3 Filme von der Nippon Connection 2024

Letzte Woche fand in Frankfurt die 24. Nippon Connection statt. Das japanische Filmfestival wurde von einige Student*innen der Japanologie gegründet und hat sich relativ schnell zu einer großen Sache entwickelt. Inzwischen kommen über 10.000 Besucher*innen (19.000 dieses Jahr) und zahlreiche Regisseur*innen, Produzent*innen und Schauspieler*innen aus Japan, um bei der Vorführung ihrer Filme anwesend zu sein und am Ende Fragen zu den Filmen zu beantworten.

Das gedruckte Programm der 24. Nippon Connection.

Das Festivalgelände am Mousonturm und dem Naxos-Kino liegt nicht weit von der U-Bahnstation Merianplatz entfernt, in einem entspannten, ruhigen Viertel. Neben über 100 Filmen gibt es Workshops, Konzerte, Ausstellungen, Merchandise- und Kunsthandwerkstände so wie Essensstände mit japanischen Spezialitäten. Als ich am Freitag dort war, herrschte reges Treiben und eine sehr angenehme Atmosphäre. Und ich habe mich gefreut, Thomas vom stets empfehlenswerten Filmpodcast Schöner Denken persönlich kennengelernt zu haben.

Obwohl ich schon seit den ersten Godzilla-Filmen meiner Kindheit, Akira Anfang der 90er und den Filmen von Akira Kurosawa und Takeshi Kitano großer Fan des japanischen Kinos bin, war dies mein erster Besuch auf der Nippon Connection, dabei weiß ich schon lange von dem Filmfestival. Ich kann es mir nur damit erklären, dass ich im Sommer immer mit einem guten Freund das Fantasy Filmfest besucht habe, und Zeit und Budget nur einen Festivalbesuch pro Jahr hergaben.

In diesem Jahr bin ich erstmal nur für einen Tag zur Nippon Connection gefahren, morgens mit dem Zug hin, nachts zurück – jeweils mit einer obligatorischen Verspätung von einer halben Stunde. Aber ich bin schon froh, dass keiner der Züge ganz ausgefallen ist. Nächstes Jahr möchte ich mehrere Tage bleiben.

Es sind keine klassischen Kinos, in denen die Vorstellungen stattfanden, eher Veranstaltungsräumlichkeiten, die zu Kinos umfunktioniert werden können, was heißt, dass die Bestuhlung jetzt nicht das Niveau eines Multiplexkinos hat. Was vor allem mein Hintern gemerkt hat – die rechte Arschbacke hat sich noch einen Tag später taub angefühlt. Und gleich der erste Film dauerte drei Stunden, was in der letzten Stunde doch etwas ungemütlich wurde. Das ist aber keine Beschwerde, nur dass ihr im Vorfeld Bescheid wisst, falls ihr Mal selbst aufs Festival wollt. Die Sicht auf die Leinwand ist aber in beiden Sälen ganz hervorragend. Insgesamt habe ich an diesem Tag acht Stunden auf den Sitzen verbracht und es nicht bereut.

Kyrie (Kirie no uta)

Für mich ging es direkt um 11.30 Uhr mit einem 190 Minuten langen Film los, der so mitreißend und geschickt inszeniert ist, dass die für meine Beinlänge etwas unbequemen Sitze schnell in den Hintergrund rückten.

Auf geschickt miteinander verzahnten Zeitebenen erzählt Kyrie die Geschichte einer jungen Frau, die als Kind ihre Familie und damit ihren Halt in der Gesellschaft verloren hat, aber Kraft in der Musik findet.

Das ist alles sehr melodramatisch und viel Liebe zur Musik inszeniert. Hauptdarstellerin Aina the End (ich vermute hier schwer einen Künstlerinnennamen 😉 ) macht das richtig gut, Kyrie im Alltag so zerbrechlich darzustellen, aber kraftvoll und selbstbewusst, sobald sie singt.

Der Film macht ziemlich viele Fässer auf, da gibt es eine Freundin, die sich um sie kümmert, aber auch als Serien-Heiratsschwindlerin entpuppt. Toxische Männlichkeit spielt eine Rolle, und sorgt für zwei der nicht ganz gelungenen Szenen im Film, etwas zu viel waren.

Kyrie lebt von seiner Musik und der geschickt eingewobenen Verschachtelung der verschiedenen Zeitebenen, die Kyrie in verschiedenen Phasen ihres Lebens zeigen. Familie, Verlust, Trauer und Katastrophen spielen eine große Rolle und sorgen für den epischen Charakter des Films. Hier und da wirken manche Szenen zu religiös überhöht, vor allem, wenn das titelgebende Kirchenlied Kyrie auf Deutsch einsetzt.

Ein sehr sehenswertes, bewegende und ungewöhnlich erzähltes Drama über den schwierigen Weg einer jungen Frau, die mittels Musik Halt findet, sich aber nie ganz zurück in die Gesellschaft einbinden will und ihr eigenes Ding durchzieht. Trotz all der Tragik und Dramatik hat der Film viel Herz und viele fröhliche und leichtfüßige Momente.

Belonging (Toritsukushima)

Schöner kleiner Konzeptfilm, in dem es um Verstorbene geht, die Gelegenheit erhalten in von ihnen ausgewählte Gegenstände zurückzukehren, um noch heimlich etwas Zeit mit ihren zurückgebliebenen geliebten Menschen zu verbringen. Im Prinzip ein Episodenfilm, der Kurzgeschichten erzählt, die nur durch dieses Konzept zusammenhängen. Die Qualität der Geschichten schwankt. Die beste ist gleich die erste, in der eine verstorbene Frau in die Triceratops-Kaffeetasse ihres Mannes zurückkehrt und ihn in seiner Trauerphase erlebt. In weiteren Episoden spielt noch ein blaues Klettergerüst eine Rolle sowie eine Kamera und ein Baseballspiel. Es sind Großmütter, Mütter und Kinder, die verstorben sind. Insgesamt ist die Behandlung der Thematik aber etwas zu leichtfüßig geraten. Trauer und Schmerz spielen kaum eine Rolle, einzig der ersten Episode wird es etwas thematisiert. Doch der Film hat seine schönen Momente und sorgte für einige Lacher im Kinosaal.

Regisseurin und Drehbuchautorin Kahori Higashi – die während er Vorstellung anwesend war und nach dem Film Fragen beantwortet hat – hat hier einen Roman ihrer Mutter verfilmt.

P. S. bei dem Film habe ich erstaunlich viel verstanden, was aber vor allem daran liegt, dass er eher dialogarm ist und hauptsächlich aus den Kommentaren der Verstorbenen zu den Aktionen ihrer Hinterbliebenen besteht. Und die sind recht einfach gehalten.

Secret: A Hidden Score (Ienai himitsu)

Bevor der Film losging, wunderte sich Hauptdarstellerin Kotone Furukawa, dass so viele Männer im Publikum säßen, in Japan sei Secret vor allem bei Frauen beliebt gewesen. Was aber wohl an ihrem Kollegen Taiga Kyomoto liegt, der in Japan als Mitglied einer Idol-Group (ein sehr japanisches Pop-Pänomen) sehr bekannt ist.

Secret: A Hidden Score ist das Remake des taiwanesischen Films Secret von 2007, den ich aber nicht gesehen habe. In der japanischen Fassung geht es um den Klavierschüler Minato, der nach einem furchtbaren Auslandsjahr in England zurück an seine japanische Musikschule kehrt und dort eine mysteriöse wie faszinierende Mitschülerin kennenlernt, die nicht ganz zu fassen ist und ein Geheimnis verbirgt.

Mit viel Pathos erzählt hier Regisseur Hayato Kawa eine tragische Liebesgeschichte zwischen zwei Jugendlichen, die vor allem durch die Nebenfiguren und Nebenschauplätze (wie dem Café von Minatos Vaters sehr herzlich daherkommt und einige interessante Twists bereithält. Der erste war mir von Anfang an klar, doch der wird dann nochmal mit einem zweiten, den ich nicht kommen sah, auf den Kopf gestellt. Auch hier spielt Musik eine große Rolle und es wird viel Klavier gespielt, was richtig gut inszeniert wurde.

Nachdem Film gab es noch ein Q&A mit der Hauptdarstellerin, die sehr sympathisch rüberkam und auf dem Festival mit dem Rising Star Award ausgezeichnet wurde.

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