Phantastikvorschau Herbst/Winter 2016/17 von Cross Cult – Klein aber fein!

Nachdem ich jetzt den aktuellen phantastischen Verlagsvorschauen der großen Publikumsverlage viel Aufmerksamkeit geschenkt habe, wird es Zeit, sich den kleineren Verlagen mit ihren ambitionierten Programmen zu widmen, die sich hinter den großen nicht zu verstecken brauchen. Darunter befindet sich auch – ursprünglich mal als Comicverlag gestartet – Cross Cult (hier kann man sich die Vorschauen als PDF runterladen).

Cross Cult ist natürlich immer noch ein Comicverlag und weiterhin die Heimat von Serien wie The Walking Dead, Sin City oder Saga (um mal drei zu nennen, die ich kenne). Wirklich wahrgenommen habe ich den Verlag aber erst, als dort die ersten Star-Trek-Romane erschienen sind. Die habe ich zwar nicht gelesen, aber es freute mich, dass die Star-Trek-Fans unter meinen Bekannten und Freunden wieder mit Nachschub versorgt wurden, nach dem die Franchiseromane bei Heyne aus dem Programm verschwunden waren. Seitdem sind noch einige Franchises wie z. B. Castle, Doctor Who oder James Bond dazugekommen (wobei man James Bond ja eigentlich nicht als Franchise bezeichnen kann, da die Romane von Ian Fleming die Vorlage für die Filme waren).

Den Franchiseromanen, die in diesem Fall vor allem auf TV-Serien basierten, folgten dann vor wenigen Jahren auch eigenständige SF-Titel wie z. B. die Serie Clone Rebellion von Steven L. Kent, die Spider-Wars-Trilogie von Adam Chistopher oder die Nordland-Trilogie von Stephen Baxter. Aber auch Titel von deutschsprachigen Autorinen wie die Serie Homo Sapiens 404 von Claudia Kern, oder der Kurzgeschichtenband Das Beste von Tad Williams (den ich nur empfehlen kann, auch wenn ich ihn noch nicht ganz durch habe).

Als ich im Sommerprogramm 2016 Meer der Dunkelheit (A Darkling Sea) von James L. Cambias entdeckte, wurde mir klar, dass man nach den im obigen Absatz erwähnten Serien von Kent und Christopher, die noch eher in die Richtung unterhaltsame Military-SF gehen, ambitioniertere Pläne für ein anspruchsvolleres Programm verfolgt. Und die jetzt online veröffentlichte Vorschau für das Herbst/Winter-Programm 2016/17 bestätigt diese Vermutung.

Denn hier finden sich so einige Titel, von denen ich mir schon vor einem Jahr erhofft hatte, dass sie einen deutschen Verlag finden würden. Und die meisten davon stammen auch noch von Frauen. 🙂

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Was für ein wundervolles Cover von Greg Ruth!

Das große Highlight des Programms ist für mich Lagune (Lagoon, Link zur Besprechung von Josefson folgen) von Nnedi Okorafor, einer Autorin, zu der ich in den letzten zwei Jahren schon öfters meine Hoffnung auf eine deutschsprachige Veröffentlichung geäußert hatte. Da ich das Buch bereits im März 2015 gelesen habe, kann ich auch schon aus erster Hand sagen, dass es sich dabei um einen aufregenden und ungewöhnlichen SF-Roman handelt. Die Kritik auf meinem Blog war damals aus Zeitgründen allerdings etwas knapp ausgefallen:

Alien landet in Afrika und sorgt für eine Menge Aufregung. Nicht der Action-B-Movie-Roman, den ich durch die Verweise auf District 9 erwartet habe. Vielmehr ein literarischer SF-Roman, der auch afrikanische Mythen mit einbringt. Sehr entspannt und unterhaltsam erzählt. Wird aber nicht einfach zu übersetzen sein, da es viele Dialoge in Pidgin-Englisch gibt.

Da bin ich gespannt, was aus den Dialogen gemacht wurde. Ich hoffe, sie wurden nicht einfach glattgebügelt, da sie für die Atmosphäre des Romans eine wichtige Rolle spielen. Ich persönlich hätte sie ja als „Unserdeutsch“ übersetzt. Aber mal abwarten, was sich die Übersetzerin hat einfallen lassen.

Mit Dunkelheit (Blackout) und Licht (All Clear) von Connie Willis erscheinen endlich zwei Alternativwelt/Zeitreise-Romane, die im Original bei Erscheinen für einiges an Aufsehen gesorgt haben, und mit denen sie bei den wichtigsten SF-Preisen des Jahres (Hugo, Nebula und Locus Awards) abräumte. Ist mir unverständlich, warum dieser Doppelroman erst 6 Jahre nach erscheinen auch in Deutschland auf den Markt kommt. Aber um so schöner, dass sich Cross Cult seiner angenommen hat.

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Military-SF ist nicht unbedingt mein liebstes Subgenre, aber ich bin ihm auch nicht gänzlich abgeneigt, da es auch immer wieder ausgezeichnete Romane jenseits der üblichen Klischees und Vorurteile (militaristisch usw.) hervorbringt. Glaubt man Josefson (siehe seine Besprechung in der SF und F Rundschau) und den Kritiken in englischsprachigen Genremagazinen wie Locus, dann ist der hawaiianischen Autorin Linda Nagata mit ihrer Serie The Red etwas ganz besonders gelungen.

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Mein Favorit im Programm ist natürlich Dunkle Materie (Dark Orbit) von Carolyn Ives Gilman, da ich es übersetzt habe. Aber ganz unabhängig davon halte ich es für eines der besten SF-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.

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So viele Autorinnen in einem so relativ kleinen Programm (im Vergleich zu den großen Publikumsverlagen), aber keine Sorge, es sind auch ein paar Autoren dabei. Über einen davon freue ich mich besonders, denn es ist schon fast 10 Jahre her, dass etwas von Altmeister Vernor Vinge auf Deutsch erschienen ist. Und wie bei Connie Willis zeigt sich, dass der Gewinn des Hugo-Awards keine rasche Übersetzung garantiert. Doch jetzt ist es endlich so weit, dass der bereits 2007 im Original erschienene Roman Rainbows End auf Deutsch als Das Ende des Regenbogens veröffentlicht wird.

Cover zu Band 1, der im September erscheinen soll.

Cover zu Band 1, der im September erscheinen soll.

Doch trotz so vieler Übersetzungen kommen auch die deutschsprachigen SF-Autoren nicht zu kurz. Mit Die Welten der Skir erscheint eine neue Space Opera von Dirk van den Boom, den man bisher vor allem aus seinen bei Atlantis erschienenen Tentakel- und Kaiserkrieger-Romanen kennt, aber auch als Mastermind hinter der bei Wurdack erschienenen Reihe Die Neunte Expansion. Und expandieren tut nun auch der Vielschreiber Diboo zu einem weiteren Verlag, womit er inzwischen ziemlich breit aufgestellt ist und der Weltherrschaft nichts mehr im Wege stehen dürfte.

Mit W. C. Bauers gibt es doch tatsächlich auch einen Autor im Programm, der mir so gar nichts sagt. Sieht nach Military/Söldner-SF aus.

Neben den bisher genannten eingenständigen SF-Romanen erscheinen aber auch noch einige Star-Trek-Romane so wie Bücher aus den Serienwelten von Doctor Who und der gerade eingestellten Krimiserie Castle. Ich bin mal gespannt, wie es mit Star Trek weitergehen wird, da ja ab nächstem Jahre eine neue TV-Serie ansteht, bei der es sich den Gerüchten zufolge um eine Anthologieserie mit abgeschlossenen Staffeln handeln soll. Ich hoffe, dass sie besser wird, als die seelenlosen Krach-Bumm-Actionfilme von J. J. Abrams.

Durch die Starts der neuen Programme der Verlage Knaur und Fischer/Tor sowie der SF-mäßigen Aufrüstung bei Piper und Bastei/Lübbe wird es für das ambitionierte SF-Programm von Cross Cult sicher starke Konkurrenz geben, aber bei den qualitativ herausragenden Titeln mache ich mir da keine Sorgen. Cross Cult hat sich inzwischen einen guten Ruf in der SF-Szene erarbeitet und durch das kleinere und konzentriertere Programm könnte auch mehr Aufmerksamkeit für die einzelnen Titel abfallen.

LeserInnenfeedback zu „Akte X – Vertrauen Sie niemandem“

Die schönste Entlohnung für die Übersetzungsarbeit ist natürlich das Honorar. Aber ich freue mich auch immer sehr, wenn die von mir übersetzten Bücher gelesen werden und den Leserinnen auch gefallen. Weshalb ich Rezensionen und Kritiken auf Amazon immer ganz neugierig verfolge. Es ist einfach schön, die Arbeit nicht in einen leeren Raum hinein zu machen, sondern zu sehen, dass sich der Aufwand auch gelohnt hat.

Zu der von Jonathan Maberry herausgegebenen Kurzgeschichtenanthologie Akte X – Vertrauen sie niemandem, aus der ich sechs Geschichten übertragen habe und die bei Cross Cult im März erschienen ist, sind inzwischen erste Bewertungen und Meinungen veröffentlicht worden.

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Irene Salzman liefert auf Phantastik-News.de eine kleine Übersicht über das, was die Leserin erwartet und ist von den Geschichten offenbar recht angetan:

Spukhäuser, magische Orte, Zeitreisen, Gestaltwandler, Vampire, Mörderpuppen, Aliens, rachsüchtige Wissenschaftler und was man sonst noch erwartet, wenn man „Akte X“ schaut oder liest, findet man in dieser Anthologie. Ausnahmslos bewegen sich die Storys auf einem gleichbleibend hohen Niveau und erfüllen die Ansprüche der Fans. Auch die Charaktere sind bestens getroffen, sodass das Kopfkino beim Lesen mitläuft.

Auf ihrem Blog Blutrot kommt Jamie zu dem Schluss:

»Akte X – Vertrauen Sie niemandem« ist ein echt super spannendes, gruseliges Buch voller Action, Humor und vieler Anspielungen auf die TV-Serie. Mir jedoch am wichtigsten: Das Buch und seine einzelnen Geschichten konnten sehr gut an die Stimmung aus der Serie anknüpfen: Der Zwiespalt zwischen Mulders Hoffnung und Glauben an das Übernatürliche und Scullys skeptische, wissenschaftliche Art, die gruselige, mysteriöse Atmosphäre und die super abwechslungsreiche Welt der X-Akten.

Justine Wynne Gacy (Marilyn-Manson-Fan?) meint auf ihrem Blog:

Scully und Mulder waren und sind für mich schon immer das Traumpaar der mysteriösen Ermittlungen. Meine Kindheit verbrachte ich gebannt vor dem TV und sah zu wie sie die unglaublichsten Fälle lösten. Somit war dieses Buch für mich ein Trip in die Vergangenheit.

Christian Siegel widmet der Anthologie auf FictionBOX.de eine sehr ausführliche Besprechung, in der er auch auf die einzelnen Geschichten eingeht und sie bewertet (insgesamt vergibt er 3,5 von 5 Punkten):

Mit „Katatonie“ von Tim Lebbon legt „Vertrauen Sie Niemandem“ gleich mal einen sehr guten Start hin. Die Grundidee hinter der Geschichte ist durchaus interessant, und auch über den Auftritt von Alex Krycek habe ich mir sehr gefreut. Die größte Stärke ist aber Lebbons gewitzter Schreibstil, mit dem er den Dialogen zwischen Mulder und Scully viel Humor einverleibt, was das Lesen sehr unterhaltsam macht.

Solches Lob freut mich natürlich als Übersetzer besonders, da es mir anscheinend gelungen ist, den Dialogwitz in die deutsche Fassung zu übertragen.

Florian Hilleberg hat die Geschichten für Literra besprochen und verschweigt zum Glück auch nicht, was ihm nicht gefallen hat, ist aber insgesamt auch sehr angetan:

Siebzehn Autoren mit Rang und Namen zeigen auf innovative Weise was für ein enormes Potenzial die Serie noch immer birgt. Mit abwechslungsreichen und spannenden Storys wird dem Leser ins Bewusstsein gerufen, dass absolut niemandem zu trauen ist. Eine Horror-Thriller-Science-Fiction-Anthologie der Superlative.

Moritz Mehlem scheibt auf DnD-Gate:

Eine recht klassische Monster of the week-Sammlung ohne große Schwächen und mit einigen Highlights. Perfekt, um sich auf die neue Staffel einzustimmen und wieder in den „I want to believe“-Groove zu kommen. Wenn es jetzt noch einen roten Faden gegeben hätte, wäre ich noch begeisterter gewesen, aber auch so gilt eine klare Kaufempfehlung für alle Fans der Mystery-Serie.

Aber nicht alle sind gleichermaßen begeistert. Das wäre mir auch schon fast unheimlich geworden. Thomas Götz äußert sich auf Trekzone.de kritischer:

Nach einem interessanten Start versinken die Stories zunehmend im ähnlichen Handlungsablauf, so das sich Langeweile einstellt. Diese bereits aus der Serie bekannte „Krankheit“ hätte man durchaus ausmerzen können, so bleibt leider nur ein etwas halbgarer Band zurück, der es gerade mal so ins Mittelfeld schafft.

Auf Amazon gibt es bisher 9 Bewertungen mit einem Schnitt von 5 Sternen (wobei einer davon der schon oben erwähnte Florian Hillenberg ist), und begründen auch relativ ausführlich und nachvollziehbar, warum die Geschichten gefallen haben. Als Fazit daraus habe ich gezogen, dass es den Leserinnen vor allem gefällt, wieder neue (alte) Abenteuer mit Mulder und Scully zu erleben, die sehr an die ersten Staffeln der Serie erinnern.

Auf Lovelybooks gab es eine Leserunde, in der die Geschichten im Einzelnen (natürlich mit Spoilern) besprochen wurden, aber es gibt auch einige spoilerfreie Besprechungen im Fazit. Dass es zwei Geschichten mit Direktor Skinner als Hauptfigur gibt, ist größtenteils auch sehr positiv angekommen. Mir hat das auch sehr gefallen.

Es gibt auch eine Hörbuchfassung von Audible. Aber leider, leider kann ich die nicht guten Gewissens empfehlen, spricht doch der Sprecher den Namen von Mulder konsequent falsch als Malder aus. Hier hat Audible auch eine echte Chance vertan, die Originalsprecher Franziska Pigulla und Benjamin Völz wieder zusammenzuführen. Gerade, nachdem Pro 7 ja für die neue 10. Staffel, sehr zum Entsetzen der Fans, einen neuen Synchronsprecher für Mulder engagiert hat (was meiner Meinung nach gar nicht geht, Völz ist einfach Kult). Mit den beiden an Bord hätte das Hörbuch einen echten Mehrwert gehabt. Schade.

Trend zur Science Fiction? – Die phantastischen Verlagsvorschauen im Überblick

So, mit den phantastischen Verlagsvorschauen der großen Publikumsverlage bin ich jetzt durch. Es wird noch ein kurzer Blick auf das Programm der Hobbit Presse von Klett-Cotta folgen (das Telefonbuch von Hobbingen scheint es alleine nicht mehr zu bringen), eventuell werde ich mich noch kurz mit phantastischen Titeln in allgemeinen Reihen beschäftigen (falls ich da was für den Herbst finde, will auch nicht alle Programme durchgehen), und dann werde ich mich den Kleinverlagen widmen. Zunächst aber ein kleiner Überblick über die bisher vorgestellten Programme/Vorschauen.

Die ganze Artikelreihe begann ja mit der Frage: Phantastikvorschauen Herbst/Winter 2016: Wo sind die Frauen?

Ich enthalte mich jetzt mal jeglicher Wertung und spekuliere auch nicht über die Gründe, warum der Anteil an Autorinnen in den aktuellen phantastischen Programmvorschauen der großen Publikumsverlage nur bei 29 Prozent liegt. Von 141 Neuerscheinungen stammen 41 von Frauen. In der Science Fiction liegt der Anteil sogar nur bei 19 Prozent, mit 8 von 49 Titeln.

Mit dem Blick auf die einzelnen Vorschauen der Verlage wollte ich vor allem die Titel der Frauen darin hervorheben, aber auch einen Gesamtblick auf das werfen, was da auf uns zukommt. Denn mit den neuen Phantastikprogrammen von Knaur und Fischer/Tor stellte sich mir die Frage: Ob hier Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt das Parkett betreten? Denn durch zwei neue große Player scheint tatsächlich etwas Bewegung auf den zuletzt stagnierenden phantastischen Buchmarkt zu kommen, dessen Neuerscheinungen seit 2010 relativ stark zurückgegangen sind.

Beide Verlage legen interessante Programme mit anspruchsvollen aber auch massentauglichen Titeln sowohl in der Fantasy als auch in der Science Fiction vor. Ob und wie diese beim deutschen Publikum ankommen werden, wird sich aber erst noch zeigen müssen. Dass sie aber bereits für Veränderungen auf dem Markt sorgen zeigt nicht nur, dass der Festa Verlag sein neues (auf Fantasy und Science Fiction ausgelegtes) Imprint Deltus.de direkt nach Bekanntwerden der Pläne von Fischer/Tor, und nur wenige Monate nach Programmstart!, wieder einstampfte (Das Leben des Tao und Die Tode des Tao von Wesley Chu sollten dort ursprünglich erscheinen, wechselten dann aber zu Fischer/Tor), sondern auch der Blick auf die aktuellen Vorschauen der anderen großen Phantastikverlage.

Beim Platzhirsch Heyne erscheint mit Die drei Sonnen von Cixin Liu erstmals ein chinesischer SF-Roman auf Deutsch. Und auch sonst habe ich den Eindruck, dass man mit den neuen Werken von Autoren wie Kim Stanley Robinson, Ian McDonald oder Robert Charles Wilson wieder mehr originelle und anspruchsvollere Science Fiction jenseits der (durchaus unterhaltsamen) Popcorn-Space-Action im Programm hat.

Auch Piper setzt wieder verstärkt auf Science Fiction und hat, nachdem man in den letzten Jahren nur vereinzelte SF-Werke (z. B. von Hannu Rajaniemi) veröffentlichte, jetzt wieder ein eigenständiges SF-Programm am Start (allerdings schon seit letztem Jahr).

Und auch Bastei/Lübbe bringt wieder mehr eigenständige SF-Titel, nachdem das Programm in den letzten Jahren auf ein paar Dauerläufer unter den Serien von Autoren wie David Weber, Peter F. Hamilton oder Jack Campbell zusammengeschrumpft worden war.

Einzig an Blanvalet scheint der Trend (oder doch nur Hype?) zur Science Fiction völlig vorbeigegangen zu sein. Der Verlag setzt sein von SF freiem Programm mit wenig origineller Fantasy fort.

An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob der aktuelle Boom der SF (nein nicht der Dirk 😉 ) in den Verlagen auch bei den Leserinnen und Lesern ankommen wird. Auf dem englischsprachigen Buchmarkt bringt die Science Fiction regelmäßig Bestseller hervor (siehe The Martian, The Three-Body Problem usw.), und sie scheint sich generell etwas besser zu verkaufen als bei uns. Vor allem boomt die SF aber im Kino, wo neben den sehr SF-lastigen Superheldenfilme und Star Wars aber auch regelmäßig waschechte SF-Filme wie Interstellar, Ex-Machina, Mad Max: Fury Road, Edge of Tomorow uvm. erfolgreich laufen. Bei den Serien sieht es da (vor allem, wenn es um den Weltraum geht) leider etwas magerer aus, aber auch hier kommt mit Serien wie (der auf einer Buchvorlage basierenden) The Expanse und der neuen Star Trek-Serie Bewegung in die Sache. Ob sich dieser Trend (der im Kino ja schon seit einigen Jahren läuft) aber auf den Buchmarkt übertragen lässt, ist eine andere Frage.

Was bisher geschah

Ausgelöst durch Peter Jacksons Verfilmungen von Tolkiens Herr der Ringe, kam es durch die geschickte Vermarktung der sogenannten Völkerfantasy (die es so nur bei uns hier in Deutschland gab) zu einem fast zehn Jahre anhaltenden Boom der Fantasyliteratur. Angefangen hatte alles mit dem Sammelband Die Orks von Stan Nicholls (drei Romane in einem Band), den man mit dem Spruch: Die Orks schlagen zurück! Ein etwas anderes Fantasy Epos – mit den Bösen aus J. R. R. Tolkiens »Herr der Ringe in den Hauptrollen vermarktete. Und geboren war die Völkerfantasy. Es folgten die extrem erfolgreichen Bücher Die Zwerge von Markus Heitz und Die Elfen von James Sullivan und Bernhard Hennen (die sich zu langanhaltenden Serien entwickelten), mit denen es dann so richtig losging. Ein Trend, der vielen deutschsprachigen Fantasyautoren (die es bis dahin sehr schwer hatten) plötzlich Türen bei den großen Verlagen öffnete, und die dann irgendwelche Fantasyvölker als Titel verpasst bekamen: Die Trolle, Die Drachen usw. Und als die Völker ausgingen, fing man an sie zu kombinieren: Die Drachenelfen, Orks vs. Zwerge usw.

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Doch nach ca. 10 Jahren war wohl auch der letzte Fantasyfan mit von Thematik gesättigt. Die Verkaufzahlen gingen deutlich zurück. Zwischenzeitlich gab es ein paar andere Trends, wie der durch Twillight ausgelöste Vampirboom oder die aktuelle noch in den letzten Zügen liegende Jugenddystopie (Hunger Games und Co.). Andere prophezeite Trends wie Engel oder Steam Punk erwiesen sich allerdings als Rohrkrepierer. Und der Erfolg der TV-Serie Game of Thrones führte zwar zu einem enormen Anstieg der George-R.-R.-Martin-Leser, wirkte sich allerdings nicht wirklich verkaufssteigernd auf andere Fantasywerke aus, auch wenn die Verlage erfolglos versucht haben, alle möglichen ambivalenten und düsteren Grim-and-Gritty-Fantasybücher in diese Schiene zu pressen.

In der Branche hieß es in den letzten Jahren, dass niemand wisse, was der nächste Trend sein könne, aber man versuche verzweifelt etwas zu finden, das einen neuen Boom in der Phantastik auslösen könnte.

Nachdem man in der Fantasy inzwischen wahrscheinlich alles abgegrast hat, kam man wohl aufgrund des oben erwähnten Erfolgs im Kino, aber auch auf dem englischsprachigen Buchmarkt, auf die – über viele Jahre als Kassengift angesehene – Science Fiction, die bei vielen großen Genreverlagen seit dem Boom der Fantasy eher ein Schattendasein fristete.

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Dabei war sie gar nicht fort. Sowohl SF-Leser und eine Nachfrage gab es durchaus, und diese Nische wurde von Kleinverlagen wie Atlantis, Wurdack, Begedia oder Golkonda gefüllt. Hier hatten vor allem auch deutschsprachige SF-Autoren eine Chance, veröffentlicht zu werden. Aber auch die Zahl der Übersetzungen von amerikanischen und englischen SF-Romanen stieg durch Verlage wie Mantikor und Cross Cult in den letzten Jahren deutlich an. Waren es bei Cross Cult zunächst noch Franchiseromane wie z. B. aus dem Star Trek-Universum (die früher noch bei Heyne erschienen), wird dort seit ca. zwei Jahren auch die SF-Sparte mit eigenständigen und anspruchsvolleren Titeln ausgebaut (ein Artikel dazu folgt demnächst noch).

Und auch größere Verlage brachten durchaus noch Science Fiction, die sich gut verkauft hat. Nur eben nicht in den Genresparten, sondern in den allgemeinen Reihen, ohne das SF-Label auf dem Buchumschlag. Bücher wie Drohnenland von Tom Hillenbrand, Die Frau des Zeitreisenden von Audrey Niffenegger Limit von Frank Schätzing, Der Circle von Dave Eggers, Die Unvollendete von Kate Atkinson oder Die Landkarte der Zeit von Felix J. Palma. Die Science Fiction war nie fort, sie fand zum einen in der Nische der Kleinverlage statt, ist aber auch längst im Mainstream angekommen (wenn auch vielleicht etwas verschämt, weshalb sie sich dort nicht so gerne als SF präsentiert).

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Ob es jetzt wirklich die neuen Programme von Knaur und Fischer/Tor sind, die zu einem Verlagstrend zur SF führten und die Mitbewerber aufrüttelten, oder ob dahinter andere Gründe stecken (Genretrends finden ja häufig zyklisch statt und lösen sich gegenseitig ab), vermag ich nicht zu sagen. Aber für Leser und Liebhaber von SF-Literatur, die auch gerne auf Deutsch lesen, stehen interessante Zeiten an. Ob der SF-Boom (der Verlage) auch bei den Lesern ankommt, wird sich zeigen müssen.

Für die Fantasy könnte das Abflauen der Trendwellen wieder zu mehr Vielfältigkeit im Angebot führen. Nach meinen Erfahrungen ist der durchschnittliche Fantasyleser der letzten 20 Jahre relativ konservativ eingestellt und möchte gerne immer mehr vom Gleichen lesen. Aber irgendwann tritt dann wohl trotzdem eine gewisse Sättigung ein, man wächst vielleicht auch aus dem verengten Genreblick raus und sehnt sich doch nach etwas Neuem. Trends bedeuten, dass Verlage versuchen, ganz viel Ähnliches und Gleiches auf den Markt zu werfen, um im Kielwasser des Trendsetters mitzuschwimmen. Flauen Trends ab, wird nach etwas Neuem gesucht. Aber um etwas Neues zu finden, muss man experimentieren. Und das könnte (wenn auch womöglich nur kurzfristig) zu einem vielseitigeren, anspruchsvolleren und originelleren Angebot führen.

Oder ist die Zeit der Trends und Booms vorbei? Was meint ihr?

 

Hier noch mal die bisherigen Artikel in chronologischer Reihenfolge:

Phantastikvorschauen Herbst/Winter 2016: Wo sind die Frauen?

„Wo sind die Frauen“ – Einige Ergänzungen zum Beitrag vom 26.4.

Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt? Die Programme von Fischer/Tor und Knaur Fantasy

Der Platzhirsch – Das SF- und Fantasyprogramm 16/17 von Heyne

Phantastikvorschau Herbst/Winter 2016/17 von Piper – Wo sind die Frauen?

Phantastikvorschau Herbst/Winter 16/17 von Blanvalet – Wiedersehen mit alten Bekannten

Phantastikvorschau Herbst/Winter 16/17 von Bastei/Lübbe – Hier sind die Frauen!

Phantastikvorschau Herbst/Winter 16/17 von Bastei/Lübbe – Hier sind die Frauen!

Ähnlich wie jene von Blanvalet haben mich auch die Bücher von Bastei/Lübbe stark geprägt. Und zwar sowohl in der Fantasy (Michael Moorcock, Karl Edward Wagner, Dave Eddings, David Gemell, China Miévielle usw.) als auch in der Science Fiction (Jack McDevitt, Poul Anderson, Michael Marrak, Peter F. Hamilton, Andreas Eschbach, Jack Vance …). In den letzten Jahren ist es aber etwas ruhig um die SF bei Bastei/Lübbe geworden. Bis auf einige altbewährte Reihen von Autoren wie Peter F. Hamilton, David Weber oder Jack Cambell fand sich wenig Neues in den Programmen. Ein Blick auf die aktuelle Vorschau zeigt allerdings, dass man sich dem momentanen Trend zurück in die Zukunft bzw. zur SF anzuschließen scheint.

Zum 45-jährigen Jubiläum der Fantasy und Science Fiction bei Bastei/Lübbe gibt es das Phantastikprogramm dieses Mal sogar getrennt vom Rest. Und darin stellt sich dann auch das Lektoratsteam mit Foto vor. Und von den 22 Titeln im Programm stammen ganze 10 von Frauen. Endlich mal ein ausgeglichenes Verhältnis.

Für den Perry-Rhodan-Roman Die falsche Welt hat sich die Autorin Verena Themsen mit Verlagsflaggschiff und Genreveteran Andreas Eschbach zusammengetan. Find ich gut, aber Perry Rhodan (die Mutter aller Endlosserien) ist nicht meins.

Auf den ersten Blick ist es etwas verwirrend, dass die LektorInnen die Bücher in der Hand haltend vorstellen, da dachte ich bei New Sol von Margarate Fortune (übersetzt von Kerstin Fricke), dass es sich um die Autorin handelt. Wie auch immer, Science Fiction von einer Frau, im Weltraum spielend, keine Jugenddystopie oder Romantasy – das gibt es nicht bei jedem Verlag. Kommt auf jeden Fall auf meine Leseliste (die inzwischen allerdings schon viel zu lange ist, um wirklich alle Titel darauf auch zu lesen 😉 ).

Märchenhaft romantische Fantasy gibt es dann mit Die silberne Königin von Katharina Seck, würde mich eigentlich nicht ansprechen, aber wenn das Buch wirklich in einer Chocolaterie spielt, werde ich wohl kaum widerstehen können.

Bei B. C. Dornbusch muss man dank der Initialen genauer hinsehen, um zu erkennen, dass es sich um eine Autorin handelt. Der Ruf der Rache scheint mir der Auftakt zu einer Fantasytrilogie zu sein, von der alle drei Titel im Herbstprogramm zwischen November 2016 und März 2017 erscheinen. Ein gewagter Veröffentlichungsrhythmus, der den Übersetzer sicher unter einigen Zeitdruck setzt, den Leserinnen und Lesern aber immerhin schnell Nachschub liefert und die Sicherheit bietet, dass die Serie nicht vorzeitig abgebrochen wird. Behalte ich mal im Auge, wobei ich nur noch äußerst selten so schnell hintereinander (also innerhalb eines Jahres) mehrere Bücher von der gleichen Autorin lese.

Kelly McCulloughs der Schwur der Klinge ist bereis der sechste Band der Fantasyserie, womit für mich der Zug schon abgefahren ist. Wenn ich sie bisher nicht auf dem Schirm hatte, hat das wohl seine Gründe. Sieht mir auch zu sehr nach Kapuzenheinicover-Assasinenfantasy aus.

Mit Maja Winters Träume aus Feuer erscheint der Auftaktband zu einer Fantasytetralogie aus deutscher Feder, von der ingesamt vier Teile innerhalb eines Jahres (also in zwei Programmen) erscheinen werden. Ist mir zu viel auf einmal. Statt auf dicke Wälzer mit 700 plus, setzt man jetzt wohl wieder auf dünnere Einzelbände. Sowohl Band 1 als auch Band 2 haben exakt 464 Seiten. Scheint mir, als hätte man da eher aus ökonomischen Gründen aus einem Buch zwei gemacht, die man dann für jeweils 15 Euro verkauft. 60 Euro innerhalb eines Jahres für die Bücher einer Autorin, da will mein knappes (nur aus meinen kargen Übersetzerhonoraren gespeistes) Budget nicht mitmachen. 😉

P. J. Brackston scheint mir eine Frau zu sein, aber das Märchen-Krimi-Veralberungsszenario von Magier Mord – Ein Hänsel und Gretel Krimi (das mich so ein wenig an Robert Rankin erinnert) spricht mich nicht so wirklich an. Da bleibe ich lieber beim meinem geliebten P. C. Grant (bei dem steht das P übrigens nicht für Paula, sondern für Police Constable).

Mit Paul (ohne a) Tassis Earthborn haut man auch eine SF-Serie innerhalb kürzester Zeit mit mehreren Bänden raus. Wie schon erwähnt, Serien sind nicht so mein Ding, vor allem in der Science Fiction, wenn ich gleichzeitig tolle Einzelromane von Autoren wie Neal Stephenson, Kim Stanley Robinson oder Robert Charles Wilson lesen kann.

Was mich sehr freut, ist, dass Robert Jackson Bennett einen deutschen Verlag für City of Stairs gefunden hat, und dann wird es auch von Eva Bauch-Eppers übersetzt und erscheint als Die Stadt der tausend Treppen. Da werde ich mir gerne die deutsche Ausgabe kaufen. Das ist für mich die Perle des Programms.

Das hässliche Monster im Programm ist für mich hingegen der konservative bis rechtstrollige Kotzbrocken Larry Correira – ein Beispiel dafür, dass ich bei manchen Autoren nicht zwischen der Person und ihrem Werk trennen kann und will. Der kommt mir nicht ins Bücherregal.

Und dann gibt es natürlich noch die obligatorischen Fortsetzungen und Neuauflagen der zahlreichen und actionreichen SF-Serien von Autoren wie David Weber, Timothy Zahn und Peter F. Hamilton

Als Klassiker hat man dann noch zwei Romane (Ringwelt und Ringwelt Ingenieure) in einem Band von Larry Niven im Programm. Wollte schon immer mal was von Niven lesen, bin mir aber nicht sicher, ob man die beiden Romane so hintereinander lesen kann, da sie chronologisch nicht aufeinanderfolgend erschienen sind. Vielleicht können mir da die Experten weiterhelfen.

Phantastikvorschau Herbst/Winter 16/17 von Blanvalet – Wiedersehen mit alten Bekannten

Wenn ich einen Blick auf mein Fantasyregal werfe, sehe ich dort jede Menge Fantasyserien von Autoren wie Raymond Feist, Terry Goodkind oder R. A. Salvatore, die zunächst bei Goldmann erschienen und irgendwann in dann das Logo von Blanvalet auf dem Buchrücken hatten. Was es mit diesem Wechsel auf sich hat, weiß ich nicht, aber ich kann sagen, dass es kaum einen Verlag gab, der mich in meinen jungen Jahren so geprägt hat, wie zunächst Goldman und dann später Blanvalet. Deshalb habe ich auch immer besonders gerne einen Blick in die neuen Verlagsvorschauen des Verlages geworfen – eine Freude, die in den letzten Jahren aber zunehmend getrübt wurde. Mir ist auch nicht ganz klar, was es mit dem Imprint Penhaglion auf sich hat, in das einige Autoren (wie z. B. George R. R. Martin) abgeschoben wurden. Sollte ich das jetzt zu Blanvalet zählen? Ich weiß es nicht, aber da es einen anderen Namen und ein separates Programm hat, werde ich es auch getrennt von Blanvalet betrachten.

Hier sieht man den Übergang von Goldmann zu Blanvalet, der zu einem unschönen Bild im Bücherrregal führt, was mir aber, anders als so manchem Sammler, ziemlich egal ist.

Hier sieht man den Übergang von Goldmann zu Blanvalet, der zu einem unschönen Bild im Bücherrregal führt, was mir aber, anders als so manchem Sammler, ziemlich egal ist.

Blanvalet hat 16 Titel im Programm (auch nicht alles Neuerscheinungen), von denen auch nur drei von Frauen stammen. Wer die Programmvorschau nur in Bezug auf Science Fiction und Fantasy betrachten möchte, der muss ordentlich suchen, da die phantastischen Titel querbeet mit dem Rest gemischt sind. Manchmal ist es auch nicht so einfach, zu erkennen, ob es sich bei einem Titel um einen Fantasyroman handelt, oder einen historischen, da einige Autoren in beiden Genres unterwegs sind.

Von Christie Golden gibt es den Star Wars-Roman Schülerin der dunklen Seite; wobei mir nicht ganz klar ist, ob der noch zum obsoleten Expanded Universe gehört, oder zur neuen Zeitlinie, basierend auf dem neuen Kinofilm. Da der Name Count Dooku in der Beschreibung auftaucht, scheint Ersteres eher der Fall zu sein. Obwohl … ach da habe ich jetzt den Überblick verloren. Solche Franchiseromane lese ich ja so gut wie nie. Einzig die Admiral Thrawn-Trilogie von Timothy Zahn konnte mich begeistern, die fand ich auch besser als den langweiligen und altbackenen neuen Kinofilm The Force Awakens. Na ja, mit Star Wars hat Blanvalet zumindest noch etwas Science Fiction im Programm, ansonsten sieht es da schon seit Jahren eher mau aus.

Secrets – Ich gebe nicht auf von Heather Anastasiu scheint mir der dritte Teil einer Jugendystopie zu sein, einem Genre, das sich in den letzten Jahren aufgrund diverser Verfilmungen (Hunger Games, Divergent usw.) größter Beliebtheit erfreut. Dystopien lese ich ganz gerne, aber wenn solch düsteren Zukunftsvisionen als romantisches Szenario verkauft werden (wie es bei einigen dieser Titel der Fall ist), stellen sich mir doch alle Nackenhaare auf.

Die dritte Autorin im Programm ist Lori M. Lee, deren Ninurta – Die Unendliche wohl Band 2 einer Fantasyserie ist, die ich bisher nicht auf dem Schirm hatte. Da muss ich mich erst einmal genauer drüber informieren.

Dass ich mich jetzt (anders als bei Piper) noch genauer mit einigen Autoren aus dem Programm beschäftigen werde, liegt zum einen daran, dass das Verhältnis von 3 Frauen zu 13 Männern, nicht ganz so krass wirkt, wie 3 zu 23; zum anderen aber auch daran, dass sich darunter einige meiner Lieblingsautoren befinden, die meine Leidenschaft für Fantasy maßgeblich mit geprägt haben.

Im Zuge der TV-Serie The Shannara Chronicles (die ich nach einigen Folgen abgebrochen habe), legt man die Bücher von Terry Brooks natürlich neu auf. Die Serie basiert auf dem zweiten Band Die Elfensteine von Shannara. Dazu schrieb ich nach meiner Lektüre im letzten September:

Die klassische epische Fantasy begann mit einer Kopie. Das Schwert von Shannara habe ich als dreisten Tolkien-Abklatsch in Erinnerung, der aber ganz ordentlich geschrieben ist. Mit dem 50 Jahre später spielenden Folgeband um Die Elfensteine von Shannara – den man ganz unabhängig und eigenständig lesen kann – löst sich Brooks von seinem großen Vorbild und erschafft eine toll geschriebene, fantasievolle, spannende und ergreifende Geschichte, mit der er den Grundstein für den Erfolg der epischen Fantasy der 80er Jahre legte.

Wer sich für das Schwert von Shannara interessiert, dem empfehle ich Peter Schmitts aktuelle abenteuerliche Reise durch die Untiefen dieser Tolkienepigone.

Neben Terry Brooks pflegt man auch weiterhin den unvermeidlichen R. A. Salvatore mit seiner Saga um den Dunkelelfen Drizzt Do’Urden (Die Nacht des Jägers), eine der Lieblingsserien meiner Jugendzeit, bei der ich dann aber nach 17 deutschen (gesplitteten) Bänden ausgestiegen bin, weil einfach kein Ende in Sicht ist. Endlosserien habe ich früher total gerne gelesen, inzwischen komme ich da aber nie sehr weit (ich brauche mehr Abwechslung). Sechs Bände von Salvatore stehen aber noch ungelesen im Regal, und irgendwann will ich auch weiterlesen. Dass mir die Serie immer noch so präsent ist, liegt an den tollen Hörspielumsetzungen von Lausch. Aktuell ist übrigens eine Filmumsetzung der Forgotten Realms geplant, in der auch Drizzt auftauchen könnte. Bleibt nur zu hoffen, dass dabei was Besseres rauskommt als bei den Dungeons and Dragons-Filmen.

Terry Goodkind gehört zu den ersten Fantasyautoren überhaupt, die ich als Jugendlicher verschlungen habe. Und auch hier bin ich aufgrund des Endlossyndroms irgendwann ausgestiegen. Goodkind soll seine Serie Das Schwert der Wahrheit um Richard und Kahlan ja irgendwann tatsächlich beendet haben. Nur um sie dann doch wieder aus der Versenkung zu holen (Die Seelen der Toten). Ich habe da irgendwie den Überblick verloren. Über die Serienumsetzung hülle ich mal den Mantel des Schweigens.

Die Saat der Schatten von Harry Connoly könnte mich interessieren (aber erst, wenn ich all die interessanten Titel von Autorinnen gelesen habe, die bei anderen Verlagen erscheinen 😉 ) Wie ich gerade bei der Verlinkung sehe, handelt es sich auch um Teil 2 einer Serie.

Blanvalet gehört leider zu den Verlagen, die Serien auch schon mal mittendrin einstellen (siehe Dolch und Münze von Daniel Hanover oder Ken Scholes), aber dankenswerterweise halten sie an Steven Eriksons (im Englischen zehnbändigem) Meisterwerk Das Spiel der Götter fest, trotz einiger Verzögerungen bei der Übersetzung. Da ich mal mit dem Übersetzer der Bücher auf einem Übersetzungsworkshop war, auf dem ein Auszug aus der Serie bearbeitet wurde, weiß ich auch, was für eine anspruchsvolle und zeitaufwendige Arbeit das ist. Vor der Leistung habe ich höchsten Respekt! Im Januar 2017 (mit dem Bollerwagen auf dem Cover hätte ich es ja eher am Vatertag veröffentlicht 🙂 ) soll es jedenfalls mit Tot eines Gottes weitergehen, dem mittlerweile 15. Band der im Deutschen gesplitteten Reihe.

Einen langjährigen Goldmann/Blanvalet-Autor, der in den 90er Jahren zu den Größen des Fantasygenres gehörte, ist Raymond Feist, an dem man allerdings nicht durchgehend festgehalten hat. Nach Der verrückte Gott hat man die letzten fünf Bänd der Midkemia-Saga – mit der Feist diese auch zum Abschluss bringt – leider nicht mehr übersetzt und plant dies wohl auch nicht. Ich muss allerdings auch zugeben, dass Feist zwischenzeitlich doch deutlich geschwächelt hat. Nachdem die ersten Bände der Saga vor einiger Zeit im englischsprachigen Raum wieder neu aufgelegt wurden, hat man dies jetzt auch mit den deutschen Ausgaben gemacht, was mich besonders freut, war es doch Raymond Feist mit Der Lehrling des Magiers, der meine Leidenschaft für die Fantasy erst so richtig entfacht hat. Alle anderen Autoren (Tolkien, Goodkind, Salvatore, Martin, Moorcock usw.) kamen erst, nachdem ich die ersten sechs deutschen Bände der Midekemia-Saga innerhalb kürzester Zeit verschlungen habe. Mich würde allerdings interessieren, ob man die Übersetzungen von Dagmar Hartman mal ordentlich überarbeitet hat, denn bei meinem Reread vor drei Jahren ist mir doch aufgefallen, wie altbacken und holprig diese wirken, als hätte die Übersetzerin nicht so recht gewusst, was sie mit Fantasy anfangen soll. Ab Dunkel über Sethanon hat dann Andreas Helweg die Übersetzungen übernommen (das steht bei Amazon falsch), die sich auch deutlich besser lesen.
Wie man sieht, setzt Blanvalet vor allem auf altbewährte Fantasyautoren und Franchiseromane aus dem Star Wars-Universum. Nach den wohl negativen Erfahrungen mit Daniel Abraham und Daniel Hanover (ein und dieselbe Person) hat sich in den letzten Jahren schon abgezeichnet, dass man bei Blanvalet kaum noch für Neues und für Experimente offen ist. Mal abgesehen davon, dass es mit einigen der alteingesessenen Autoren zumindest eine gewisse Beständigkeit gibt, wirkt das Programm auf mich doch recht langweilig und einfallslos. Da ich inzwischen kaum noch Serien mit mehr als fünf Bänden lese, bin ich immer neugierig auf Neues und auf abgeschlossene Romane. Da bin ich bei Blanvalet allerdings an der falschen Adresse. Was wirklich schade ist, gerade in Anbetracht meiner Einleitung zu diesem Artikel, in der ich ja verdeutlicht habe, wie sehr mich das Programm von Goldmann/Blanvalet über die Jahre geprägt hat.

Ach ja, was noch auffällt, ist, dass man, anders als Piper, stärker auf Übersetzungen setzt, hat man doch mit Frank Rehfeld und Wolfgang Thon nur zwei deutschsprachige Autoren im Programm.

Anders als bei Heyne und Piper zeigt man sich bei Blanvalet von der neuen SF-Offensive unbeeindruckt. Aber ein Blick in mein SF-Regal zeigt kaum SF von Goldmann/Blanvalet (was dafür spricht, das der Verlag noch nie viel mit dem Genre am Hut hatte). Einzig die Sten-Chroniken von Allan Cole und Chris Bunch, die mich als Jugendlicher mit zur Science Fiction gebracht haben, finden sich dort. Die Neuauflage dieser siebenteiligen Serie von vor drei Jahren wurde übrigens nach nur zwei Bänden wieder eingestellt.

Hier kann man einen Blick auf meine deutlich von Goldmann/Blanvalet geprägtes Fantasyregal werfen.

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Phantastikvorschau Herbst/Winter 2016/17 von Piper – Wo sind die Frauen?

Als langjähriger leidenschaftlicher Leser von Science Fiction und Fantasyliteratur, der seit über 10 Jahren aktiv im deutschsprachigen Fandom (als Pogopuschel) unterwegs ist, geht es mir ähnlich wie Klaus N. Frick, der sich ein kritischeres deutschsprachiges Phantastikmagazin wünscht. Da es das aber nicht gibt, und sich die kritische Betrachtung des Genres und der Branche auch auf den diversen Internetportalen und Blogs in Grenzen hält, versuche ich selbst diese Lücke ein wenig auf meinem Blog zu füllen (siehe meinen Beitrag Phantastikvorschauen Herbst/Winter 2016: Wo sind die Frauen?).

Als jemand, der jetzt aber auch seit zwei Jahren hauptberuflich als Übersetzer phantastischer Literatur arbeitet, stelle ich fest, dass das doch eine recht heikle Angelegenheit ist, da ich damit auch schnell potenzielle und aktuelle Auftraggeber kritisieren und verärgern könnte. Da muss ich wirklich ganz genau aufpassen, was ich schreibe. Ich bin ja eher ein konfliktscheuer Mensch, der Konfrontationen meidet, und versucht, stets höflich und ruhig zu bleiben, aber wenn man das Genre kritisch betrachten und Beiträge dazu verfassen möchte, bleibt es wohl nicht aus, dass man Leute verärgert. Bei meiner Betrachtung der Programmvorschauen versuche ich vor allem, das Positive (bzw. das, was ich dafür halte) hervorzuheben. Ist ja auch schwierig, Bücher zu kritisieren, die man nicht gelesen hat. Trotzdem gibt es in den Vorschauen und an der Zusammensetzung der Programme durchaus Punkte, an denen man, mit (hoffentlich konstruktiver) Kritik ansetzen kann.

In der Herbstvorschau von Piper (unten rechts, leider nur im unpraktischen ISSUU-Format) gibt es 26 Neuerscheinungen (wobei nicht alles neu ist, was da glänzt), von denen erschreckenderweise nur drei von Frauen stammen.

Da bin ich jetzt mal knallhart und gehe auch nur auf diese drei Bücher genauer ein (auch wenn die Autoren natürlich nichts dafür können).

G. A. Aiken wird als eine der beliebtesten Autorinnen der Erotic Fantasy bezeichnet. Damit fällt sie aus meinem „Beuteschema“ schon einmal heraus. Nicht wegen der Beliebtheit, sondern wegen meines mangelnden Interesses an Erotic Fantasy, der ich zwar nicht prinzipiell abgeneigt bin, wenn sie, wie z. b. bei Jacqueline Careys Kushiel – Das Zeichen gut gemacht ist, bei mir aber nicht zieht, wenn sie eher in der Romantasyschiene á la Outlander (Highland-Saga) daherkommt. Und wenn ich das richtig sehe, spielt Aikens Call of Crows bei den Wikingern. Ob Aikens Erotic Fantasy gut gemacht ist, kann ich nicht beurteilen, da ich noch nie etwas von ihr gelesen habe, was aber vermutlich auch so bleiben wird – sollte jemand, der diese Zeilen hier liest, schon mal was von ihr gelesen haben, möge sie sich bitte in den Kommentaren unten dazu äußern. Mich spricht es einfach nicht an.

Auch Bound to You: Requiem (Teil einer Serie, als E-Book schon 2015 erschienen) von Jamie McGuire wird als Romantic Fantasy beschrieben. Im Klappentext heißt es: Denn Ninas Alpträume stellen sich als Warnung heraus und diesmal kann Jared sie vielleicht nicht vor ihrem Schicksal beschützen … Geht es da jetzt wirklich um eine Frau, die sich von einem Mann beschützen lassen muss? Das klingt mir zu altmodisch, ich lese lieber Geschichten von starken, selbstständigen Frauen, die sich selbst retten.

Spinnengift von Jennifer Estep ist der siebte Teil einer Urban-Fantay-Reihe, was mir jetzt schon zu viele Teile sind, um da noch einzusteigen.

Genau genommen sind nur 14 der 26 Titel Neuerscheinungen, alles andere sind Neuauflagen und Sammelbände. Was auffällt, ist die starke Präsenz deutschsprachiger Autoren wie Andreas Brandhorst, Robert Corvus, Bernhard Hennen, Christoph Hardebusch, Christopher Marzi, Karl-Heinz Witzko, Richard Schwartz und Markus Heitz.

Science Fiction ist fünfmal im Programm vertreten, darunter ist aber ehrlich gesagt nichts, was mich wirklich interessiert (abgesehen davon, dass ich den ersten Band von Hugh Howeys Silo noch ungelesen im Regal stehen habe). Vielleicht Blue Screen von Dan Wells. Aus dem letzten Piper-Programm habe ich übrigens das lesenswerte Chrysaor von James Sullivan gerade gelesen (lasst euch von der Kritik am Schreibstil nicht abschrecken, die ist maßlos übertrieben). Und Das Objekt möchte ich auch noch lesen; da haben mich die negativen Kritiken auf Amazon richtig neugierig gemacht.

Und jetzt kommen wir zu dem Teil, in dem ich es mir als Übersetzer eventuell aufgrund der starken und kritischen Wortwahl mit einem potenziellen Auftragsgeber verscherzen könnte, aber der Leser und Fan in mir kann einfach nicht die Klappe halten. 😉 Denn ich bin Richard-Schwartz-Leser der ersten Stunde, seit er mich mit Das erste Horn so begeistern konnte. Der darauf folgenden Serie Das Geheimnis von Askir bin ich insgesamt über zehn Bände lang treu geblieben, und erst ausgestiegen, als man unter dem Namen die Götterkriege so tat, als würde man eine neue Serie starten, die man unabhängig von Askir lesen könne – was aber nicht der Fall war, es ging nahtlos weiter mit der Handlung (kann man hier in meiner Besprechung zu Das blutige Land nachlesen).

Wie auch immer, mit Die Eule von Askir veröffentlicht man jetzt ein bereits erschienenes Buch – das ich auch im Regal stehen habe, und das mir gut gefallen hat – „ungekürzt“ als „Die Komplettfassung“ (Endlich liegt die Saga um »Die Eule von Askir« in der ursprünglichen Fassung vor, wie der Autor sie erdacht hatte) (hat man mit Der Kronrat auch schon gemacht). Da komme ich mir als Leser der „inkompletten“ Fassung ehrlich gesagt veräppelt vor und empfinde es als Abzocke. Soll ich mir das Buch jetzt etwa nochmal kaufen? Und was hat den Verlag dazu gebracht, uns diese vom Autor erdachte Fassung fünf Jahre lang vorzuenthalten? Werden da Bücher in Fassungen veröffentlicht, die der Autor so gar nicht haben möchte? Da werde ich in Zukunft eher misstrauisch und verzichte lieber auf den Kauf von Büchern von Richard Schwartz (sorry Helmut). Und kommt mir nicht mit Neil Gaiman, da kann ich auf den „Author’s Cut“ auch gut verzichten.

So, dass musste ich jetzt mal loswerden, ansonsten finde ich es aber toll, dass Piper so vielen deutschsprachigen Autoren (auch in der Science Fiction) eine Chance gibt und auch über einen längeren Zeitraum an ihnen festhält. Für meinen Geschmack ist in diesem Programm aber nicht wirklich etwas dabei. Christoph Hardebusch lese ich eigentlich gerne (die Sturmwelten-Trilogie ist toll), aber diese Serie spricht mich thematisch jetzt nicht so an. Robert Corvus werde ich vielleicht mal ausprobieren, und von Andreas Brandhorst wollte auch schon immer mal was gelesen haben. Aber da ich mich ja aktuell mehr auf interessante Autorinnen konzentriere, und die Konkurrenz im Herbst einfach zu stark ist, werde ich aus dem Herbstprogramm 16/17 wohl nichts von Piper lesen.

Auf folgende Programmvorschauen habe ich schon einen Blick geworfen: Droemer Knaur und Fischer ; sowie Heyne.

„God Stalk“ von P. C. Hodgell

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Es gab in der Fantasy eine Zeit, in der es vor allem um Fantasie ging, um das, was man in der Science Fiction als »Sense of Wonder« bezeichnet. Geschichten, in denen Heldinnen und Helden leichten Fußes in exotischen Welten von einem Abenteuer ins nächste stolperten und sie mit Witz und Einfallsreichtum meisterten. Welten, die von Monstern, Dämonen, dunklen Göttern und bösen Zauberern bevölkert waren; in denen überall Magie in der Luft lag; Welten, in denen noch nicht diese pseudorealistische Grim-and-Gritty- bzw. Grimdark-Ambivalenz herrschte, die schon fast depressiv und fatalistisch daherkommt, und deren Weltenbau wie eine Mischung aus Politikseminar und VWL-Vorlesung wirkt; in der Magie noch nicht mit komplexen wissenschaftlich anmutenden Systemen erklärt wurde, die man auch als Aufsatz im Nature Magazine veröffentlichen könnte. Es war die Zeit der guten alten Sword and Sorcery.

Als Conan geheimnisvolle Türme böser Zauberer erkletterte, um ihnen ihre wertvollsten Schätze zu klauen; als Fafhrd und der graue Mausling die Straßen und Bordelle Lankhmars unsicher machten; als der unsterbliche und verfluchte Kane das Spiegelbild des Winters seiner Seele erblickte; und als Elric mit seinem unheilvollen Schwert Sturmbringer im matten Licht des Mondes einen Gefährten nach dem anderen ins Verderben stürzte.

Ich habe gar nichts gegen die oben erwähnte politisch ambivalente Grim-and-Gritty-Fantasy mit komplexen Magiesystemen, ich lese Serien wie Das Lied von Eis und Feuer sehr gerne, aber ab und zu dürstet es mich nach leichtfüßigen Abenteuern, in denen einfach drauflosgezaubert wird. Da solche Fantasy immer schwieriger zu finden ist, bin ich für Tipps und Empfehlungen immer dankbar. Und eine der reichhaltigsten und kompetentesten Quellen ist Gerd Rottenecker alias Gero von der Bibliotheka Phantastika, der ein nahezu enzyklopädisches Wissen in Bezug auf die Fantasyliteratur und ihre unzähligen Autorinnen und Autoren besitzt. Und in der Geburtstagsreihe auf der BP stellt er immer wieder AutorInnen, die selbst mir, der ich dachte, ich würde mich im Genre einigermaßen auskennen, völlig unbekannt sind. Und unter diesen mir unbekannten AutorInnen befinden sich auch echte Perlen, wie zum Beispiel Patricia Christine Hodgell.

Geros Laudatio auf ihren Roman God Stalk und die dazugehörige Reihe hat mich so begeistert, dass ich ihn umgehend lesen musste, da Geros Beschreibung eines jener leichtfüßigen, klassischen Sword-and-Sorcery-Abenteuer versprach, die ich so händeringend suche.

Von daher soll es genügen, einfach nur ganz deutlich zu sagen, dass God Stalk einer der besten Sword-&-Sorcery-Romane ist, die jemals geschrieben wurden, und damit ein Lesetipp für alle, die Abenteuerliteratur in einem farbigen, überzeugend geschilderten Setting und eine sympathische, aber keineswegs eindimensionale Protagonistin – was heutzutage vermutlich beides als altmodisch gilt – zu schätzen wissen (und auf Englisch lesen).

Auf den Inhalt will ich hier gar nicht näher eingehen, lest Geros Artikel!, er hat das viel besser beschrieben, als ich es je könnte.

God Stalk ist tolle Abenteuerfantasy in bester Sword-and-Sorcery-Tradition, die aber weitaus komplexer, reichhaltiger und subtiler daherkommt, als man es dem Subgenre in der Regel zutraut. Ich hatte einfach großen Spaß daran, Jame auf ihren Streifzügen durch diese faszinierende Stadt zu begleiten, wo sie so manchen Freund findet, sich viele Feinde macht und den einen oder anderen Priester in den Wahnsinn treibt.

Obwohl dieser Auftaktband der Serie noch recht episodenhaft daherkommt, ist ein roter Faden von Anfang an erkennbar. Geschickt mischt Hodgell leichtfüßige Abenteuer mit Tiefgang und einer Hintergrundgeschichte voller Mysterien und Geheimnissen. Dabei ist ihre Schreibe als äußerst schlank zu beschreiben, hält sie sich doch nie lange mit einer Szene auf. Selbst Kämpfe werden mit wenigen Zeilen abgehandelt. Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass hier etwas fehlt.

Schade ist nur, dass dieses bereits 1982 auf Englisch veröffentlichte Buch bis heute nicht auf Deutsch erschienen ist.

Der Platzhirsch – Das SF- und Fantasyprogramm 16/17 von Heyne

Hier geht es zum Beitrag Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt? Die Programme von Fischer/Tor und Knaur Fantasy

Große Publikumsverlage wie Heyne oder Piper planen ihre Programme in der Regel halbjährlich und mit viel Vorlauf. Das Buch, das ich z. b. gerade für Knaur übersetze, wird im Sommer 2017 erscheinen, während meine gerade abgegebene Übersetzung für Cross Cult schon in diesem Herbstprogramm erscheinen wird (wann genau, weiß ich aber nicht) – die Aufträge zu den beiden Büchern gingen praktisch zeitgleich ein. Wobei Cross Cult ähnlich wie Festa schon zu den Größeren unter den Kleinen gehört. Noch kleinere Verlage wie Atlantis oder Golkonda planen nicht so feste Programme mit viel Vorlauf. Oft sind es Einmannbetriebe, die auf die Unterstützung von Freunden und Bekannten angewiesen sind, die für sie in der Freizeit Aufgaben wie das Übersetzen erledigen. Und die AutorInnen müssen ihre Schreibzeit in der Regel neben dem Brotberuf abknapsen (wobei das auch bei vielen Midlist-AutorInnen der Fall ist, die bei großen Verlagen veröffentlichen).

Das macht es etwas schwieriger, die geplanten Titel der Kleinverlage so kompakt vorzustellen, wie ich es hier mit den Programmen der größeren mache, die ihre Vorschauen ja fast alle zum gleichen Zeitpunkt veröffentlichen. Ich finde es aber auch nicht schlimm. Denn die Programmvorschauen gehe ich jetzt – wie jedes halbe Jahr – mit viel Freude und Neugierde durch, und entdecke viele interessante Titel – aber bis die in einem halben Jahr dann endlich erschienen sind, habe ich die Hälfte davon schon wieder vergessen.

Man sollte auch nicht vergessen, dass diese Vorschauen in erster Linie für den Buchhandel gedacht sind, die mit ihren Vorbestellungen schon vor Erscheinen eines Titel darüber entscheiden können, ob auch Band 2 der Serie bzw. ein weiteres Buch der Autorin oder des Autors erscheinen wird. In den letzten Jahren habe ich bei einigen Fantasyserien mitbekommen, dass sie eingestellt wurden, weil die Zahl der Vorbestellungen aus dem Buchhandel zu gering waren. Es waren also nicht einmal die LeserInnen, die darüber entschieden haben.

Und leider ist es auch so, dass die Kleinverlage in Buchhandlungen – bis auf wenige Ausnahmen – nicht stattfinden. Die verkaufen ihre Titel vor allem online über Amazon. Und wer sich über aktuelle Neuerscheinungen informieren möchte, kann sich in einschlägigen Genreforen, auf Infoportalen wie Phantastik-News.de und Fantasybuch.de oder Rezensionsmagazinen wie der SF&F Rundschau von Josefson auf dem Laufenden halten.

Kommen wir aber jetzt zu den Programmvorschauen:

Heyne (hier gibt es die Vorschau als PDF ab Seite 60)

Gerade was Science Fiction angeht, ist Heyne noch immer der Platzhirsch. Das Engagement bzgl. Fantasy ist seit dem Verkauf der Fantasyssparte an Piper deutlich zurückgegangen. Welchen Stellenwert die Fantasy im Programm hat, kann man auch an der verlagseigenen Homepage diezukunft.de sehen, auf der Fantasy praktisch gar nicht stattfindet. Wobei das durchaus zur Verlagstradition gehört, hat doch schon Wolfgang Jeschke die Fantasy eher mit Bauchgrimmen neben der geliebten SF verlegt.

In den letzten Jahren sind aber auch die SF-Neuerscheinungen bei Heyne stark zurückgegangen, und man hat vermehrt auf Neuauflagen von Klassikern und noch gar nicht so alter Bücher von Autoren wie David Brin, Sergej Lukianenko oder China Mievielle gesetzt. Ist halt günstiger, als eine neue Übersetzung zu finanzieren. Wobei ich über einigen dieser Neuauflagen wie z. B. David Brin sehr froh bin. Das sind alles Titel, die eigentlich als Selbstverständlichkeit in eine gut gepflegte Backlist gehören. Aber leider geht der Trend dazu, dass SF-Titel schon nach wenigen Jahren (manchmal sogar schon nach einem oder zwei) verramscht werden und vergriffen bleiben (siehe z. B. die Takashi Kovac-Reihe von Richard Morgan, deren Bände 2 und 3 lange nur zu Mondpreisen gebraucht erhältlich waren – und zwar schon kurz nach Erscheinen). Durch die Entwicklung des E-Books hat sich das vor allem bei Heyne inzwischen geändert. Dort hat man Hunderte von Büchern aus der Backlist allein als E-Book neu veröffentlicht. Allerdings habe ich auch schon gehört, dass sich darunter teilweise schlecht eingescannte und vor Fehlern nur so strotzende Texte befinden sollen (siehe Richard Morgans Glühender Stahl).

Wie auch immer, trotz der steigenden Zahl der Neuauflagen war das Heyneprogramm immer für die ein oder andere Perle gut. Und im aktuellen Programm meine ich, wieder mehr interessante SF-Titel entdeckt zu haben. Hier scheint man auf die neu entstandene Konkurrenz durch Droemer/Knaur, Fischer/Tor aber auch Cross Cult reagiert zu haben.

Das Herzstück ist der großartige chinesische SF-Roman Die drei Sonnen (The Three-Body Problem) von Cixin Liu (ich hatte es hier besprochen), das sich in der englischen Übersetzung von Ken Liu in den USA zu einem Bestseller gemausert hat. Und zum Glück übersetzt man – anders als z. B. jüngst bei Koji Suzukis Der Graben – nicht die englische Übersetzung, sondern den originalen chinesischen Text.

Was Frauen angeht hat Heyne 16 Titel von Autorinnen im Programm (bei 47 Büchern ingesamt), darunter aber 10-mal Urban Fantasy von denen fünf wiederum allein von J. R. Ward stammen. An Science Fiction sind dieses Mal nur zwei Autorinnen im Programm, das war in den letzten beiden Programme – meine ich – besser gewesen.

Darunter mit Zero – Kadett der Sterne Military-SF von Sara King, deren Klappentext über einen Helden im Bootcamp, der die Menschheit vor der Herrschaft der Aliens retten muss, sich aber eher nach beliebiger Stangenware anhört. Aber der Eindruck kann natürlich täuschen.

An dieser Stelle muss ich mal einen Einschub bezüglich der Klappentexte von Heyne machen: Traut ihnen nicht! Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass die Klappentexte der Heyne-SF oft nur wenig bis überhaupt nichts mit dem eigentlichen Buch zu tun haben. Der in den USA lebende und auf englisch schreibende deutsche Autor Marko Kloos hat sich zum Beispiel sehr über den Klappentext zur Übersetzung seines ersten Romans gewundert: The blurb for the book is also a little fuzzy on some of the plot details unless the translator did some major surgery on the story. Michael Flynns großartiges Buch Fluss der Sterne wurde als »Abenteuer im Breitwandformat« angekündigt, »eine atemberaubende Reise in die Tiefen des Alls«. Stattdessen handelte es sich um ein poetisches und anspruchsvolles Kammerspiel mit neun psychologisch ausgefeilten Figuren, die sich auf einem Routineflug zwischen Jupiter und Mars befinden. Um mal zwei Beispiele zu nennen.

Was mich überrascht, ist deutschsprachige SF, die nicht von Andreas Brandhorst geschrieben wurde, sondern von Arne Ahlert (Moonatics). Bisher hatte es deutschsprachige SF bei den großen Verlagen ja eher schwer (vor allem in den SF-Programmen), auch wenn es immer mal wieder einen „Perry Rhodan“ -Autoren gab, den man mal was Eigenständiges schreiben ließ.

Der Mond scheint im Trend zu liegen, denn neben Moonatics hat man auch Ian McDonalds Luna im Programm. Einen Autor, bei dem ich schon fast alle Hoffnung aufgegeben hatte, dass er noch einmal auf Deutsch erscheinen würde. Aber da aus diesem Buch eine TV-Serie werden soll, ist es vielleicht doch nicht so überraschend. Und wie schon erwähnt, der Mond scheint im Trend zu liegen, gibt es doch auch bei Knaur mit Darkside einen Mondroman.

Das Buch, auf das ich mich am meisten freue, ist Aurora von Kim Stanley Robinson, welches ich bewusst nicht im Original gelesen habe, weil ich mich hier sehr auf die Übersetzung von Jakob Schmidt freue, der schon das großartige 2312 hervorragend übersetzt hat und für mich auch das große Vorbild ist, was das Übersetzen von Science Fiction angeht (zuletzt hat er eine tolle Neuübersetzung von Frank Herberts Der Wüstenplanet vorgelegt). Außerdem stehe ich auf Geschichten über Generationenraumschiffe, und dann von diesem Autor …!

Mit Dunkler Orbit von Al Robertson befindet sich auch ein großes Ärgernis im Programm von Heyne. Nichts gegen das Buch, das kenne ich nicht. Aber ich habe gerade für Cross Cult das Buch Dark Orbit von Carolyn Ives Gilman übersetzt. Und natürlich sollte das auf Deutsch Dunkler Orbit heißen; bis ich diesen Titel im Programm von Heyne entdeckte, der im Original übrigens Crashing Heavens! heißt. Also musste kurzfristig ein neuer Titel her, und ich muss sagen, dass mir Dunkle Materie sogar besser gefällt und auch besser zum Inhalt passt (übrigens nicht zu verwechseln mit Dunkle Materie: Die Geschichte der Scheiße). Aber natürlich ist die Verwechslungsgefahr der beiden Bücher durch die Titel groß. Wie es wohl dazu kommen konnte, dass ausgerechnet im Herbstprogramm bei Heyne ein Buch mit dem Titel Dunkler Orbit erscheint, der eine Eins-zu-eins-Übersetzung unseres Buches Dark Orbit ist? Das überlasse ich den Verschwörungstheoretikern unter den SF-Lesern. 😉

Nachdem Robert Charles Wilson (Spin) über Jahre praktisch Stammautor bei Heyne war, wurde es nach dem 2011 erschienenen Vortex plötzlich sehr still um den Autor. Die Übersetzung seines 2013 im Original erschienenen Burning Paradise ließ so lange auf sich warten, dass ich schon glaubte, man habe Wilson aus dem Programm gekickt. 2015 erschien mit The Affinities sogar schon sein nächstes Buch auf Englisch. Doch das Warten hat ein Ende, und Burning Paradise erscheint jetzt endlich unter dem Titel Kontrolle.

Mit Norbert Stöbes Kolonie erscheint sogar noch ein zweiter deutscher Autor im Programm – alteingesessenen SF-Lesern dürfte er noch bekannt sein, ich kenne den Namen vor allem durch seine Übersetzungen.

Ansonsten gibt es in der SF vor allem Fortsetzungen von laufenden Reihen: James A. Corey, Marko Kloos, Ann Leckie (die zweite Frau in der SF), Jamie Sawyer, Michael Cobley.

Und Neuauflagen von Klassikern: Assimov, Heinlein, Hogan.

Das Herzstück der Fantasy scheint mir Die Blausteinkriege 2 des Autorengespanns T.S. Orgel zu sein. Eine Fantasyserie, der ich mal eine Chance geben werde, scheint sie doch weder von Zwergen noch von Orks heimgesucht zu werden. 🙂

Der Urban Fantasy bin ich durchaus nicht abgeneigt, ich liebe die PC Grant-Reihe von Ben Aaranowitch, und lese auch gerne Jim Butchers Dresden Files, aber mit J. R. Ward (Black Dagger) kann man mich jagen.

Bei den Werken von Stefanie Lasthaus (Das Frostmädchen) und Elizabeth May (Die Feenjägerin) bin ich mir nicht so sicher, ob es sich um Urban Fantasy, klassische Fantasy oder ein Mix aus beidem handelt. Da könnte mich Der Feuerstein von Rea Carson schon eher interessieren (wobei ich gerade, während ich auf Amazon verlinke, sehe, dass das Buch bereits 2012 erschienen ist).

Ich wollte mich ja bei den Programmvorstellungen vor allem auf die Frauen konzentrieren, aber ehrlich gesagt, die ganzen Autorinnen, die in der Vorschau in der Romantasyecke präsentiert werden (Coreen Calahan, Julie Kagawa, Christine Feehan), konnten mein Interesse nicht so wirklich wecken.

Bei den Männern bin ich in der Fantasy noch auf Pakt der Diebe von Jon Skovron gespannt, da ich eine Schwäche für solche Diebe-Rache-Fantasy habe. Ist neben den neuen Büchern von Brandon Sanderson und Scott Lynch auch mal ein neuer Fantasyautor im Programm, der bisher noch nicht einmal auf Englisch erschienen ist (erst im Juni 2016). Ebenso wie in diesem Buch, geht es laut Klappentext auch bei Mitchell Hogans Die Feuer von Anasoma um Rache an einem bösen Kaiser und dessen Schergen. Scheint sich zu einem neuen Trend zu entwickeln. 😉

Tja was die Autorinnen im SF- und Fantasyprogramm von Heyne angeht, gibt es da neben Ann Leckie dieses Mal leider kaum Werke von Frauen, die mich wirklich interessieren. Hier ist es eher die alte Garde der Männer (Kim Stanley Robinson, Robert Charles Wilson, David Brin u. Ian McDonald), auf die ich mich freue. Wobei es mit Alena Graedon, Jennifer Foehner Wells (hier hat die Übersetzung von Die Frequenz allerdings starke Kritik erhalten) und Rachel Bach drei Autorinnen aus dem letzten Programm von Heyne gibt, die ich noch lesen möchte. Aber wie das so ist mit den guten Vorsätzen, vermutlich werde ich nicht einmal die Hälfte aller Romane schaffen, die mich wirklich interessieren.

Zwar habe ich hier jetzt wieder auf Amazon verlinkt, da dort die Cover und Klappentexte schon einsehbar sind, bestellen werde ich mir die Bücher aber natürlich in der besten Buchhandlung der Welt – also im Otherland Berlin.

P.S. Die Cover müsst ihr euch auf Amazon oder direkt in der Programmvorschau ansehen, da es mir rechtlich zu heikel ist, hier Cover einzustellen. Das mache ich nur bei befreundeten Verlagen oder fotografiere die Bücher, die mir bereits vorliegen.

Gamechanger auf dem phantastischen Buchmarkt? Die Programme von Fischer/Tor und Knaur Fantasy

Science-Fiction und Fantasy: Ein Buchmarkt im Wandel lautete die Überschrift eines Artikels, den ich für die Zeitschrift phantastisch! (Nr. 55) im Jahr 2014 verfasst hatte. Darin ging es um den empirischen Nachweis des damals im Fandom (und auch bei mir) verankerten Gefühls, dass die Zahl der phantastischen Neuübersetzungen kontinuierlich zurückgeht. Dazu bin ich sämtliche Verlagsvorschauen der vier phantastischen Platzhirsche Heyne, Piper, Blanvalet und Bastei/Lübbe von 2010 bis 2015 durchgegangen. Und tatsächlich, die Neuübersetzungen waren in diesem Zeitraum um 39 Prozent zurückgegangen.

Das war natürlich ein sehr eingeschränkter Blick auf den Buchmarkt, berücksichtigte er doch weder umtriebige Kleinverlage wie z. B. Atlantis, Golkonda oder Festa, noch die allgemeinen Reihen größerer Publikumsverlage wie z. B. Kiepenheuer und Witsch (Drohnenland) oder Knaus (Der goldene Schwarm). Trotzdem wirkte es, als befände sich das Genre der Phantastik und die Science Fiction im Besonderen (40% Rückgang), nach dem Boom der Völkerphantasie zu Beginn des neuen Jahrtausends, auf dem Rückmarsch (auch die Zahl der deutschsprachigen Neuerscheinungen stagnierte).

Als dieser Artikel im Sommer 2014 erschien, wusste ich noch nicht, was mir Hannes Riffel im September desselbigen Jahres auf einem Übersetzerworkshop erzählen würde. Nämlich, dass er für einen großen Verlag ein neues Phantastikprogramm aufbauen würde. Über die nächsten Monate erfuhr ich immer weitere Titel und die Zahl von 26 Veröffentlichungen pro Jahr, die unter dem Namen Fischer/Tor erscheinen sollten, und mir wurde klar, dass hier wirklich Bewegung ins Genre kommen könnte. Ein Eindruck, der verstärkt wurde, als ich las, dass die Literaturagentin Natalja Schmidt ihre Agentur Schriftart auflösen und ähnlich wie Hannes Riffel bei Fischer nun bei Droemer/Knaur ein neues Phantastikprogramm aufbauen würde.

Zwei große Publikumsverlage, die mit kompetenter Personalkraft und den nötigen Finanzen und Strukturen im Hintergrund neue Phantastikprogramme mit deutschsprachigen und internationalen Titeln aus den Bereichen Fantasy, Science Fiction und Horror aufbauen. Das machte uns im Fandom richtig neugierig und ließ uns spekulieren, welch belebende Wirkung dies auf die anderen größeren Genreverlage und das Genre insgesamt haben könnte. Schaut man sich die Herbstprogramme von Heyne und Piper an, scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Wie es sich aber auf die Leser und Käufer auswirkt, wird das kommende Jahr zeigen müssen. Denn mehr Phantastikveröffentlichungen bedeuten ja nicht unbedingt, dass auch mehr gekauft und gelesen wird.

An fehlendem Anspruch und mangelnder Qualität wird es allerdings weder bei Knaur noch bei Fischer/Tor scheitern, wie ein erster Blick in die Programme zeigt. Doch wie bereits in meinem Blogartikel Phantastikvorschauen Herbst/Winter 2016: Wo sind die Frauen? und der Ergänzung: Wo sind die Frauen? – Einige Ergänzungen zum Beitrag vom 26.4. angedeutet, möchte ich mich auf die Autorinnen in den kommenden Programmen konzentrieren, was aber nicht heißt, dass ich die Männer ganz ignorieren werde.

Fischer/Tor

Von den zwölf Neuerscheinungen im Herbst/Winterprogramm 2016/17 von Fischer/Tor stammen nur drei Titel von Autorinnen. Aber die haben es in sich.

Da wäre z. B. Der zeitlose Klassiker The Dispossessed von Ursula K. Le Guin, der hier in der Neuübersetzung von Karen Nölle unter dem Titel Freie Geister (in Anlehnung an die Anspielung auf Dostojewski im Original) erscheinen wird. Le Guin ist (bis auf die Novelle Verlorene Paradiese bei Atlantis) in den letzten Jahren leider völlig aus den Programmen deutschsprachiger Verlage verschwunden, was meiner Meinung nach eine wahre Schande ist. Ich hoffe, dass diese Neuerscheinung zum einen den Namen Le Guin den (auch jüngeren) deutschsprachigen Leserinnen und Lesern wieder näher bringen wird, und, dass vielleicht einige ihrer unübersetzten Werke ihren Weg nach Deutschland finden werden. Demnächst wird auch eine Dokumentation über das Leben von Ursula K. Le Guin erscheinen (die ich per Kickstarter unterstützt habe). Vor seinem Erscheinen im Januar 2017 werde ich dem Roman (der englischsprachigen Fassung) noch einen ausführlichen Blogeintrag widmen.

Der zweite interessante Titel von einer Autorin ist Der Winterkaiser (im Weiteren verlinke ich hier auf Amazon.de, weil es dort schon Inhaltsangaben zu den Büchern gibt) von Katherine Addison (ist ein Pseudonym), der unter dem Titel The Goblin Emperor in der englischsprachigen Phantastikszene für Furore sorgte. Ein abgeschlossener Einzelroman, der seine ganz eigenen Wege abseits der üblichen Fantasyklischees geht. Ich habe ihn allerdings noch nicht gelesen.

Ebenso wenig wie Becky Chambers Science-Fiction-Abenteuer Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planten (the long way to a small angry planet), dessen Kritiken mich aber furchtbar neugierig auf diesen Roman machen, der es gerade auf die Nominierungsliste für den Arthur C. Clarke Award geschafft hat.

Nur drei Autorinnen im Programm, aber so ganz unterschlägt Fischer/Tor die Frauen doch nicht, stammen doch bis auf das – ebenfalls von mir mit Spannung erwartete und von Frank Böhmert übersetzte – Afterparty alle Übersetzungen von Frauen. 😉

Und neben den schon erwähnten Titeln freue ich mich vor allem auf das von Birgit Pfaffinger und Ulrike Brauns übersetzte Im Schatten des Himmels von Guy Gavriel Kay, der ebenfalls seit einigen Jahren aus den deutschsprachigen Programmen verschwunden ist, und den SF-Roman Die Krone der Sterne von Kai Meyer.

Krimis aus Südafrika liegen schon seit Roger Smith im Trend, und jetzt, seit dem Erfolg von Lauren Beukes (Moxyland), auch Science Fiction. Und da ich mich seit Oktober letzten Jahres besonders für Südafrika interessiere, bin ich auch sehr auf Charlie Hunmans in Kapstadt spielenden Roman Apocalypse Now Now gespannt.

Die Programmvorschauen Herbst/Winter 16/17  von Fischer sind aktuell immer noch nicht online. Bisher gibt es nur den 300-seitigen Programmreader für den Buchhandel. Ab Juli soll unter der Adresse Tor-online.de eine Webseite nach dem Vorbild von Tor.com online gehen. Auf Twitter und Facebook sind sie auch schon vertreten.

Man darf jedenfalls gespannt sein. Bisher hatte der Fischer Verlag ja noch nie ein wirkliches Phantastikprogramm, sondern höchstens vereinzelte Titel im Programm, wie z. B. die Drachenbeinthron-Saga von Tad Williams. Man möge mich korrigieren, falls ich mich hier irre. Es überwiegt übrigens die Science Fiction mit neun von zwölf Titeln! Wobei man auch hier nicht auf Massenmarkttaugliche Titel wie z. B. Der Groll der Zwerge von Bernd Frenz verzichtet.

Knaur

Anders als bei Fischer gibt es bei Knaur eine langjährige Tradition mit Fantasy im Programm mit der Reihe Excalibur – Fantasy bei Knaur. So stehen bei mir im Regal z. B. Die Chroniken des Thomas Covenant von Stephen Donaldson, Das Buch der Fey von Kristine Kathryn Rusch und die Kaltfeuer-Reihe von C. S. Friedman – alles Fantasy mit originellen Ansätzen abseits der üblichen Genreklischees. Nach dem Weggang von Timothy Sonderhüsken vor einigen Jahren ist das Programm aber so ziemlich eingeschlafen.

Und jetzt der Neustart mit einem neuen Team unter Natalja Schmidt, mit 18 Titeln in der Programmvorschau. Ein ambitioniertes Programm mit deutschen und internationalen Autorinnen und Autoren, in dem die Fantasy zwar gegenüber der Science Fiction überwiegt, aber mit AutorInnen wie Zen Cho und Ken Liu sehr originell daherkommt.

Zen Chos Die Magier seiner Majestät sorgte im letzten Jahr für Aufsehen auf dem englischsprachigen Buchmarkt. Die Inhaltsbeschreibung erinnert schon sehr stark an Susanna Clarkes Jonathan Strange & Mr Norrell, aber die vielen positiven Kritiken machen mich trotzdem sehr neugierig auf diese historische Fantasy im England des 19. Jahrhunderts.

Mit Irrlichtfeuer von Julia Lange gibt es auch ein Fantasydebüt einer jungen deutschen Autorin, die sich hier einen ganz interessanten Weltenbau um das magische Irrlicht-Gas ausgedacht hat.

Cover und Titel von Ju Honischs Seelenspalter sehen zwar stark nach der üblich generischen Kapuzenheini-Assassinen-Fantasy aus, die es in den letzten Jahren reichlich aus deutscher Feder gab, aber bei der Frankfurter Autorin, die unter anderem Das Obsidianherz bei Feder & Schwert veröffentlicht hat, gehe ich mal davon aus, dass mehr dahintersteckt.

Die in bestem Buchhandels-PR-Sprech unter dem Titel „Women’s Fantasy“ firmierenden Bücher Das vierte Siegel von Liane Sons (ist wohl schon recht erfolgreich als E-Book gelaufen) und Talvars Schuld von Valerie Colberg sprechen mich jetzt auf den ersten Blick nicht so wirklich an, aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, wenn die ersten Kritiken erschienen sind.

Das wahre Juwel des Programms ist für mich aber Ken Lius Das Schwert von Dara (The Grace of Kings), zu dessen Originalausgabe ich im letzten Jahr Folgendes schrieb: Phantastische Silk-Punk-Fantasy in einem vom historischen China inspirierten Szenario, das aber durchaus auch westliche Einflüsse (wie die griechische Tragödie) beimischt. Bisher die aufregendste Fantasyneuerscheinung des Jahres

Und während Fischer/Tor mit Kai Meyer einen großen deutschen Namen im Programm hat, ist des bei Knaur Markus Heitz mit Wédora. Wobei Heitz nach einigen Leseversuchen jetzt nicht so ganz mein Fall ist (auf seine Lesungen gehe ich aber immer gerne). Viel neugieriger bin ich da auf Schwarzer Horizont von Ivo Pala, dessen düsteres Szenario zur Neuauflage von David Gemmels Die Legende zu passen scheint.

Unter den drei SF-Romanen erregt Ariel S. Winters Mr. Sapien träumt vom Menschsein (Barrren Cove), in dem es über einen lebensmüden Roboter geht, der sich einigen existenzialistischen Fragen stellt. Übrigens von Oliver Plaschka übersetzt.

Das auf dem Mond spielende Dark Side von Anthony O’Neill wurde mir vom Übersetzer Gerd Rottenecker empfohlen. Und das von Simone Heller übersetzte Darwin City von Jason M. Hough scheint mir auch ein recht interessantes Zukunftsszenario zu bieten.

Knaur Fantasy & Science Fiction ist übrigens auf Facebook schon sehr aktiv und stellt dort regelmäßig Bücher und AutorInnen vor.

Das waren jetzt nicht alle Titel aus den beiden Programmen, sondern nur jene, die mich auf den ersten Blick ansprechen. Ich muss aber gestehen, ich hatte bei der Durchsicht der beiden Programme mehr Freude als es in den letzten Jahren zum Beispiel beim immer generischer und mutloser wirkenden Programm von Blanvalet der Fall war. Da sind eine Menge Titel dabei, die ich lesen werde. Und über jene von Autorinnen werde ich in diesem Jahr auch hier auf dem Blog besprechen.

In den nächsten Wochen werde ich  noch die Programmvorschauen der anderen großen Verlage vorstellen (die SF bei Heyne sieht sehr vielversprechend aus), danach aber auch einen Blick auf die deutschsprachigen Kleinverlage werfen. Vor allem Cross Cult geht im Herbst mit einem ambitionierten und ausgezeichneten SF-Programm an den Start.

P.S. Mit Bildern bzw. den Covern der erwähnten Titel wäre dieser Artikel natürlich noch ansprechender ausgefallen, aber das ist mir rechtlich zu heikel.

P.P.S. Nicht wundern, warum ich bei manchen Büchern ÜbersetzerInnen erwähnt habe, und bei anderen nicht. Das sind eben jene, die ich persönlich kenne.

Das Teufelsloch von Antonia Hodgson

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»London stinkt. Ein widerwärtiger nach Exkrementen, Abfall, toten Tieren und sonstigen Ekelhaftigkeiten stinkender Geruch steigt aus der Kanalisation hinauf und verpestet die Luft in der Stadt. Hinzu kommen noch die zahllosen Gerüche von Gerbereien, die Hundekot verarbeiten, Händler, die teilweise verfaulten Fisch verkaufen, dem ganzen Unrat, der auf der Straße landet und nicht zu vergessen, die unzähligen Körpergerüche der Londoner, für die sauberes Wasser ein Luxus ist« schrieb ich in meiner Kritik zu Clare Carkes historischem Roman Der Vermesser, indem es um die Erneuerung der Kanalisation im Jahr 1855 geht. Über hundert Jahre zuvor – im Jahr 1727 – sah und roch es in London nicht viel besser. Doch der allgemeine Schmutz auf den Straßen der britischen Metropole war noch harmlos im Vergleich zu dem, was jene arme Schlucker erdulden mussten, die im Schuldgefängnis Marshalsea landeten.

Mit Unrat übersäte Flure, die nach Pisse und Scheiße stinken; Zimmer voll Kranker, die an den Pocken oder am Faulfieber dahinsiechen; Verwesungsgeruch der Toten, die jeden Morgen aus den Sammelzellen der Common Side gezogen werden. Menschen, die an Leichen gekettet werden, mit Schädelkappen und Halseisen, während ihnen die Ratten bei lebendigem Leibe das Fleisch von den Knochen nagen. Auch im Schuldgefängnis gibt es Hierarchien und eine Klassengesellschaft.

Jene auf der Master’s Side, die für ihre Unterkunft zahlen können, speisen in gefängniseigenen Gasthäusern, schäkern mit den Dirnen, spielen Federball im Park und Backgammon im Schatten der Bäume. Jene arme Socken, denen dafür das nötige Kleingeld fehlt, müssen auf der Common Side im Elend dahinvegetieren, in völlig überfüllten Sammelzellen im eigenen und fremden Dreck eingepfercht und von Seuchen geplagt, nur Haut und Knochen, kurz vor dem Hungertod – auch Frauen und Kinder.

In diese Umstände gerät der Lebemann Tom Hawkins, nachdem der passionierte Glücksspieler seine Mietschulden nicht mehr zahlen kann. Dass er nicht direkt im Elende der Common Side landet, hat er einflussreichen Freunden und Gönnern zu verdanken. Dass er sich Hoffnung auf Freilassung machen kann, liegt daran, dass er in einem Mordfall ermitteln soll. Und so taucht er vom ersten Tag an in die kleine Parallelwelt des Schuldgefängnis Marshalsea und seiner skurrilen und faszinierenden Bewohner und Besucher ein. Denn das Schuldgefängnis ist anders als ein normaler Knast offen für Besucher; es geht nicht um die Bestrafung der Inhaftierten, sondern um deren finanzielle Schröpfung. Während sie praktisch in Geiselhaft sitzen, müssen ihre Verwandten und Freunde versuchen, jene Schulden zu begleichen, die sie in Gefängnis brachten, und jene, die der Aufenthalt dort unter dem geldgierigen Direktor Acton mit sich bringt.

In einer Welt, in der jeder auf seinen eigenen Vorteil aus ist, weil dieser das Überleben bedeutet, kann Hawkins niemandem trauen; alle haben Grund zum Lügen, vom griesgrämigen Schließer über die hübsche Schankmagd bis zum Gefängnispriester. Immer dichter wird dieses undurchsichtige Gewirr aus Intrigen und Täuschungen.

Ein faszinierender Kosmos, den Antonia Hodgson so anschaulich und lebhaft bis ins kleinste Detail hervorragend recherchiert schildert. Mich hat die Geschichte von Anfang an gepackt und mitgerissen. Ein knallharter historischer Thriller, der nichts beschönigt, nichts verklärt – nichts für LeserInnen von historischer Landscape and Romance, sondern für jene, die sich nicht zu fein sind, in die faulig stinkenden Niederungen der Vergangenheit hinabzusteigen, zu den Verlierern der damaligen Gesellschaft, ausgebeutet und verkauft, dem Elend ausgesetzt, aus reiner Profitgier.

Die Übersetzung von Katarina Volk liest sich ganz ausgezeichnet und authentisch, sprachlich sehr elegant, ohne unnötigen Schnörkel.