JFF 2024 (1/X): We Made a Beautiful Bouquet (Hanatabamitai na koi o shita)

Das ist der schönste Liebesfilm, den ich seit langem gesehen habe. Wie die zwei sich kennenlernen, ihre vielen Gemeinsamkeiten entdecken, durch Zufälle zueinandergeraten, immer fröhlich sind, sich stets mit gegenseitigem Respekt begegnen und jede Menge schrullige Interessen haben, wird wunderbar rübergebracht, da auch die Chemie zwischen den beiden Hauptdarsteller*innen passt. Das Ganze leichtfüßig erzählt, mit ihnen als abwechselnde Off-Erzähler*innen.

Doch der Film geht mehr in die Tiefe, wenn die romantisierte Zeit der ersten Verliebtheit von den Notwendigkeiten des Alltags und Widrigkeiten wie der Jobsuche und dem Geldverdienen verdrängt wird. So wird der Film auch zur Sozial- und Systemkritik, was die extremen zeitlichen Anforderungen an die Salarymen angeht, die ein harmonisches Familienleben mit gemeinsamen Unternehmungen schwierig machen.

So zuckersüß und kitschig-schön der wilde, aber doch zärtliche Liebestaumel der ersten Stunde ist, umso härter und tragischer trifft die Entzauberung durch den Alltag. Wenn sie z. B. sichtlich darunter leidet, wie seine künstlerischen Ambitionen als Comiczeichner dem Hamsterrad in der Firma zum Opfer fallen. Um das aufrechtzuerhalten, was sie bisher zusammen hatten, nimmt er eine Arbeit an, die aber genau das langsam zerstört. Und es tut auch weh, zu sehen, wie Mugi von einem lebensfrohen, neugierigen, kreativen Menschen zu einem Kaisha(Firmen)-Zombie wird, der nur noch davon redet, Verantwortung im Leben zu übernehmen, und die ganzen kleinen schönen Dinge des Alltags vergisst, die er mit Kinu hatte.

Trotz allem Zucker in der ersten Stunde, behandelt der Film diese Beziehung von Anfang an mit Ernst, auf eine erwachsene Weise, ohne unnötige Dramatik, auch wenn manche Zufälle etwas zu schön scheinen, um glaubhaft zu sein. Doch das tut dem Film keinen Abbruch.

We Made a Beautiful Bouquet schildert bittersüß die Tragik der japanischen Gesellschaft: Sexlosigkeit, Vereinsamung in der Partnerschaft, Überarbeitung. Aber auch davon, sich trotz aller Umstände mit Respekt zu begegnen und nicht die anderen für die Schwierigkeiten in der Beziehung verantwortlich zu machen. Und, so viel sei verraten, findet der Film auch ein versöhnliches und stimmiges Ende. Ist also durchaus ein Feel-Good-Movie, aber einer, der sein Publikum ernst nimmt und sehr geschickt in seinem Aufbau vorgeht, indem er am Anfang mit einer Musik-Kopfhörer-Analogie darauf hinweist, das zwei Menschen, die sich jeweils einen Ohrhörer teilen, um den gleichen Song zu hören, trotzdem einen anderes Lied hören und so den Weg zur Entzweiung ebnet, die vor allem eine Frage der Perspektive ist.

Kasumi Arimura fand ich schon in Call Me Chihiro großartig und bezaubernd, und genauso charmant und vital, aber doch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit spielt sie hier Kinu. Und Masaki Suda als Migu steht ihr in nichts nach, spielt den zunächst noch etwas verpeilten und naiven Studenten, und dessen Wandel zum Salarymen subtil und zurückgenommen. Regisseur Nobuhiro Doi habe ich mir vorgemerkt.

Noch bis zum 19. Juni könnt ihr euch den Film kostenlos im Rahmen des Japanese Film Festival online ansehen.

P. S. verpasste Züge/Bahnen spielen hier immer wieder eine wichtige Rolle und spielen ein wenig Schicksal. Und so etwas ist wohl nur in Japan möglich, wo die Züge immer pünktlich sind. In Deutschland könnte das mit den chronischen Verspätungen nicht passieren.