Meine Woche 26.03.2023: Pornhub, Pogues und Aldo Moro

Musik gibt es von Meg Meyers mit ihrem neuen Album TZIA und dem Wasia Project. Dokus zu Pornhub und Shane MacGowan von den Pogues. Eine grandiose Serie zur Entführung von Aldo Moro, eine mitreißende zum Buch Daisy Jones and the Six. Das Hörspiel Mia Insomnia. Und als Filmtipp Das Bankett des Kaisers von Tsui Hark.

Musik

Meg Meyers – TZIA

Die Musik von Meg Meyers mag ich schon seit Desire und Monster. Erinnert mich an die junge Fiona Apple und PJ Harvey, hat aber trotzdem ihren eigenen Stil abseits des Mainstreams. Weshalb sie wohl auch nie den großen Durchbruch hatte. Dafür ist ihre Musik zu abgründig, ihr Auftreten zu eigenwillig. Genau so, wie ich es mag.

Letzten Freitag ist ihr neues Album TZIA erschienen. Das kommt musikalisch ziemlich heavy daher, mit relativ viel Elektronik, aber auch schweren Gitarren. Nach erstem Hören gefällt es mir richtig gut.

Wasia Project

Netter Song mit schönem Video. Hat mir der Youtube-Algorithmus diese Woche in die Timeline gespült.

Dokus

Money Shot: The Pornhub Story

Über die Geschichte des Streamingportals Pornhub. Die Doku lässt viele Seiten zu Wort kommen, Gegner von Pornografie und solchen Internetseiten, ebenso wie Sexperfome*rinnen, Darsteller’innen, Journalist’innen und ehemalige Mitarbeiter’innen. Dramaturgisch ist sie ganz geschickt aufgebaut. So hören wir eine ganze Weile vernünftig klingende Argumentationen von Aktivist*innen, die gegen Menschenhandel, Ausbeutung und Kinderpornografie mobil machen, bei denen sich dann aber herausstellt, dass die evangelikale Rechte dahinter steckt, die diese Themen nur als Trittbrett und PR für ihren Kreuzzug gegen die körperliche Autonomie von Frauen sowie LGBTQ+ und trans Menschen missbraucht.

Keine Frage, Pornhub hatte über viele Jahre ein großes Problem mit Kinderpornografie, Vergewaltigungsvideos, Revenge-Porn und Raubkopien. Hat dass alles zugelassen, weil es mehr Traffic und damit Profit brachte, und erst nachgegeben und alles, was nicht verifiziert ist, von der Plattform geschmissen, als der Druck zu groß wurden. Sie sind aber auch eine Plattform, die Sexarbeiter’innen und Perfomer’innen ein regelmäßiges Einkommen und Sicherheit am Arbeitsplatz ermöglicht.

Nichtsdestotrotz steckt hinter Pornhub der überaus zwielichtige und fragwürdige Konzern Mindgeek, dem fast alle Porno-Tube-Plattformen gehören, auf denen der oben beanstandete Contend weiter verfügbar ist.

Wer Pornografie mit gutem Gewissen konsumieren möchte, sollte lieber zu seriösen Plattformen mit ethisch einwandfreiem Geschäftsmodell gehen, wie z.B. die Produktionen von Erika Lust. Onlyfans scheint mir auch ein ganz guter Weg zu sein, von dem vor allem die Performer’innen selbst profitieren. Wir als Konsument’innen sollten darauf achten, keine Produktionen zu unterstützen, die junge Frauen ausbeuten und zu Sachen zwingen oder drängen, die sie nicht machen möchten.

Der Umgang mit Pornografie (und Sexualität) ist auch ein Gradmesser für die Demokratie. Je repressiver und restriktiver Staat und Gesetze gegenüber der Pornografie werden, und damit vor allem gegenüber den Frauen, die in der Industrie arbeiten, desto schlechter ist es meist um die Demokratie und die Freiheit der Gesellschaft bestellt. Pornografie kann Ausbeutung von Frauen und Ausdruck von Misogynie sein, der Kampf gegen Pornografie ist aber meist auch ein Kampf gegen den weiblichen Körper, sexuelle Selbstbestimmung, andere Lebenweisen und die trans und LGBTQ+-Community.

Die Doku gibt es bei Netflix.

Crock of Gold: A Few Rounds with Shane MacGowan

Eine faszinierende Doku über einen Musiker, der mir mit seiner Band The Pogues zwar namentlich ein Begriff war, und von denen ich sicher schon mal Songs gehört habe, die trotzdem weitgehend an meinem Radar vorbeigegangen sind. Die Doku geht erstaunlich lange auf seine Kindheit ein und erzählt nicht nur seine Biografie, sondern teils auch eine musikalische Geschichte Irlands.

MacGowan selbst ist inzwischen körperlich ein Wrack. In einem Interview-Strang sitzt er mit Gerry Adams zusammen, der zehn Jahre älter ist, aber zehn Jahre jünger wirkt. Selbst MacGowans Vater wirkt mit über 80 noch fitter. Durch seine Nähe zur IRA ist MacGowan durchaus eine kontroverse Figure, seine Musik und die Texte sind aber unbestritten großartig. Mit ihrer wilden Mischung aus Irish Punk Folk haben die Pogues etwas ganz Eigenes erschaffen.

Die Doku konzentriert sich aber voll auf Shane MacGowan, aus der Band kommt niemand zu Wort, es geht auch nicht darum, wie sich die Musiker*innen kennengelernt haben, wie sie zusammengearbeitet haben usw. Es geht nur um MacGowan.

Die Doku gibt es noch bis zum 7. Juni in der Arte-Mediathek.

Serien

Und draußen die Nacht (Esterno notte)

Grandios inszenierte Serie über die Entführung und Ermordung des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro durch die Terroristen der Brigate Rosse, erzählt aus fünf verschiedenen Perspektiven in sechs Folgen, von der jede für sich ein kleines Kunstwerk ist. Geht es um Politiker – zu denen ich auch den Papst zähle – wie den Innenminister, schlägt die Serie schon leicht parodistische Züge an, wahrt dabei aber immer ein Gefühl der Bedrohlichkeit. Geht es um Moros Frau, bleibt der Tonfall ernst und empathisch. Auch bei der Terroristen wird auf Ironie verzichtet. Aldo Moro ist der einzige Politiker, der nicht mit karikaturistischen Elementen porträtiert wird. Bewundernswert ist auch der Stilwille von Regisseur Marco Bellocchio, der die gesamte Serie konstant in eleganten Bildern und mit sicherer Hand durchzieht, wie es keine deutsche Serie hinbekommen würde. Zu meinem eigenen Erstaunen hat mir die Folge mit dem Papst am besten gefallen.

Dort wo die Fakten bekannt sind, hält sich die Serie an die realen Ereignisse, die Lücken werden mit eigenen Spekulationen und Interpretationen gefüllt. Atmosphärisch ist die Serie unheimlich dicht und vermittelt ein packendes und authentisches Bild vom politischen Klima im Italien des Jahres 1978.

Die Serie ist thematisch schwere Kost, kommt sehr bedeutungsschwanger und mit viel Symbolik daher, ist aber trotzdem sehr leichtfüßig inszeniert.

Und draußen die Nacht ist noch bis Juli 2023 in der Arte-Mediathek verfügbar, OmU leider wieder mal nur fürs französische Publikum, die deutsche Synchro ist aber ausgezeichnet. Normalerweise schaue ich keine Serien, ohne Originaltonspur und Untertiteln, aber die hier konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.

Daisy Jones and the Six

Objektiv betrachtet ist Und draußen die Nacht natürlich die bessere Serie, aber sie hat mich vor allem auf einer intellektuellen Ebene angesprochen, während Daisy Jones mich emotional mitgerissen hat, vor allem in der letzten Folge. Das ist über weite Strecken eine lockere Serie über den Aufstieg und Fall einer fiktiven Rockband aus den 70ern, lose angelehnt an die Geschichte von Fleetwood Mac und Stevie Nicks. Die Vorlage von Taylor Jenkins Reid ist als Interviewbuch angelegt, in der Serienadaption tritt das dezent in den Hintergrund. Die Leute geben immer noch ihre Kommentare ab, aber 90% der Zeit sind wir in der Vergangenheit bei der Band. Die Interviewstruktur ist trotzdem wichtig, vor allem für die letzte Folge, die mich, obwohl ich die Buchvorlage kenne und obwohl sie etwas kitschig ist, trotzdem sehr bewegt hat.

Gibt es bei Prime.

Extrapolations

Von dieser AppleTV+-Serie habe ich bisher nur die erste Folge gesehen und verweise deswegen auf die sehr ausführliche und sehr gut begründete Kritik Pathos Porn About Climate Change von Aaron Bady im Los Angeles Review of Books, der gut erklärt, warum das eine Serie von reichen Amerikanern über reiche Amerikaner ist, die in relativ bequemer Lage über ihr schlechtes Gewissen bezüglich des Klimawandels sinnieren. A show about »rich people’s feelings«.

Filme

Das Bankett des Kaisers (īnyù mǎntáng)

Über einen, vom stets wunderbaren (und viel zu früh verstorbenen) Leslie Cheung gespielten, Bandenboss, der zum Küchenlehrling umsattelt, weil er zu seiner Freundin nach Kanada ziehen will. Dabei verliebt er sich aber in die Tochter des Küchenchefs und muss mit ihr das Restaurant des Vaters bei einem Kochwettbewerb retten, der Das Bankett des Kaisers heißt.

Im Prinzip ein klassischer Hongkong-Martial-Arts-Film von Tsui Hark, in dem zwei verfeindete Kampfkunstschulen gegeneinander antreten. Zunächst muss ein legendärer Meister gefunden werden, der dem Alkohol verfallen ist, dann gibt es eine originelle Trainingsmontage als finale Vorbereitung. Nur wird hier nicht gekämpft, sondern gekocht. Die Schurken heißen die Superprofis und die drei Gerichte beim finalen Kochduell sind herrlich abstrus (zumindest hoffe ich das). Viel Slapstick, reichlich durchgeknallter Humor – ein großer Quatsch, der Spaß macht, von PETA aber sicher keine Gütesiegel erhält. Ich sage nur Bärentatze im Schnee, Elefantenrüssel in Vogelnestern gegart und Affenhirn auf …

Den Film gibt es noch bis zum 15.08 in der Arte-Mediathek.

Like Father, Like Son (Soshite Chichi ni Naru)

Um diesen Film von Hirokazu Koreeda habe ich mich lange gedrückt, da mich Geschichten über Familien, deren Babys im Krankenhaus vertauscht werden, so gar nicht ansprechen. Doch jetzt, wo es den Film bei Mubi gibt, konnte ich doch nicht widerstehen. Natürlich geht es um eine wohlhabendere Familie mit einem ambitionierten Architekten als Vater, der seinen Sohn leistungsbewusst erziehen möchte, und eine Familie, die eher so in den Tag lebt, gerne Spaß zusammen hat, mit einem von Lily Frank, in einer seiner typischen Rollen, gespielten Vater,

Ein sehr bewegender Film über das, was Familie ausmacht.

Lektüre

Bullet Train | Kōtarō Isaka

Auf meiner Seite lesenswelt.de bespreche ich den Roman Bullet Train von Kōtarō Isaka, gehe aber auch kurz auf die Verfilmung ein und erkläre, warum ich sie für wenig gelungen halte.

Hörspiel

Mia Insomnia

Zehnteilige Hörspielserie über eine Podcasterin, die herausfinden möchte, warum außer ihr niemand eine bestimmte Folge ihres Lieblingshörspiels Geisterjagd kennt. Selbst der Hauptsprecher und die Produzentin nicht. Also begibt sie sich auf eine Reise in ihre Kindheit, zu dem Ferienhaus, wo sie die letzten schönen Tage mit ihrem Vater verbracht hat. Und kommt einem unglaublichen Geheimnis auf die Spur.

Als Kassettenkind und Fan der drei Fragezeichen hat mich die Prämisse sofort angesprochen. Hier wird die Liebe zu Hörspielkassetten mit dem aktuellen Trend zu Podcasts verbunden. Wir sind hautnah mit dabei, wenn sich Mia auf ihre Reis ins Ungewisse begibt. Erstaunt hat mich, wie schnell die Geschichte ins Phantastische umschlägt, das kam etwas sehr plötzlich. Da hätte ich mir noch etwas mehr Recherche-Zeit im Voraus gewünscht. Doch die phantastischen Elemente werden mit einigen schönen überraschenden Wendungen sehr gut und stimmungsvoll genutzt. Hat mir richtig Spaß gemacht, auch wenn sich über das Ende streiten lässt.

Gibt es in der ARD-Audiothek.

Abschlussbemerkung

Die Besprechungen hier sind alle relativ kurz und oberflächlich. Das liegt einfach daran, dass ich nicht dafür bezahlt werde, sie zu schreiben. Ich mach das alles in meiner Freizeit, zum Spaß, da kann ich es mir nicht leisten, noch mehr Zeit zu investieren. Und es geht ja vor allem darum, euch Tipps für Filme, Musik, Serie, Dokus, Bücher, Hörspiele, Artikel, Youtubevideos zu geben. Da reicht es, die Sachen kurz anzuteasern und meine kurze Einschätzung abzugeben.

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