Übersetzungs-Crowdfunding

In den letzten Monaten hat sich Crowdfunding zu einem richtigen Trend entwickelt. Vor allem, durch einige prominente Beispiele, bei denen in kürzester Zeit sehr große Beträge zusammengekommen sind.

Aber was ist Crowdfunding überhaupt?
Die Einstürzenden Neubauten haben das schon vor ca. 10 Jahren gemacht. Als Fan konnte man 30 Euro bezahlen und war dabei exklusiv über das Internet dabei, wie sie ein neues Album aufgenommen haben, dass dann auch nur für diese Unterstützer (Supporter) veröffentlicht wurde.
Es geht also darum, das die potentiellen Käufer eines Produkts (Musikalbum, Film, Computerspiel usw.) dieses im Vorfeld durch Spenden finanzieren. Dafür bekommen sie dann besondere Leistungen (Specials) im Gegenzug, und eben das Produkt, dass sonst vermutlich nie das Licht der Welt erblickt hätte, da es in der (Musik-, Film- oder Computerspiel-) Industrie niemanden gibt, der es finanzieren würde.

Computerspiellegende Tim Schafer (Monkey Island, Grim Fandango) hat über die Crowdfundingplattform kickstarter innerhalb kürzester Zeit 3,3 Millionen Dollar für sein neues (noch zu entwickelndes) Adventure gesammelt (weit mehr als angestrebt): http://www.heise.de/newsticker/meldung/Fans-spenden-Tim-Schafer-mehr-als-3-Millionen-Dollar-fuer-Spieleentwicklung-1470983.html

Die ehemalige Sängerin der Dresden Dolls Amanda Palmer konnte innerhalb von 7 Stunden 100.000 Dollar für ihr neues Album (inklusive einer Riesentour uvm.) sammeln: http://www.huffingtonpost.com/holly-cara-price/amanda-palmer-kickstarter_b_1465243.html

Und jetzt ist mir auch das erste Crowdfundingprojekt einer Übersetzerin untergekommen. Susanne Gerold, die zahlreiche Fantasybücher übersetzt hat (unter anderem auch meine Fantasyeinstiegsdroge Raymond Feist) möchte über dieses Modell die Übersetzung und Erscheinung des vierten Bandes des Valashu-Epos von David Zindell finanzieren. Die Reihe erschien zu Beginn des neuen Jahrtausends bei Blanvalet, ist inzwischen aber nur noch gebraucht erhältlich und wurde auch nie vollständig auf Deutsch veröffentlicht.
Wer also nicht der englischen Sprache mächtig ist, oder generell lieber auf Deutsch liest und dieses Epos damals begonnen hat und nie erfuhr, wie es ausging, hat jetzt die Möglichkeit sich an diesem Projekt zu beteiligen, um endlich rauszufinden, wie die ganze Geschichte endet: http://www.startnext.de/valashu-epos

In der Regel stehe ich Crowdfunding-Projekten eher skeptisch gegenüber.

1. Man weiß nie, ob das Produkt am Ende auch erscheinen wird, oder ob es dann auch gut sein wird. Man hat bereits dafür bezahlt, bevor man durch Rezensionen oder Sonstiges erfährt, ob es überhaupt was taugt.

2. Auch erhält man in der Regel keine Gewinnbeteiligung, obwohl man ja eigentlich Investor ist. Ich glaube ja nicht, dass die meisten dieser Projekte viel Kohle einbringen werden, aber wenn sie es doch mal täten, erhielte der Investor keinen Anteil davon.

3. Wenn man die oben erwähnten Zahlen liest, könnte man schnell in einen Goldrausch verfallen, aber man sollte sich vor Augen halten, dass die Projekte, die solche Zahlen erreichen, von Leuten durchgeführt werden, die schon ziemlich bekannt sind. Tim Schafer ist in der Computerspielbranche und unter Spielern eine Legende. Sozusagen der Bob Dylan unter den Computerspielentwicklern. Und Amanda Palmer hat sich über viele Jahre eine treue und relativ große weltweite Fangemeinschaft aufgebaut. No-Names erreichen den erforderlichen Finanzierungsbetrag oft nicht.

Nichtsdestotrotz wünsche ich Susanne mit ihrem Projekt viel Erfolg, da es sich wirklich um eine Herzensangelegenheit von ihr zu handeln scheint, den deutschen Lesern auch den vierten Band von David Zindell präsentieren zu können. Dass da kein Verlag einspringt, ist ziemlich eindeutig. Eine abgebrochene Reihe, die schon lange vergriffen ist und von Anfang an kein Bestseller war, würde sich wirtschaftlich einfach nicht lohnen. Aber durch dieses Projekt von Susanne hätten die Leser, die hungrig auf den vierten Band sind, die Möglichkeit, sein Erscheinen selbst mit in die Wege zu leiten.

Ich werde das Projekt auf jeden Fall gespannt weiterverfolgen.

Ein Gedanke zu “Übersetzungs-Crowdfunding

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