichef eingestellt wird.

Die meisten Handlungsstränge und Rätsel werden übrigens nicht aufgelöst, aber es gibt ja eine zweite Staffel, in der es weitergeht.

Atmosphärisch hat mir das Hörspiel gut gefallen, ich habe es insgesamt auch gerne gehört (auch wenn sich das oben schon wie ein Verriss liest, Staffel zwei werde ich mir auch kaufen), aber die fehlende Dramaturgie, die teilweise ermüdend träge inszenierten Dialoge (z. B. das Süßholzraspeln zwischen dem Sheriff und seinem Deputy als beide eigentlich schon mehr als beunruhigt sein sollten), das stellenweise Overacting, die klischeehaften Bösewichte und ein paar Unglaubwürdigkeiten in der Story (das Finale mit dem dämlichsten Regierungsagenten überhaupt) haben mich doch gestört.

Trotzdem kann ich das Hörspiel allen empfehlen, die sich für die Achtzigerjahre, Grusel und dichte Kleinstadtatmosphäre interessieren.

P.S. das Hörspiel wurde von Audible produziert, ist aber auch einzeln im Download erhältlich (alle Folge in einem Kauf), die erste Staffel gibt es auch auf CD, ich meine gelesen zu haben, dass die bei Staffel zwei nicht mehr der Fall sein soll.

„Paris-Spaziergänge“ von Hella Broerken, der Besprechung erster Teil (Quartier Latin)

Letzte Woche habe ich Urlaub in Paris gemacht, und wie es sich für eine Leseratte gehört, habe ich mich natürlich mit Büchern darauf vorbereitet. Es war mein erster Besuch in der Stadt, einige Sehenswürdigkeiten waren mir natürlich ein Begriff, aber einen wirklichen Überblick hatte ich nicht. Was ich nicht machen wollte, war die einzelnen typischen Touristenattraktionen (Eiffelturm, Louvre, Notre Dame usw.) der Reihe nach abhaken, ohne vom Rest der Stadt etwas mitzubekommen.


Also habe ich mir dieses Buch mit empfohlenen Spaziergängen gekauft, da ich die Stadt weder vom Bus aus noch per Boot erkunden wollte, sondern zu Fuß, ganz gemütlich in meinem eigenen Tempo. Hella Broerken stellt neun verschiedene von ihr individuell nach ihrem Geschmack gestaltete Spaziergänge vor, die ich mir im Vorfeld alle durchgelesen habe. Für fünf Tage in Paris (von denen zwei größtenteils für An- und Abreise draufgehen) sind neun Spaziergänge natürlich zu viel. Also musste ich eine Auswahl treffen und habe mich einfach an die Reihenfolge im Buch gehalten, da mir die ersten drei auch sehr vielversprechend erschienen (die restlichen werde ich dann bei meinem nächsten Besuch nachholen).

Die Autorin machte in ihren Beschreibungen einen sympathischen Eindruck, deckt durchaus einige bekannte Sehenswürdigkeiten ab, hat aber auch Empfehlungen, die man in den üblichen Touristenführern eher nicht findet (wobei ich zum Vergleich nur den von Lonely Planet kenne). Jedenfalls haben mir ihre Schilderungen richtig Lust darauf gemacht, in ihre Fußstapfen zu treten.

Die Spaziergänge beginnen und enden immer an einer Metrostation, so dass man immer gut hin und auch wieder wegkommt. Zu Beginn jedes Kapitels (ein Kapitel pro Spaziergang) gibt es eine kleine Karte, auf der die Route (mit den Highlights der Strecke) eingezeichnet ist. Trotzdem sollte man noch einen richtigen Stadtplan mitnehmen, da nur die Straßen bezeichnet sind, die man entlanggeht. Hat man sich mal verlaufen (was mir mehrmals passiert ist) benötigt man eine Straßenkarte oder Googlemaps auf dem Smartphone (was ich aber aus Angst vor hohen Roaminggebühren nicht genutzt habe, da ich per Aldi-Auslandspaket nur eine geringe Datenmenge frei hatte).

Im Vorfeld habe ich mir im Fließtext alle Straßennamen, interessante Einrichtungen (Museen, Parks usw.) per Textmarker markiert, damit ich im Gehen nicht immer den ganzen Text lesen muss. Jedes Kapitel enthält auch einige Fotos und am Ende eine Informationstafel mit den Öffnungszeiten der im Spaziergang enthaltenen Einrichtungen.

Im Quartier Latin

Das Viertel liegt im Südosten der Stadt, direkt am linken Seineufer unterhalb der Île Saint-Louis, jener kleineren Insel direkt hinter der Île de la Cité (auf der die Kathedrale von Notre-Dame steht). Startpunkt ist die Metro-Station Sully Morland am rechten Seine-Ufer. Hier muss man darauf achten, welchen Ausgang man nimmt, sonst könnte es erst mal verwirrend werden, ich bin dann auch direkt auf der falschen Brücke gelandet und musste wieder zurückgehen, um die Pont de Sully zu betreten. Von dieser Seine-Brücke hat man einen guten Blick auf die Rückseite von Notre-Dame.

Hat man das andere Ufer erreicht, erhebt sich vor einem direkt das modern gestaltet Gebäude des Institut du Monde Arabe, in dem ich eine ganz interessante Ausstellung zur Geschichte der arabischen Welt besucht habe (da kommt man mit dem Museumspass rein, dessen 62 Euro für vier Tage sich durchaus lohnen, wenn man einige Museen auf dem Programm hat). Danach geht es dann am Ufer den Quai Saint Bernard entlang, an dem einige Skulpturen ausgestellt sind. Hier lässt sich – wie in eigentlich jedem Park von Paris – auch bei heißem Wetter noch ein freies schattiges Plätzchen zum Hinsetzen finden. Ich war in der Mittagszeit dort, als viele Franzosen ihre Mittagspause in der strahlenden Sonne genossen. Am Ende des Quais geht es dann über die Straße in den Jardin des Plantes, einem großen, grünen Park, in dem sich die Galerie d’Anatomie befindet (in der Dinosaurierskelette ausgestellt werden) und das Naturkundemuseum. Dummerweise hatte ich nicht auf die Angaben der Öffnungszeiten am Ende dieses Kapitels geachtet und stand an diesem Dienstag bei beiden Museen vor verschlossener Tür. Egal, weiter ging es zur Moschee des Viertels (die man für 3 Euro besichtigen kann), die ich mir aber nur von außen angesehen habe.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich Hunger und stürzte mich in das Gewirr aus kleinen Straßen und Boulevards des Quartier Latin, bis ich schließlich in der Rue Censier in einem Restaurant landete, wo ich kulinarischer Hasenfuß mir erstmal ganz unfranzösisch einen Burger bestellte (der dann noch nicht mal wirklich gut war). Genügend Mut mich auf die französische Küche einzulassen, sollte ich erst am nächsten Tag zeigen.

Ich weiß ja nicht, ob es an dem enttäuschend Essen lag, jedenfalls gelang es mir dann trotz Straßenkarte nicht, die Rue Mouffetard zu finden, die mich zum Pantheon führen sollte. Irgendwie bin ich in einer Parallelstraße gelandet, und als ich das Pantheon dann schon in Sichtweite hatte, wollte ich nicht mehr zurücklaufen. Die Ruhmeshalle, in der einige französische Berühmtheiten wie Victor Hugo, Émile Zola und Alexandre Dumas bestattet liegen, bietet sowohl von außen als auch von innen einen imposanten Anblick. An einem so hochsommerlichen Tag mit strahlenden Sonnenschein empfiehlt sich nach einem schweißtreibenden Spaziergang auch ein Besuch der angenehm kühlen Krypta. Vom Pantheon geht es dann noch weiter zum Schlusspunkt dieses Spaziergangs: den riesigen Jardin de Luxembourg, wo es auch zahlreiche Bänke und Stühle im Schatten gibt.

Mir hat dieser erste Spaziergang nach dem Buch von Hella Broerken ausgezeichnet gefallen, auch wenn ich mich unterwegs verlaufen und die Rue Mouffetard verpasst habe. Nicht schlimm, denn anders als die Autorin bin ich nicht so ein Ladenbummler, der sich für putzige kleine Geschäfte und deren Waren interessiert. Alles, was keine Buchhandlung ist, erhält von mir nur eingeschränkt Beachtung. Dass man sich auf diesen Spaziergängen schon mal verlaufen kann, liegt vor allem an den riesigen Straßenkreuzungen, an denen mehr als vier Straßen zusammenlaufen, da wird es dann unübersichtlich. Ist aber nicht schlimm, denn auch abseits der geplanten Wege kann man auf interessante Sachen stoßen.

Für diesen ersten Spaziergang wählte ich übrigens – aufgrund des heißen Wetters – das falsche Schuhwerk. Jene Sandalen, die jahrelang bei mir auf dem Speicher standen, weil sie mir zu unbequem waren, sorgten dann für einige Blasen an meinen Füßen, die mich aber nicht daran hinderten, nach dem Spaziergang noch vom Jardin de Luxembourg zur Kathedrale von Notre Dame zu latschen.

Untergekommen bin ich übrigens im putzigen Hotel Chopin in der Passage Jouffroy, die Teil des neunten Spaziergangs ist, der durch einige dieser Einkaufspassagen aus dem 19. Jahrhundert führt. Das ist zentral gelegen, direkt vor der Metrostation Grand Boulevard am Boulevard Montmatre, in Fußnähe zum Louvre und dem Seineufer. Ein etwas in die Jahre gekommenes Hotel mit Charme und Katze, relativ günstig, für meinen Geschmack aber mit etwas zu hellhörigen Wänden, dafür aber ruhig gelegen und sauber.

Im zweiten Teil der Besprechung wird es dann nach Montmatre und ins Marais gehen.

P. S. Meinen Hinflug nach Paris hätte ich fast verpasst, weil ich auf der Anfahrt zum Frankfurter Flughafen am Wiesbadener Kreuz zwei Stunden in einem 20 Kilometer langen Stau gestanden habe (Montagsmorgens ist keine gute Zeit, um über die Autobahn nach Frankfurt zu fahren). Landet man auf dem Roissy (dem Flughafen Charles de Gaulle), sollte man sich vorher einen Plan ansehen, denn der Flughafen ist riesig und leicht verwirrend, ich bin in Terminal 2g angekommen, das Abseits von allem anderen liegt, und hatte erst mal keine Ahnung, wie ich zu meinem Bus komme. Ich dachte, es gäbe nur einen Terminal 2 und nicht sieben. Für die Fahrt in die Stadt sollte man auch noch mal eine Stunde plus einplanen, je nachdem wo man hinmuss.

Ist man eine Woche in Paris, lohnt sich die Wochenkarte Navigo Decouverte. Dafür holt man sich in einer Metrostation oder am Flughafen (wenn man es findet) einen Bon am Automaten, für den man dann am Informationsschalter den Navigo Pass ausgestellt bekommt (für den man ein Passfoto benötigt), den man dann wiederum am Automaten mit Geld auflädt. Im Navigo ist ein RFID-Chip, mit dem man dann am Drehkreuz zur Metro über einen Scanner fährt und dann eintreten kann.

Programmvorschau Herbst/Winter 2017/18: Bastei Lübbe

Hier kann man sich die Vorschau von Bastei Lübbe als PDF runterladen. SF und Fantasy geht ab Seite 80 los.

Science Fiction

Das ist ein Perry Rhodan-Roman von Christian Montillon und Oliver Fröhlich im Programm. Bei PR habe ich es mal mit den ersten Silberbänden versucht, war historisch gesehen ganz interessant, aber nach Band 3 habe ich das Interesse verloren. Heftroman ist einfach nicht meins, und auch nicht solche Franchiseuniversen bzw. Endlosserien.

Prisma ist Margarete Fortunes Fortsetzung von New Sol, das mir ja gut gefallen hat. Ob mich Band 2 aber noch interessiert, nachdem in Band 1 die Katze aus dem Sack gelassen wurde, weiß ich noch nicht. Man sollte den Klappentext nicht lesen, wenn man New Sol noch nicht gelesen hat, da wird nämlich der große Twist gespoilert.

Und dann ist da noch eine Anthologie zur Honor Harrington-Endlosserie von David Weber mit Kurzgeschichten von Timothy Zahn und einigen Autoren, die ich nicht kenne (siehe Cover). Nix für mich. Ach ja, ein neuer Roman zur Serie ist mit Operation Janus auch dabei.

Neben Cross Cult hat jetzt auch Bastei Lübbe Doctor Who-Romane im Programm. Ich erwähnte es schon, der Franchisekram ist nichts für mich (auch wenn ich mir die Serie sehr gerne ansehe, Matt Smith ist mit mein Lieblingsdoctor).

Fantasy

Südafrikanische Autoren stehen ja gerade hoch im Kurs, Roger Smith im Krimi, Lauren Beukes in der Science Fiction und Charlie Human was Urban Fantasy angeht. Mit Der Fluch des Feuers von Mark de Jager ist jetzt wohl auch klassische Fantasy dabei. Scheint mir Grim-and-Gritty-Fantasy im Stil von David Gemmel und Joe Abercrombie zu sein. Da ich mich sehr für südafrikanische Literatur interessiere, merke ich mir das Buch mal vor.

Die Dreizhen Gezeichneten von Judith und Christian Vogt scheint mir klassische Städtefantasy zu sein, der Klappentext hat mich noch nicht neugierig gemacht. Mal die ersten Kritiken abwarten.

Bastei Lübbe hat ein wirklich abwechslungsreiches Programm mit sehr interessanten AutorInnen. Eine davon ist Clair North (alias Cathrine Webb), deren Die vielen Leben des Harry August viele positive Kritiken erhielt, und das ich dringend mal lesen muss, bevor ich mich dann eventuell an Das Spielhaus begebe.

Alben und Trolle, da schlägt mich schon der Titel in die Flucht, bevor ich beim Klappentext angekommen bin, diese nordische Völkerfantasy erinnert doch stark an Bernhard Hennes Elfen-Welt. Nix für mich. Aber interessant zu sehen, dass die Völkerfantasy auch nach Abflauen des Booms noch nicht ganz totzukriegen ist. Und schön zu sehen, dass auch weiterhin deutsche AutorInnen in den großen Publikumsverlagen eine Chance bekommen (wie oben auch die Vogts)

Tochter der Götter von Amanda Bouchet scheint dem Marketing nach Fantasy mit einem der griechischen Mythologie entlehnten Szenario zu sein, mit ganz schrecklichen Covern, die eindeutig Richtung Romantasy gehen. Auch nix für mich, aber thematisch immerhin mal was anderes.

Robert Jackson Benett hingegen ist auf jeden Fall was für mich und die Stadt der Tausend Treppen steht ganz oben auf meiner Leseliste. Diese Trilogie (Die Stadt der Träumenden Kinder ist Band 3) soll ein wirklich originelles Fantasysetting abseits der üblichen Klischees und Kulissen haben. Leider wird der zweite Band Die Stadt der toten Klingen (erscheint am 29. September) nicht mehr von der von mir hochgeschätzten Eva Bauch-Eppers übersetzt, wie ich gerade sehe. Mag ich ja gar nicht, wenn mittendrin der Übersetzer wechselt (auch wenn ich selbst schon als Übersetzer bei zweiten Bänden von Reihen eingestiegen bin). Vielleicht hol ich es mir doch lieber im Original.

Horror

Ein John Sinclair-Roman von Wolfgang Hohlbein – ist wohl Band 2 – der erste erscheint Ende September. Sinclair und Perry Rhodan stehen wohl aktuell wieder hoch im Kurs zu stehen, wenn sowohl Bastei Lübbe als auch Fischer Tor Romane aus diesen beiden Serien in ihr Programm aufnehmen. Meins ist beides nicht. Aber schon interessant. Es heißt ja, die Heftromanleser würden langsam aussterben, im Sinne, dass kein Nachwuchs hinter den inzwischen meist ergrauten Herren (die mit diesen Heften aufgewachsen sind) nahkommt.

Leider hat man auch weiterhin den unsäglichen Larry Correia im Programm, den ich hier weiterhin ignorieren werde.

Fazit

Gefällt mir ganz gut, das Programm von Bastei Lübbe. Eine gelungene Mischung aus originellen Titeln abseits ausgetretener Genrepfade und dem ganzen Franchise- und Serienkram, der auch sein Publikum hat. Wobei die Science Fiction doch etwas schwach aufgestellt ist. Auch hier scheint sich der Trend nicht anzuhalten.

Programmvorschau Herbst/Winter 2017/18: Fischer Tor

Mit dem dritten Programm feiert Fischer Tor einjähriges Bestehen (zum runterladen Link anklicken) und trotz des sehr gelungenen Einstands mit den ersten beiden Programme zeigt der Verlag, dass man sich nicht mit dem bereits Geschaffenen zufriedengibt, sondern strebt nach weiteren Variationen, nach Abwechslung und Neuerungen. Einiges davon dürfte so manchen Leser überraschen, wie der Perry Rhodan-Roman von Andreas Eschbach, der für 2019 angekündigt ist, die neue Fantasytrilogie von Bernhard Hennen (Frühjahr 2018, noch nicht hier im Programm), ein John Sinclair-Roman von Denis Erhardt und auch John Scalzis neuer Roman ist dabei.

Science Fiction

Blade Runner von Phillip K. Dick wird passend zur Filmfortsetzung Blade Runner 2049 in neuer Übersetzung von Manfred Allié erscheinen. Ich habe das Buchs schon in der schicken orangefarbenen Nadelstreifenausgabe von Heyne im Regals stehen. Im Vergleich dazu finde ich das neue Cover ehrlich gesagt furchtbar.

Kollaps von John Scalzi; da wird man bei Heyne bestimmt keine Freudensprünge gemacht haben, als man dort erfuhr, dass der Autor, dessen Bände bisher alle dort erschienen sind, zur Konkurrenz gewechselt ist. Aber so ist das Geschäft. Die deutschsprachigen Fans kann ich beruhigen, auch dieses Buch wird von Bernhard Kempen übersetzt. Ich habe von Scalzi bisher nur Krieg der Klone gelesen, das ich ganz unterhaltsam fand, wobei es mich aber nicht so stark motiviert hat, noch mehr von ihm zu lesen. Auf dem Schirm hatte ich ihn zwar immer, aber plötzlich waren dann schon so viele weitere Bücher erschienen, dass es mich eher abgeschreckt hat.

Band 1 von Die Androidin habe ich gerade angefangen, allerdings aktuell auf Eis gelegt, da ich nächste Woche Urlaub in Paris mache und gerade ein ganz tolles und sehr dickes Sachbuch über die Stadt von Thankmar von Münchhausen lese. Aber wenn ich zurück bin, werde ich weiterlesen, da mich das Cyberpunkszenario im Weltraum durchaus interessiert. Im Oktober wird allerdings schon Band 3 Weg in die Freiheit erscheinen. Also drei Bände mit jeweils um die 600 Seiten innerhalb von einem halben Jahr. Selbst wenn mir Band 1 gefällt, wird es sicher lange dauern, bis ich weiterlesen werde, da mir das zu viel auf einmal wäre. Ich brauche mehr Abwechslung bei meiner Lektüre und lese selten mehr als ein Buch pro Autor im Jahr. Aber da bin ich als Leser eher eine Ausnahme, die meisten dürfte es freuen, dass die Reihe so schnell hintereinander verlässlich erscheinen wird.

Becky Chambers‘ Debütroman Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten hat mich im letzten Jahr schwer begeistert. Kaum ein SF-Roman hat mich in den letzten Jahren so bewegt. Da ist der nächste Band im Wayfarer-Universum – dessen Hauptfigur allerdings die Technikerin Pepper sein wird, die nicht zur Crew des Tunnelbauschiffs gehört und im ersten Band nur eine Nebenrolle hatte – natürlich Pflichtlektüre.

Zwischen den Genres

Bewegt sich G. Willow Wilson mit Alif der Unsichtbare, ein SF-Hackerroman in arabischem Setting á la Tausendundeine Nacht mit Urbanfantasyeinschlag. Alif the Unseen habe ich bereits 2012 im Original begeistert gelesen und schon nicht mehr daran geglaubt, dass das ungewöhnliche Buch noch auf Deutsch erscheinen würde. Großes Lob an Fischer Tor, dass sie sich trauen, was kein anderer deutscher Verlag sich traute.

Fantasy

Nevernight: Die Prüfung von Jay Kristoff. Zur Originalausgabe sind mir schon einige positive Stimmen begegnet. Auch wenn der Klappentext über Verschwörungen unter Mächtigen und ein Mädchen, dass zur Assassinnin ausgebildet wird, noch recht gewöhnlich klingt, aber es kommt ja auch drauf an, wie eine Geschichte geschrieben ist. Erscheint übrigens als Hardcover. Habe ja schon in meinen Beitrag zu Knaur erwähnt, dass ich das für recht gewagt in der Fantasy halte.

Die Legende von Shikanoko von Lian Hearn sagt mir gar nicht, aber ihre Saga um den Clan der Otori (Carlsen) ist mir natürlich ein Begriff, auch wenn ich sie noch nicht gelesen habe. Warum eigentlich nicht? Ich stehe doch total auf Japan und Samurais. Herrscher der acht Inseln ist der Auftakt zu einer Reihe, von der bereits drei Titel im Original erschienen sind. Allerdings mit jeweils zwischen 200 bis 300 Seiten. Da diese Übersetzung hier 600 Seiten hat, vermute ich, dass man zwei englischsprachige Bände in einem zusammengefasst hat. Band 2 ist für Frühjahr 2018 angekündigt. Nachtrag: Jetzt wo ich das Cover hier sehe, ohne den hässlichen Aufkleber von Fischer Tor, fällt mir erst auf, dass es gar nicht dort erscheint, sondern bei Fischer Sauerländer. Steht aber im Programm bei Fischer Tor.

Am Fluss der Sterne von Guy Garvriel Kay spielt in derselben Welt wie Im Schatten des Himmels (habe ich schon angefangen und muss mal dringend weiterlesen), ist aber ebenso ein abgeschlossener und alleinstehender Roman. Ich hoffe doch sehr, dass Kay genügend Leser finden wird, damit noch mehr von ihm auf Deutsch veröffentlicht wird.

Mit Verzauberung der Schatten erscheint Band 2 der Weltenwanderer-Trilogie von V.E.B. Schwab, deren erste Band Vier Farben der Magie gerade erschienen ist. Steht auch auf meiner Leseliste (aber die ist ja bekanntlich viel zu lang, um alles zu schaffen, was darauf steht). Abgeschlossene Einzelbände haben bei mir eine höhere Priorität, scheint aber eine ganz interessante historische Urban Fantasy zu sein.

Und dann wäre da noch Band 3 der Völkerkrieg-Trilogie von Bernd Frentz.

Horror

Als ich im Februar beim Programmchef im Büro stand und das Cover zu Sinclair von Dennis Erhardt an der Wand hängen sah, dachte ich, meinen Augen nicht zu trauen. Fischer Tor, mit dem wohl zurzeit anspruchsvollsten Phantastikprogramm auf dem deutschsprachigen Buchmarkt, und dann ein Roman zur trashigen Heftromanserie John Sinclair von Jason Dark! Aber warum nicht? Wenn man sich als neuer Verlag mit neuem Programm auf dem Markt festigen möchte, muss man sich möglichst breit Aufstellen und unterschiedliche Sparten abdecken. Da reicht es nicht, nur ungewöhnliche, möglichst originelle Titel zu bringen, die teilweise vielleicht nur von einigen Liebhabern wie mir gelesen werden, man muss auch andere Käuferschichten ansprechen. Zu den Romanen (Band 2 ist im Programm auch schon angekündigt), wird es auch ein Hörspiel von Dennis Erhardt geben, der ja schon viel Erfahrung mit der Inszenierung von John Sinclair hat, und den ich vor allem durch seine Adaption der Elfen-Romane von Bernhard Hennen und Dorian Hunter kenne. Da werde ich eher den Hörspielen eine Chance geben, in Buchformist John Sinlclair nichts für mich. Man merkt, ich bin nicht mit Heftromanen großgeworden (auch mit Perry Rhodan kann man mich jagen).

Und dann erscheint da noch ein ganz besonderes Schmuckstück: H. P. Lovecraft das Werk. Dabei handelt es sich um den aufwendigen Band The New Annotated Lovecraft, herausgegeben von Leslie S. Klinger. Ein wahrer Prachtband (ich habe das Original letztens mal durchgeblättert) mit zahlreichen Illustrationen, Fotografien und Anmerikungen, sowie einer Neuübersetzung durch Andreas Fliedner und Alexander Peschmann. Da ich erst kürzlich Andreas Fliedners exzellente Übersetzung von Der Fall Charles Dexter Ward gelesen habe, vermute ich mal, dass sich dieser Band auch für Lovecraft-Kenner lohnt. Geht mit 68 Euro natürlich ganz schön ins Budget, aber für Bibliophile ist diese Ausgabe vermutlich ein Muss.

Fazit

Als freier Mitarbeiter von Tor Online stehe ich dem Verlag natürlich nahe, aber ich habe ja auch schon für Cross Cult, Knaur und Heyne übersetzt. Ist man in der Branche berufliche tätig, ist es manchmal schwer, zwischen Beruf und Fans-sein bzw. dem privaten Lesen zu trennen. Meine Kommentierungen der Verlagsvorschauen versuche ich aber rein aus Lesersicht zu schreiben (und spare da auch nicht mit Kritik), und vor allem in Bezug auf meinen eigenen Lesegeschmack. Und was das angeht, gefällt mir das Progamm von Fischer Tor aktuell einfach am Besten. Während alteingesessene Verlage wie Blanvalet oder Piper etwas in ihrer Routine gefangen zu sein scheinen und wenig Aufregendes im Programm haben, wagt sich Fischer Tor immer wieder an interessante und gewagte Titel ran, die häufig durch Originalität und einen gewissen Anspruch punkten. Wie z. B. Alif der Unsichtbare oder die Lovecraft-Gesamtausgabe. Sicher gibt es auch Titel im Programm, die mich jetzt nicht so interessieren, wie die Völkerkrieg-Trilogie von Bernd Frenzen z. B. (wobei Band 1 bei mir im Regal steht), und es gibt auch Bücher, die mir nicht so gefallen haben, wie zum Beispiel das in diesem Monat erscheinende Die Überfahrt von Mats Strandberg, aber insgesamt begeistert mich die Mischung aus eher flotten Unterhaltungstiteln, originellen Werken und anspruchsvolleren Sachen, die eine große Abwechslung bietet. AutorInnen mit mehrbändigen Reihen werden konsequent gepflegt, ohne, dass man vergisst, immer wieder neue Namen mit ins Programm zu nehmen. Bei den vielen Raschen Fortsetzungen beseht natürlich die Gefahr, dass Leser, die mit den ersten Bänden nichts anfangen können, bald sagen, dass für sie nichts Interessantes im Programm sei, aber allen kann man es auch nicht recht machen. Und es gibt ja genügend eigenständige Bücher im Programm.

Für mich persönlich ist das Programm von Fischer Tor, das, an dem ich alle anderen Verlage messe (die teilweise auch sehr interessante Titel im Programm haben, wie z. b. Knaur, Heyne und Cross Cult).

P.S. schade, dass diese hässlichen gelben und grünen Tor-Flatschen mitten auf den meist schönen Covern prangen.

Programmvorschau Herbst/Winter 2017/18: Cross Cult

Die offizielle Programmvorschau von Cross Cult ist noch nicht online, aber die Titel sind schon auf der Verlagshomepage einsehbar (und ich habe schon eine vorläufige Vorschau vorliegen). Zu meiner Überraschung setzt der Verlag im Herbstprogramm zu Abwechslung mal verstärkt auf Fantasy, wobei die Genregrenzen bei manchem Titel verschwimmen, und so ganz ohne SF geht es natürlich nicht. Die Cover hier sind teilweise, glaube ich, noch nicht ganz final.

Science Fiction

Der Spitzentitel im Programm ist die Endzeitdystopie The Divided States of America, in der sich die Vereinigten Staaten von Amerika nach einem verheerenden Anschlag gar nicht mehr ganz so einig sind. Genaueres weiß ich noch nicht über den Titel, aber anders als viele andere Endzeitgeschichten, erzählt er wohl von dem Zusammenbruch der Zivilisation selbst (ähnlich wie Marc Elsberg im ausgezeichneten Blackout– Nr. 10 in der Liste) , also jenem Szenario, auf das sich so viele Preper in den USA mit Bunkern im Garten, Waffen im Keller und Nahrungsmitteln in den Vorratsräumen vorbereiten.

Mit Das Buch des Phoenix erscheint (nach Lagune und Wer fürchtete den Tod) bereits der dritte Titel von Nnedi Okorafor bei Cross Cult, die bevorzugt auf ein afrikanisches Setting setzt. Dieses Mal geht es um genetische Experimente und übernatürliche Fähigkeiten. Da mir Lagune sehr gut gefallen hat, bin ich auch auf dieses Buch gespannt. Nnedi Okorafor wird 2017 übrigens auf der Frankfurter Buchmesse sein und bei den Dragon Days in Stuttgart (Tad Williams übrigens auch).

Nach dem Erfolg der Trilogie um Die Welten der Skiir (DSFP für Prinzipat), wird es mit Die Reise der Scythe: Aszendenz den Auftaktband zu einer zweiten SF-Trilogie vom Hans Dampf in allen Gassen der deutschen Science Fiction Dirk van den Boom geben. Ob es in dieser Space Opera endlich um Außerirdische gehen wird, die auf der Erde einfallen, um uns alle Hawaiihemden zu klauen … wer weiß. 😉

Außerdem sind noch einige Star Trek-Romane dabei (unter anderem von David Mack), sowie ein Doctor Who-Kurzgeschichtenband (in dem der von mir verehrte Nick Harkaway vertreten ist).

Fantasy

Hah, ich habe schon nicht mehr daran geglaubt, dass The Vagrant von Peter Newman auf Deutsch erscheinen würde. Als es 2015 im Original rauskam, habe ich es nach Lektüre einer begeisterten Rezension sofort auf meinen Kindle geladen und an einem Wochenende ebenso begeistert verschlungen. Hier meine Kurzkritik von damals:

Ein wilder Mix aus Fantasy und Science Fiction, in dem ein stummer Held mit Schwert, Baby und störrischer Ziege an der Leine durch eine von Dämonen eroberte und dementsprechend düstere Welt zieht. Ein englischsprachiger Rezensent hat Newmans Schreibstil als »stark« bezeichnet, was man in diesem Fall am ehesten als »schroff« übersetzen könnte. Es ist auf jeden Fall ein ungewöhnlicher (aber durchaus lesenswerter) Stil, der hervorragend zum Inhalt passt. Um diese Mischung inhaltlich einzuordnen, würde ich als Vergleichsreferenzen am ehesten Kings Der dunkle Turm, McCarthys The Road, Gemmels John Shannow und Warhammer heranziehen.

Cross Cult bringt direkt alle drei Romane, also auch The Malice (Arglist) und das gerade auf Englisch erschienene The Seven (Sieben) im halbjährlichen Rhythmus. Beide Daumen hoch dafür von mir.

Zum Newman passt auch dieser Klassiker der Fantasyliteratur, der auf Deutsch sehr lange vergriffen war (meine Knaur-Ausgabe im Regal ist von 1984, der letzte Sammelband ist wohl von 1990). Fred Saberhagen dürfte nur noch den älteren Kennern der Fantasy ein Begriff sein. Gelesen habe ich Das erste Buch der Schwerter übrigens noch nicht gelesen (Schande über mein Haupt, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Knaur-Ausgaben von damals nicht gekürzt sind).

Dass Cross Cult Marie Brennans Die Naturgeschichte der Drachen im Programm hat, überrascht mich besonders, kann man doch hier keine Brücke über Endzeit zur SF schlagen, wie bei den beiden obigen Titeln. Aber eine positive Überraschung. Band 2 soll dann im März 2018 erscheinen.

Hollow Earth: Dämonenfalle von John und Carol E. Barrowman scheint mir Urban Fantasy vom unter den Geeks besonders beliebten Schauspieler John Barrowman (Doctor Who, Arrow) und seiner Schwester zu sein. Eher nix für mich.

Daneben gibt es mit Die Jünger des Judas von Steve Savile noch einen Thriller im Programm, der mir in Richtung Steve Berry oder Clive Cussler zu gehen scheint. So was lese ich ja eigentlich ganz gerne, wenn es nicht zu plump daherkommt. Über die Belagerung der Festung von Masada habe ich mal eine Doku übersetzt. Ein interessantes Bauwerk mit einer spannenden Geschichte.

Kurzkritiken: Cleave, Louis, Gregory, Thiemeyer und Kiernan

Liebe in diesen Zeiten (Everyone Brave is Forgiven) – Chris Cleave (Übersetzung Susanna Goga Klinkenberg)

Chris Cleave kann schreiben (und Susanna Goga-Klinkenberg übersetzen). Hier stimmt jedes Wort, jeder Satz ist unterhaltsam, jeder Dialog vom trockenen oder bissigen bis schwarzen britischen Humor geprägt. Jede einzelne Figur entwickelt schon nach wenigen Worten eine eigene Persönlichkeit. Und Cleave findet genau den richtigen Ton für und die richtige Balance zwischen Komödie, Romanze und den herzergreifend tragischen Schicksalen während des Zweiten Weltkriegs.

Im Prinzip geht es um eine Dreiecksgeschichte während des Zweiten Weltkriegs, in der wir die tragischen Schicksale der drei Protagonisten während des Blitz in London (als die Bomben fallen und alles in Schutt und Asche versinkt) und des Kriegseinsatzes in Frankreich und auf Malta verfolgen. Der Star des Buches ist sicher die unerschütterliche und unermüdliche junge Mary North, die sich für den Kriegseinsatz meldet, unfreiwillig Lehrerin wird, Spaß an der Sache findet und nach dem fast alle Kinder aus London evakuiert wurden, mit denen zurückbleibt, die keiner will, mit Behinderungen, Beeinträchtigungen, schwarzer Hautfarbe und anderen „Makeln“, die die armen Kleinen in der versnobten britischen Gesellschaft zu einem Club der Verlierer abstempeln.

Das Ende von Eddy (En finir avec Eddy Bellegueule) von Éduard Louis (Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel)

Ähnlich wie Didier Eribon (dem das Buch auch gewidmet ist) in Rückkehr nach Reims, erzählt Édouard Louis von der schwierigen Kindheit eines homosexuellen Außenseiters in einfachen (sozial Schwachen) Verhältnissen auf dem Land in Frankreich. Obwohl viele Jahrzehnte zwischen Eribons und Louis‘ Kindheit liegen, scheint sich nicht viel verändert zu haben. Rassismus, Intoleranz, Gewalt, Hass auf die da oben, Städter, feine Pinkel und alle, die anders sind.

Ich bin zwar in auf einem Dorf aufgewachsen, aber die Lebensverhältnisse, die Louis hier schildert, keine Glühbirnen auf den Zimmern, kein Teppichboden, kaum Türen im Haus, dafür jede Menge Schimmel und Feuchtigkeit, sind ziemlich schockierend. So etwas hätte ich eher in den 50er Jahren vermutet. Dass so was vereinzelt noch vorkommt, klar, aber so massiv in so vielen Haushalten in einem Dorf … Dazu die alltägliche Gewalt, der Eddy an der Schule ausgesetzt ist, das konstante Mobbing der gesamten Dorfgemeinschaft (auch wenn es nicht immer böse gemeint ist) und sogar aus seiner Familie. Das alles schildert Louis beeindruckend und bewegend, in einer einfachen aber effektiven Sprache, ähnlich wie Eribon, nur ohne die soziologische Analyse und etwas unmittelbarer, weil er direkt aus der Kindheit erzählt.

Es gibt aber auch Widersprüche in der Geschichte. Auf der einen Seite heißt es, sie hätten kein Telefon zuhause, weshalb Eddy stundenlang in der Telefonzelle mit seiner Freundin telefoniert hätte, ein paar Seiten später ruft ihn dann seine Mutter abends zuhause an, um Bescheid zu geben, es würde etwas später werden.

Ein heftiges, brutales und schonungsloses Buch über einen Teil der Gesellschaft, der vermutlich so gut wie allen die zu dem Buch greifen oder meinen Blog lesen vollkommen fremd sein mag. Jenem Teil der Gesellschaft, der nach der Wahl Trumps in den USA und den aktuellen Erfolgen des Front National (zumindest in der Auslandspresse) wieder viel Aufmerksamkeit erhält, ohne das er aber wirklich verstanden wird.

Die Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel liest sich ausgezeichnet, vor allem auch in Bezug auf die Schimpfworte und Umgangssprache, da ich die Sprache gerade lerne, freut es mich auch, dass er einige interessante Begriffe auf Französisch erklärend im Text belassen hat.

After Party von Daryl Gregory (Übersetzung Frank Böhmert)

Neurochemikerin verlässt auf eigene Verantwortung die Psychiatrie, um herauszufinden, wer plötzlich wieder die Droge auf den Markt bringt, die sie überhaupt erst in die Geschlossene gebracht hat und an deren Herstellung sie mitgewirkt hat. Eine Droge, die dafür sorgt, dass einem Gott erscheint (bei jedem in einer anderen Manifestation) und nicht mehr verschwinden will. Daraus entwickelt sich dann eine Mischung aus Gangsterstory und Road-Movie, die mir für meinen Geschmack anfangs zu ziellos dahinplätschert. Erst gegen Ende, wenn die Storyfäden um die titelgebende Afterparty zusammenlaufen und sich die Geschichte als Krimi entpuppt, kommt sie so richtig in Fahrt. Schlecht fand ich das Buch nicht, aber meine hohen Erwartungen hat es auch nicht erfüllt. Dafür wird nicht genügend auf diese wirklich interessante Droge eingegangen, die zwar kein McGuffin ist, aber von der ich mir gewünscht hätte, dass der Autor etwas näher auf sie eingeht, bzw. sie zu einem zentraleren Bestandteil der Geschichte macht. Der letzte Teil des Buches mit dem Mädchen hat mir richtig gut gefallen. Auf den ganzen Gangsterkram hätte ich aber gut verzichten können. Da hat mir Harrison Squared von Gregory deutlich besser gefallen. Die Übersetzung von Frank Böhmert liest sich ganz ausgezeichnet mit prägnanten kurzen Sätzen, genau auf den Punkt geschrieben.

Babylon von Thomas Thiemeyer

Seit Medusa 2004 erschien, bin ich Thomas Thiemeyer in seinen Einzelromanen aber auch bei seiner Reihe um die Archäologin Hannah Peters treu geblieben, auch wenn mir der Band 3 Valhalla nicht so gut gefallen hat, da dort viel zu viel Wert auf die rasante aber auch oberflächliche Action gelegt und die wirklich interessante Hintergrundgeschichte völlig vernachlässigt wurde. Aber Babylon dürfte mein Abschiedsband gewesen sein. Auch dieses Buch beginnt als rasanter Actionroman, in den Thiemeyer mit dem Handlungsort Syrien und in Form eines IS-Schergen noch eine politische Komponente einbaut, doch leider bleibt diese auf dem Niveau eines amerikanischen B-Actionmovies. Und im letzten Drittel dreht die Geschichte dann vollends Richtung Erich von Dänniken ab. Und das Ende sorgt dafür, dass alles, was vorher passiert ist, im Prinzip für die Katz war, und dass es mir als Leser völlig egal ist, was mit den Figuren passiert. Die ersten beiden Drittel des Buchs habe ich immerhin noch flott weggelesen, ohne mich zu langweilen, doch als es dann Richtung Präastronautik und Esoterik ging, musste ich mich regelrecht durch das Buch quälen. Da hat jeder Satz wehgetan. Wobei ich es gar nicht prinzipiell ablehne, wenn ein Abenteuerthriller völlig ganz phantastisch wird (wie z. B. Korona), aber das hier ist einfach nur inkohärenter Murks.

Agents of Dreamland von Caitlan R. Kiernan

Eine Tor.com-Novelle, die im englischsprachigen Raum viel Lob erhalten hat. Von der Form her ist das Buch auch ganz wunderbar geschrieben und konstruiert, sprachlich auf höchstem Niveau, allein die Akte-X-artige Geschichte, mit Lovecrafteinflüssen konnte mich nicht so richtig packen. Ob es an der unkonventionellen Erzählstruktur lag? Ich weiß es nicht. Auch wenn es nicht schlecht zu lesen war.

Programmvorschau Herbst/Winter 2017/18: Knaur

Leider hat Knaur die Cover noch nicht zum Download auf der Verlagshomepage, deswegen muss diese Programmvorschau ohne bunte Bilder auskommen. Hier kann man sich das Programm als PDF (mit den Cover) runterladen.

Science Fiction

An Science-Fiction findet man nicht viel im Programm, Jason M. Hughes Fortsetzung von Darwin City, mit dem Titel Exodus Towers (wieder von Simone Heller übersetzt). Thematisch klingt es für mich eigentlich interessant, aber beide Bücher haben über 600 Seiten, und da es ja die Dire Earth-Trilogie ist, wird wohl auch noch ein dritter dazu kommen. Warum können sich die Autoren nicht kürzer fassen? Mal sehen.

Der zweite SF-Titel im Programm ist die Jugenddystopie Arena von Holly Jennings. Die Geschichte über eine Gladiatorenliga in der virtuellen Realität spricht mich jetzt nicht so wirklich an.

Fantasy

Der interessanteste Titel im Programm dürfte Das Lied der Krähen (Six of Crows) von Leigh Bardugo sein, das in den USA wohl ein ziemlicher Hit war. Scheint mir Rollenspielgruppen-Heist-Fantasy zu sein. Soll eine Duologie (mit Crooked Kingdom) in der gleichen Welt wie die Grisha-Trilogie sein, aber offenbar eigenständig. Merke ich mir mal vor.

Schattenprinz von David Gemmell habe ich schon in der alten Bastei-Ausgabe im Regal stehen, aber schön, dass die Drenai-Saga weiter neu aufgelegt wird. Ein echter Klassiker, der unter der ganzen anderen Fantasy der 80er Jahre aus der Reihe tanzt (zusammen mit Glen Cooks Black Company). Als Nächstes müsste dann Waylander folgen.

Schattendiebe von Hanna Kuhlmann hat den Indie-Autoren-Preis 2016 gewonnen. Der Klappentext über Diebe, Könige und Götter (falls es da einen Unterschied gibt) spricht mich jetzt nicht so an.

Sehr schön, Fran Wildes Updraft hat einen deutschen Verlag gefunden und wird unter dem Titel Stadt aus Sand und Knochen erscheinen. Der Roman hat im Original für einiges an Aufsehen erregt und auch mich neugierig gemacht.

Und dann wäre da noch Markus Heitz‘ Wedora-Fortsetzung Schatten und Tod. Mit Heitz habe ich es ein paar Mal versucht, aber seine Schreibe ist einfach nicht meins.

Auch fortgesetzt wird Ju Honischs Seelenspalter mit Blutfelsen, und Fechter und Feiglinge ist bereits der dritte Band Der Gilde der Duellanten von Julia Knight.

Und auch Michael J. Sullivans Zeit der Legenden wird mit dem zweiten Band Zeitenfeuer (übersetzt von Marcel Aubron-Bülles) weitergepflegt. Ich bin ja seinerzeit nicht in seine erste Riyria-Saga reingekommen, da mir Band 1 (Der Thron von Melengar) irgendwie zu albern und seicht erschien. Zeitenfeuer hat ein tolles Cover (das ich hier gerne gezeigt hätte), genau solche exotischen Panoramen sind es, die mich auf ein Fantasybuch neugierig machen, mich in fremde Welten locken und Abenteuer verheißen.

Und auch Ken Lius Das Schwert von Dara erhält eine Fortsetzung, genauer gesagt sogar zwei, da man The Wall of Storms in zwei Bände aufteilt (Die Götter von Dara und Die Stürme von Dara. Ich kann ja verstehen, warum Verlage aus einem Buch zwei machen (die Rechte und auch die Übersetzung müssen finanziert werden) – und besser, als wenn es gar nicht erscheinen würde; Band 1 scheint nicht wirklich viel Interesse erregt zu haben (nur zwei Amazonrezensionen). Aber Fantasy als Hardcover hat es auch schwer, da geht es wohl vielen wie mir, für die das traditionell einfach ein Taschenbuch- und inzwischen Paperbackgenre ist. Und 40 Euro für Band 2 sind da nicht so wirklich reizvoll. Den großartigen ersten Band habe ich direkt nach Erscheinen im Original gelesen (im Hardcover für 27 Euro!, da war ich superneugierig drauf), lange bevor eine deutsche Veröffentlichung feststand. In der Sprache werde ich dann wohl auch Band 2 lesen. 40 Euro für ein Buch geht einfach über mein Budget bzw. dem, was ich mir unter einem vernünftigen Buchpreis vorstelle (deswegen habe ich auch nicht viel von Klett Cott bzw. der Hobbit Presse im Regal stehen, auch den nächsten Tad Williams, der gesplittet wird, werde ich dann lieber im Original lesen). Das sind zumindest die Gründe, die ich dahinter vermute, warum es zu dem Buch so wenig Rückmeldungen gibt, aber vielleicht liegt es auch an dem ungewöhnlichen Szenario und der komplexen und distanzierten Erzählweise, die für mich persönlich Pluspunkte sind. Aber ich habe auch Bekannte, die daran gescheitert sind.

Da blutende Land von Klaus N. Frick, da bin ich einfach neugierig, was der Perry-Rhodan-Chefredakteur so drauf hat, die Synopsis liest sich auch herrlich altmodisch.

Fantasymäßig ist Knaur richtig gut aufgestellt, mit einer ausgewogenen Mischung aus Fortsetzungen (also dem Aufbau von Autoren) und Titeln von neuen AutorInnen. Die sowieso nie stark vertretene Science-Fiction scheint man weiter zurückzufahren. Die Fortsetzung von The Ark – Die letzte Reise der Menschheit wird wohl nicht auf Deutsch erscheinen (und falls doch, dann nicht von mir übersetzt, denn ich weiß von nichts), unter den am Ende der Programmvorschau aufgeführten Top-Titeln ist The Ark nicht dabei.

Na, wie auch immer, in Bezug auf Fantasy kann man das Programm von Knaur weiterhin im Auge behalten, da die Linie mit einer Mischung aus originellen und eher mainstreamigen Fantasytiteln weiter beibehalten wird, und es auch wieder einige Überraschungen im Programm gibt. Ein paar Titel habe ich mir vorgemerkt, aber das habe ich auch mit Titeln aus dem letzten Herbstprogramm gemacht, die ich immer noch nicht gelesen habe (es erscheinen eindeutig zu viele interessante Bücher 😉 )

Je mehr Programmvorschauen der großen Genreverlage ich mir durchschaue, desto mehr scheint sich der Trend zu Science Fiction (den ich vor einem Jahr meinte, erkannt zu haben) wieder zu verflüchtigen. Warum das der Fall ein könnte, habe ich hier schon mal ausgeführt (allerdings vor den aktuellen Programmvorschauen).

Heyne bleibt gewohnt stark in der Science-Fiction, bei Blanvalet ist sie ganz verschwunden, Piper bringt zumindest weiterhin seine inzwischen etablierten Autoren. Knaur scheint jetzt fast ganz auf Fantasy zu setzen, Fischer Tor bleibt seiner bisherigen Linie treu und hat mit Scalzi und Chambers auch wieder lupenreine SF im Programm (die Vorschau ist noch nicht online, aber auf Amazon kann man sich die Titel ansehen). Und Cross Cult, die klassische Fantasy ( bisher gemieden haben, wie der Teufel das Weihwasser, setzen ab Herbst verstärkt auf Fantasy und haben neben Dirk van den Boom und den Franchise-Titeln kaum noch SF im Programm (auch hier gibt es noch keine Vorschau, aber die Titel stehen schon auf der Verlagsseite). Wobei mancher Fantasytitel mehr SF enthält, als man auf den ersten Blick glauben mag. Und Claudia Kerns „Divided States of America“ soll auch SF sein.

Und man darf nicht vergessen, dass aktuell viel SF in allgemeinen Reihen außerhalb der Genreprogramme erscheint. Blake Crouchs Dark Matter (Goldmann) erhält zum Beispiel aktuell viel Aufmerksamkeit von den Medien (gerade heute eine Besprechung in der Rhein-Zeitung gelesen).