Japanuary #5: Millennium Actress (Sennen Joyū, 2001)

Den Film habe ich mir quasi als zusätzliche Aufgabe zu den zehn Filmen von Ozu angesehen (wird Japanuary #8). Denn Regisseur Satoshi Kon soll die reale Schauspielerin Setsuko Hara als Vorbild genommen haben, die vor allem für ihre Rollen in Ozus Filmen bekannt war. In sechs der besten hat sie mitgespielt, dreimal davon als eine Frau namens Noriko (unter anderem im Meisterwerk Reise nach Tokio).

In Millennium Actress besuchen zwei Filmemacher die alt gewordene Schauspielerin Chiyoko Fujiwara, die seit dreißig Jahren zurückgezogen lebt. Sie wollen einen Dokumentarfilm über ihr Leben drehen, doch Regisseur Genya Tachibana hat noch etwas anderes im Sinn. Und so erzählt Chiyoko ihre Lebensgeschichte.

Und die weist durchaus Parallelen zu der von Setsuko Hara auf. Beide wurden vor dem 2. Weltkrieg durch Propagandafilme berühmt, Hara durch einen deutsch-japanische, der auf Deutsch den harmlosen Titel Die Tochter des Samurai trägt, auf Japanisch aber Atarashiki Tsuchi (Neue Erde). Chiyoko spielt in einem Kriegspropagandafilm mit, der in der besetzten Mandschurei spielt. Hara zog sich zurück, nachdem Ozu starb, Chiyoko wegen der Suche nach einem Unbekannten, der ihre einen Schlüssel gab und versprach, sie wiederzusehen.

Dieser Schlüssel ist auch der rote Faden durch den Film, der in einem wilden Assoziationssturm inszeniert ist, in dem die Grenzen zwischen Erinnerung, Film und Wirklichkeit verschmelzen. Die beiden Dokumentarfilmer befinden sich plötzlich mit Kamera in Chiyokos Vergangenheit, nur um kurz darauf Teil ihrer Filme zu werden. Trotzdem bleibt alles strukturiert, so dass wir der Handlung Folgen können, auch wenn es manchmal nicht so wirkt.

Millenium Actress ist ein Streifzug durch Japans Geschichte, eine Liebeserklärung an das japanische Kino und Drama in einem. Der Film steckt voller Anspielungen an andere Filme, von Kurosawa (die Pfeile zu Beginn) bis Godzilla.

Es ist aber auch doch eine sehr männliche Geschichte, mit der Vorstellung, dass eine Frau, die man nur für einen Tag kennengelernt hat, ein ganzes Leben nach einem sucht und alles dieser Suche unterordnet, weil sie unsterblich in einen verliebt ist.

Trotzdem ein toller Film mit ungewöhnlicher Geschichte und Inszenierung. Die 1920 geborene Setsuko Hara hat den 1963 geborenen Satoshi Kon übrigens um fünf Jahre überlebt, da er 2010 (wie Ozu relativ jung an einer Krebserkrankung) verstarb.

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